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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Evernight-Akademie zeichnete sich am Horizont ab.
    Wir waren nicht allzu nah. Evernight lag ein ganzes Stück abseits vom Highway, und Kate und Eduardo waren nicht so dumm, uns noch einmal in die Reichweite von Mrs. Bethany zu bringen. Doch Evernight hatte eine unverwechselbare Silhouette, denn es war ein riesiges, gotisches Bauwerk voller Türme, mitten in den Hügeln von Massachusetts. Selbst jetzt, wo die Schule nicht mehr als ein unregelmäßiger Umriss in der Ferne war, erkannten wir sie. Wir waren nicht dicht genug dran, um sehen zu können, welchen Schaden das Feuer angerichtet hatte. Es schien, als habe das Schwarze Kreuz der Schule überhaupt nichts anhaben können.
    »Evernight steht noch immer«, sagte Dana. »Verdammt.«
    »Eines Tages werden wir es auslöschen.« Raquel legte eine Hand auf ihr Fenster, als ob sie durch das Glas schlagen und die Schule eigenhändig ausradieren wollte.
    Ich dachte an meine Mutter und meinen Vater, und plötzlich schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass sie möglicherweise ganz in der Nähe waren. In diesem Augenblick, just in diesem Moment, war ich meinen Eltern vielleicht so nahe, wie ich es nie wieder sein würde.
    Während meiner letzten Tage in Evernight war ich so zornig auf sie gewesen. Sie hatten mir nie gesagt, dass Geister bei meiner Geburt eine Rolle gespielt hatten, und auch nicht, dass diese deswegen eines Tages kommen würden, um mich zu holen. Ein ganzes Jahr lang war ich buchstäblich von Geistern heimgesucht worden, die zu glauben schienen, dass ich ihnen gehöre, und ich hatte damals keine Ahnung, warum. Meine Eltern hatten sich auch geweigert, mir zu verraten, ob ich eine andere Wahl hätte, als eines Tages zur Vampirin zu werden. Nachdem ich einige Vampire getroffen hatte, die wirklich verrückte Mörder waren, hatte ich beschlossen, herauszufinden, ob es für mich möglich wäre, ein normales Leben als menschliches Wesen zu führen.
    Die Wahrheit kenne ich noch immer nicht. Was würde mit mir geschehen? Keine Antworten auf diese Fragen zu haben war so beängstigend, dass ich versuchte, jeden Gedanken daran zu verdrängen, aber eine dunkle Ungewissheit nagte mittlerweile beinahe unablässig an mir.
    Doch als ich jetzt zur Schule blickte, verblassten meine Furcht und mein Zorn. Ich erinnerte mich nur daran, wie liebevoll Mom und Dad waren und wie nahe wir uns noch vor gar nicht langer Zeit gestanden hatten. Allein in den letzten paar Tagen waren mir so viele Dinge zugestoßen, und nichts davon kam mir wirklich real vor, solange ich meinen Eltern nichts davon erzählt hatte. Ich spürte einen mächtigen, beinahe überwältigenden Drang, aus dem Wagen zu springen, in Richtung Evernight zu rennen und nach ihnen zu rufen.
    Aber selbstredend wusste ich, dass ich nie wieder so tun konnte, als wäre alles wie früher. So viel hatte sich verändert. Ich war gezwungen gewesen, mich für eine Seite zu entscheiden, und ich hatte das Leben und das Menschsein gewählt – und Lucas.
    Lucas griff mit den Fingern nach einer meiner Haarlocken und zupfte vorsichtig daran: eine stumme Frage, ob ich Trost bräuchte oder nicht. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, und eine Zeit lang fuhren wir weiter, ohne dass irgendjemand sprach. Nur das Radio lief. Jeder Meilenstein, an dem wir vorbeikamen, erinnerte mich daran, wie weit wir uns von dem letzten Zuhause, das ich je haben würde, entfernten – und wie weit wir die Person zurückließen, die ich einst gewesen war.
     
    Hin und wieder legten wir Pausen ein, um zu tanken und zur Toilette zu gehen, aber während der gesamten Fahrt machten wir nur ein einziges Mal Rast, um zu Abend zu essen.
    Während sich Dana und Raquel der Menschenmenge anschlossen, die in ein mexikanisches Schnellrestaurant drängte, verabschiedeten Lucas und ich uns und liefen zu einem Imbiss die Straße weiter runter. Natürlich wollten wir ein paar Minuten allein sein, aber noch mehr, als ich Lucas’ Nähe brauchte, brauchte ich etwas zu essen – oder genauer gesagt: etwas zu trinken.
    Kaum hatten wir die Menschentraube auf dem Bürgersteig hinter uns gelassen und waren unter uns, fragte Lucas auch schon: »Wie hungrig bist du?«
    »So hungrig, dass ich dein Herz schlagen hören kann.« Und mir kam es so vor, als könnte ich Lucas’ Blut auf meiner Zunge schmecken. Wahrscheinlich war es besser, das ihm gegenüber gar nicht erst zu erwähnen. Das Sonnenlicht machte mir zu schaffen; da ich seit mehreren Tagen kein Blut mehr getrunken hatte,

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