Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
bald!
Roman xoxo
FÜNFUNDZWANZIG
A ls ich bei Roman ankomme, bleiben mir nur noch wenige Minuten. Zwei, um genau zu sein, und ich hoffe, seine Uhr zeigt dasselbe an. Diesmal jedoch klopfe ich mit den Fingerknöcheln gegen die Tür und warte, anstatt sie einfach einzurennen, wie ich es sonst tue. Denn wenn wir wirklich einen Waffenstillstand ausrufen, kann es nicht schaden, ein paar Manieren an den Tag zu legen.
Ich warte und addiere die Sekunden, während ich auf meine Uhr schaue, und das leise Geräusch seiner näher kommenden Füße signalisiert, dass mein Augenblick gekommen ist - das Resultat richtig gewirkter Magie.
Die Tür schwingt auf, und er steht vor mir, funkelnde blaue Augen, glänzend weiße Zähne und sonnengebräunte Haut. Eine Art Morgenmantel aus schwarzem, seidigem Stoff, so ein Ding, das man früher als Hausrock bezeichnet hat, hängt ihm lose von den Schultern und lässt eine Menge nackte Brust sehen, bemerkenswert gute Bauchmuskeln und alte, ausgeblichene Jeans, die ihm tief auf den Hüften sitzen. Und mehr ist nicht nötig. Ein flüchtiger Blick auf die Pracht vor mir, und mein Körper beginnt zu zittern, meine Knie geben nach, und mein Puls geht auf so grauenvolle, so vertraute Art und Weise schneller, dass mir ganz langsam eine neue Erkenntnis dämmert:
Das Ungeheuer ist nicht zur Strecke gebracht worden! Es ist gar nicht verbannt! Es hat sich bloß zurückgezogen, hat irgendwo
ganz tief unten gelauert und abgewartet, hat neue Kraft gesammelt, bis es sich wieder erheben konnte …
Ich schlucke krampfhaft und zwinge mich zu nicken, als wäre alles in bester Ordnung. Dabei bin ich mir seines Blickes bewusst, dem nichts entgeht. Und ich weiß, ich muss das hier durchstehen, ganz egal wie, ich darf auf keinen Fall scheitern, wenn alles, was ich brauche, so greifbar nahe ist.
Mit geneigtem Kopf winkt er mich herein. »Freut mich zu sehen, dass du pünktlich bist«, bemerkt er.
Ich drehe mich um, bin noch nicht einmal halb den Flur entlanggegangen, als ich anhalte und es mir anders überlege. Und ich sehe den Ausdruck der Belustigung, der über sein Gesicht huscht, während die Farbe aus meinem weicht. »Pünktlich wofür? Um was geht’s hier eigentlich?« Ich kneife die Augen zusammen und drücke mich gegen die Wand, als er an mir vorbeischlüpft und mich drängt, ihm zu folgen.
»Na, es geht natürlich um deinen Geburtstag!« Er lacht, schaut über die Schulter und schüttelt den Kopf. »Dieser Damen ist so eine sentimentale Flasche. Bestimmt hat er sein Bestes getan, deinen Ehrentag zu etwas ganz Besonderem zu machen. Obwohl ich ja zu sagen wage, nicht annähernd so besonders , wie ich ihn gleich machen werde.«
Ich bleibe stehen, wo ich bin, weigere mich, mich von der Stelle zu rühren. Doch obwohl meine Hände und Beine so zittrig sind, dass es sich anfühlt, als gingen die Gelenke aus den Fugen, bleibt meine Stimme beherrscht und verrät nichts. »Dein Versprechen zu erfüllen und mir zu geben, was ich will, wird ihn besonders genug machen. Es ist nicht nötig, mich zum Hinsetzen aufzufordern, was ich nicht tun
werde, oder mir etwas zu trinken anzubieten, das ich nicht annehmen werde. Warum kommen wir nicht einfach zur Sache, okay?«
Er sieht mich an, und um seine Augen bilden sich Lachfältchen, während ein Lächeln seine Lippen verzieht. »Wow, Damen ist vielleicht ein Glückspilz.« Er fährt sich mit den Fingern durch den blonden Lockenschopf. »Du stehst nicht auf zeitraubendes Vorspiel. Anscheinend würde unserer kleine Ever hier am liebsten die Vorspeise weglassen und gleich mit dem Hauptgang loslegen - und, Schätzchen, dafür kann ich dir gar nicht laut genug applaudieren.« Ich zwinge mein Gesicht, völlig ausdruckslos zu bleiben, völlig ungerührt, ganz gleich wie sehr seine Worte mich aufwühlen mögen. Dabei bin ich mir schmerzhaft der dunklen Flamme bewusst, die heißer in mir brennt und jetzt von seiner Gegenwart angefacht wird.
»Und auch wenn du nicht Platz nehmen und nichts trinken willst, ich zufällig schon. Und da ich der Gastgeber dieser kleinen Soiree bin, fürchte ich, wirst du mir den Gefallen schon tun müssen.«
In einem Wirbel aus schwarzer Seide rauscht er auf das Wohnzimmer zu, schlüpft hinter die Bar und füllt einen schweren Kristallkelch mit einem großzügigen Schuss Rot. Dann schwenkt er das Glas vor mir und lässt die undurchsichtige Flüssigkeit leuchten und funkeln, und ich erinnere mich daran, dass Haven gesagt hat, sein Elixier wäre
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