Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
von mir war, so zu tun, als ginge es darum. Denn Ever ist ja nicht so oberflächlich. Genauso wenig wie Evaline es war oder die anderen.« Er fängt meinen Blick auf, und in seinen Augen liegt eine solche Wärme, Freundlichkeit und Liebe, dass ich nicht wegsehen kann. »Ich hatte ja nur deshalb nie eine Chance bei ihr, weil ich gar nicht als derjenige welcher vorgesehen war. Ihr wart von vornherein füreinander bestimmt.«
Ich atme langsam auf und lasse die Schultern sinken, während mein Magen sich beruhigt und eine Anspannung von mir abfällt, deren ich mir bis jetzt überhaupt nicht bewusst war.
»Und das Feuer?«, fragt Damen, weil er das unbedingt auch noch erklären will.
Doch Jude winkt rasch ab. »Darüber bin ich auch im Bilde – dank Sommerland und den Großen Hallen des Wissens.
Ich bin nämlich in letzter Zeit oft dort gewesen, vielleicht zu oft – zumindest in Avas Augen. Aber manchmal, na ja, manchmal oder zumindest jedenfalls seit Neuestem bin ich lieber dort als hier. Wahrscheinlich bin ich deswegen so fasziniert von deinem extralangen Leben. Ich meine, ich weiß nicht, wie du es machst, weil es doch eindeutig Zeiten gibt, in denen einem schon die normale Lebensspanne mehr als lang genug vorkommt, weißt du?«
Damen nickt und versichert Jude, dass er das allerdings weiß, viel zu gut sogar. Und dann beginnt er von seiner ersten Reise ins Sommerland zu erzählen, damals, als er einsam und verloren war und nach einem tieferen Sinn gesucht hat und schließlich an der Seite der Beatles in Indien Studien betrieben hat. Und nachdem ich das alles schon unzählige Male gehört habe, stehe ich leise auf und gehe in den Laden zurück, neugierig darauf, was Ava in der Zwischenzeit gemacht hat.
Ich finde sie in einer Ecke, wo sie ein Regal mit Kristallen neu bestückt. Sie dreht sich zu mir um und sagt: »Ende gut, alles gut, oder?«
Ich zucke die Achseln und habe keine Ahnung, was sie meint.
»Deine Wahl.« Sie lächelt und wendet sich wieder dem Regal zu. »Es muss doch ein gutes Gefühl sein, alles geklärt zu haben, oder?«
Ich seufze. Denn es steht zwar außer Zweifel, dass es definitiv ein gutes Gefühl ist, es hinter mir zu haben, aber die Sache mit Problemen ist doch die, dass nie ein Mangel daran herrscht. Sowie das eine gelöst ist, ergibt sich an seiner Stelle ein neues.
Sie greift in eine Tüte mit Rosenquarzen, dem Kristall der Liebe, und balanciert eine großzügige Menge davon
auf ihrer Handfläche, während sie mich ansieht und sagt: »Aber … «
»Aber …« Meine Hand schießt nach vorn, und ich fange einen fallenden Stein auf und reiche ihn ihr wieder. »Da ist nach wie vor Haven, die immer mehr außer Kontrolle gerät, und dann ist da natürlich noch das Gegengift und die Tatsache, dass Damen und ich uns nicht richtig berühren können …« Zumindest nicht außerhalb des Pavillons, aber das verrate ich ihr nicht. »Und dann ist da noch …«
Sie sieht mich mit hochgezogenen Brauen an und wartet geduldig, während ich hastig überlege, ob ich ihr von der dunklen Seite von Sommerland erzählen soll, die ich entdeckt habe, und von der sonderbaren, scheinbar dementen alten Frau, der Damen und ich begegnet sind.
Doch irgendetwas hält mich davon ab. Etwas sagt mir, dass ich sie darin nicht einweihen soll. Oder zumindest noch nicht. Nicht, ehe wir dazugekommen sind, der Sache genauer auf den Grund zu gehen.
Und so hole ich tief Luft, nehme eine Amethystdruse vom Regal und inspiziere sie aufmerksam von allen Seiten. »Tja, und dann ist da noch das ganze Theater mit Sabine«, sage ich, während ich den Stein kopfschüttelnd wieder ablege. Das war zwar keine richtige Lüge, aber die Wahrheit war es auch nicht gerade. Es macht mir nicht annähernd so viel aus wie früher. Bedauerlicherweise gewöhne ich mich daran, so zu leben.
»Soll ich mit ihr reden?«, bietet sie an, doch ich wehre rasch ab.
»Glaub mir, das würde nicht funktionieren. Sie hat sich eine unerschütterliche Meinung gebildet, und ich fürchte, das kann nur die Zeit heilen.«
Nickend wischt sie sich die Hände an ihrer Jeans ab, tritt
einen Schritt zurück und mustert das Regal. Dann tauscht sie die Apachenträne gegen den Phantomquarz aus und lächelt zufrieden.
Und als ich sie ansehe, ich meine richtig ansehe, drängt sich mir zwangsläufig die Frage auf, warum sie eigentlich immer allein ist. Ich meine, sie hat die Zwillinge, um die sie sich kümmern muss, also ist sie sicher nicht ganz allein, aber trotzdem ist
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