Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
sie, seit ich sie kenne, eiserner Single, und soweit ich es überblicke, hatte sie die ganze Zeit auch kein einziges Date.
»Glaubst du eigentlich, dass jeder einen Seelengefährten hat?«, platze ich, ohne nachzudenken, heraus.
Sie dreht sich um und sieht mich ernst an.
»Ich meine, glaubst du, dass es für jeden die eine Person gibt, für die er oder sie bestimmt ist – so wie Damen für mich?«
Sie schweigt einen Augenblick, als müsste sie ernsthaft darüber nachdenken. Und gerade als ich mir sicher bin, dass ich keine Antwort bekommen werde, tut sie etwas, was ich absolut nicht erwartet habe – sie prustet vor Lachen los.
Ihr ganzes Gesicht ist voller Heiterkeit, und ihre Augen blitzen. »Warum?«, fragt sie. »Um wen machst du dir jetzt eigentlich mehr Sorgen, Ever – um mich oder um Jude?«
Das Blut schießt mir in die Wangen. Mir war nicht klar gewesen, dass ich so leicht zu durchschauen bin, aber schließlich ist Ava eine sehr begabte Hellseherin, und ich hätte mir denken können, dass sie in mir liest wie in einem Buch.
»Tja, um euch alle beide.« Ich lächele matt.
Ich sehe zu, wie sie sich wieder an die Arbeit macht, die jetzt leeren Tüten zusammenfaltet und aufstapelt, ehe sie
den Stapel ebenfalls faltet und in einer größeren Tüte verstaut. »Also«, hebt sie so leise zu sprechen an, dass ich sie kaum höre, »nur der Vollständigkeit halber – ja, das glaube ich. Aber ob du dann im Stande bist, den Betreffenden zu erkennen und entsprechend zu handeln, steht auf einem ganz anderen Blatt.«
ZWEIUNDDREISSIG
N a, wie ist es gelaufen?«, frage ich Damen, während er auf dem Beifahrersitz Platz nimmt.
»Gut.« Er nickt und schließt einen Moment lang die Augen, ehe er telepathisch das Dach herunterfahren lässt und genüsslich die kühle Abendluft einatmet. »Wir gehen dieses Wochenende surfen«, sagt er.
Ich bin mehr als überrascht, das zu hören. Ich meine, ursprünglich dachte ich, er könne von Glück sagen, wenn er den Waffenstillstand bekommt, auf den er aus war, doch ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie Freunde werden könnten.
»Ist das dann so was wie ein Date?« , spöttele ich und frage mich, seit wann Damen eigentlich keinen Freund mehr hatte – einen richtig guten Kumpel, der auch die Wahrheit über ihn weiß.
»Noch nie.« Er sieht mich an. »Ich hatte noch nie einen Freund, der die Wahrheit über mich wusste. Offen gestanden, ist es auch schon sehr, sehr lange her, dass ich überhaupt versucht habe, eine solche Freundschaft zu schließen.« Er wendet den Blick ab und betrachtet die Läden, die Bäume und die Passanten, die auf Gehwegen unterwegs sind, bevor er wieder mich anblickt. »Für mich waren Freundschaften immer nur kurzlebig, da ich nach einer Reihe von Jahren gezwungenermaßen weiterziehen musste. Die Leute werden argwöhnisch, wenn du genau gleich bleibst, während
sie altern, und da erscheint es einem irgendwann eben einfacher, so etwas von vornherein zu vermeiden.«
Ich schlucke heftig und konzentriere mich auf die Straße. Obwohl er das nicht zum ersten Mal gesagt hat, macht es das nicht leichter. Vor allem, wenn ich es auf mich und mein Leben beziehe und auf die lange Liste von Abschieden, die mir bevorstehen.
»Macht es dir was aus, mich nach Hause zu fahren?«, fragt er und reißt mich mit seiner Bitte so abrupt aus meinen Gedanken, dass ich ihn perplex ansehe. Ich hätte darauf gewettet, dass er mich wieder in den Pavillon entführen würde, was ich ihm nicht verweigert hätte.
»Miles kommt nachher bei mir vorbei. Ich hab ihm versprochen, ein bisschen Text aus dem Stück mit ihm zu proben, für das er vorsprechen will.«
Ich biege lachend auf den Coast Highway ein. »Hast du auch noch ein bisschen Zeit für mich eingeplant, bei all den Verabredungen, die du getroffen hast?«, frage ich nur halb im Spaß und trete aufs Gas, während ich die vielen Kurven entlangpresche.
»Immer.« Er beugt sich lächelnd herüber, um mich zu küssen, lenkt mich dadurch indes derart ab, dass wir beinahe von der Straße abkommen.
Ich schubse ihn weg und nehme das Lenkrad wieder fest in die Hand. Dann sehe ich aufs Meer hinaus, wo die Wellen sich am Strand mit weiß schäumender Gischt brechen, und räuspere mich. »Damen, was machen wir in Bezug auf das Gegengift?« Er strafft die Schultern, und ich spüre, wie seine Energie wankt und sich verlagert, doch ich rede weiter, weil es eben gesagt werden muss. »Ich meine, ich stehe absolut hinter dir, hinter
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