Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
aufgebaut. Seine Arme waren über seinen Kopf gestreckt und noch immer mit Handschellen am Geländer befestigt, und ich konnte sehen, dass die Haut an seinen Handgelenken wund gescheuert war.
Als Balthazar die Tür aufgehen hörte, wanderte sein Blick zu mir. Raquel senkte den Kopf. Vielleicht schämte sie sich. Ich hätte es ihr am liebsten gleichgetan, aber ich sah das Flehen in Balthazars Augen. Er wollte ein freundliches Gesicht sehen, während all dies geschah. Ich musste stark genug sein, um das für ihn zu tun.
»Du willst also sagen, dass es nur um Rache ging?« Kate marschierte vor ihm auf und ab, und ihre Stiefel knallten laut auf dem Betonboden. »Wir haben euer Heim zerstört, ihr zerstört unseres – das war’s?«
»Klingt für mich wie Gleiches mit Gleichem vergelten«, sagte Balthazar. »Außer natürlich, dass euer Angriff Unschuldige in Gefahr gebracht hat. Unserer nicht.«
Als Antwort trat Kate ihm hart in die Seite.
Nein! Ich stützte mich mit der Hand gegen die Wand.
Kate fauchte: »Ich lasse mich von einem Vampir nicht in moralischen Fragen belehren. Nicht unmittelbar nach der Nacht, in der sie meinen Ehemann getötet haben.«
Balthazar tat gut daran, nichts darauf zu erwidern.
Eliza stand auf der anderen Seite in der Ecke, ganz in der Nähe von Lucas, der einen grimmigen Gesichtsausdruck aufgesetzt und die Arme verschränkt hatte. Ich glaubte, sie wäre nur da, um zuzusehen, bis sie rief: »Ihr wart doch hinter irgendetwas her. Gib es zu.«
»Ich habe es doch schon gesagt.« Balthazar lehnte den Kopf gegen die Mauer hinter sich. »Wir waren auf Rache aus.«
Eliza schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. So viele Vampire, die zusammenarbeiten – das geschieht nicht oft. Mrs. Bethany hat etwas vor. Und du wirst uns erzählen, was das ist.«
»Vielleicht plant sie etwas«, antwortete er, was mich überraschte. Aber ich begriff, dass Balthazar dabei geradewegs zu Lucas sah. Offenbar hielt er diese Information für wichtig und für etwas, das wir wissen sollten. »Ich glaube, sie ist im letzten Monat mehr gereist als im ganzen letzten Jahrhundert. Vampire, die normalerweise als Einzelgänger gelten, haben sich um sie herum versammelt, nachdem Evernight niedergebrannt worden war. Genau genommen habt ihr uns einen Grund gegeben, uns zu vereinigen. Vielleicht will sich Mrs. Bethany das zunutze machen.«
»Inwiefern will sie sich das zunutze machen?«, fragte Eliza.
Balthazar schloss müde die Augen. »Ich weiß es nicht. Ich hatte mich entschieden, wegzugehen, ehe sich Mrs. Bethany zu diesem Angriff entschloss. Sie hat mich nicht ins Vertrauen gezogen.«
Warum hatte Balthazar vorgehabt, Evernight zu verlassen ?, fragte ich mich. Normalerweise hätte ich erwartet, dass er der Erste wäre, der beim Wiederaufbau helfen würde.
Doch dann fiel mir Charity ein, seine jüngere Schwester, die Durchgeknallte, die das Schwarze Kreuz nach Evernight gelockt hatte. Balthazar war derjenige gewesen, der sie zur Vampirin gemacht hatte, etwas, das er sich selber nie verzeihen würde. Charity war nach dem Feuer geflohen, und wahrscheinlich versuchte Balthazar noch immer, sie zu finden und wieder die Nähe aufzubauen, die sie vor so langer Zeit verloren hatten.
»So, dann willst du also behaupten, du wüsstest nichts?« Eliza trat einen Schritt näher. Ich sah, dass sie eine Waffe in der Hand hatte, aber es war nur eine neongrüne Wasserspritzpistole aus Plastik. Das Spielzeug sah unglaublich albern aus, aber mir war klar, dass es mit Weihwasser gefüllt war – mit echtem Weihwasser, das die Haut eines Vampirs wie Säure verätzen würde. »Du wirst verstehen, dass ich dir kein Wort glaube.«
»Ja«, sagte Balthazar. »Damit habe ich gerechnet.«
»Du scheinst keine Angst zu haben«, bemerkte Eliza.
Er zuckte mit den Schultern, so gut es in Ketten möglich war. »Für unsere Spezies ist der Tod erst der Anfang. Manchmal denke ich, dass dieser zweite Tod ebenfalls nur eine weitere Pforte ist.«
»Zu sterben ist nicht das Schlimmste«, sagte Kate und streckte eine Hand in Richtung Eliza aus, die ihr die Wasserpistole zuwarf. Kate fing sie auf, zielte damit auf Balthazar und drückte ab.
Balthazars Fleisch begann sich im gleichen Augenblick zischend zu zersetzen, in dem das Weihwasser damit in Berührung kam. Er schrie, und dieser Laut war so entsetzlich, dass ich glaubte, ich würde ohnmächtig werden. Dann roch ich die Verbrennungen und musste mich an der Wand abstützen.
»O mein Gott«, murmelte
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