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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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stellt Fallen auf, Lucas. Sie ist entschlossen, Geister wie mich zu fangen. Eine dieser Fallen hat mich beinahe getötet.«
    »Vielleicht fürchtet sie sich einfach vor dem, was sie nicht versteht«, gab Lucas zu bedenken. Er zog seinen Pullover aus und warf ihn auf die nassen Handtücher, die vermutlich von Balthazar stammten, der ebenfalls vor dem Unterricht unter die Dusche gegangen war. Jungs schien der Gedanke gar nicht zu kommen, ihre Sachen einfach mal in den Wäschekorb zu stecken oder sie zumindest zum Trocknen aufzuhängen. »Bianca, du hast noch immer Angst vor den Geistern, und du bist selbst einer. Es ist also keine überraschende Reaktion.«
    Ich konnte mir nur sehr schwer vorstellen, dass sich Mrs. Bethany vor irgendetwas fürchtete. Aber Lucas lag auch nicht völlig falsch; sie war zu ihm durchgedrungen, was bislang keinem von uns möglich gewesen war, nicht einmal mir.
    Trotzdem konnte ich ihr nicht richtig vertrauen. Noch nicht.
    »Du erzählst ihr doch nichts von mir, oder? Dass ich ein Geist geworden und hier bei dir bin?«
    Lucas’ Gesicht nahm einen merkwürdigen Ausdruck an. »Machst du Witze? Natürlich nicht.«
    Tiefe Erleichterung breitete sich in mir aus. »Also traust du ihr nicht.«
    »Ich weiß nicht, ob ich ihr vertrauen kann oder nicht. Aber was dich betrifft, gehe ich kein unnötiges Risiko ein. Deine Geheimnisse sind meine Geheimnisse, Bianca. Daran darfst du nie zweifeln.«
    Ich strich als sanfte Brise um seine Wange, und er schloss die Augen und lächelte.
    Er war gerade so kräftig, so fröhlich. Ich wagte den Vorschlag: »Weißt du, ich habe begriffen, dass wir nicht richtig … beisammen sein können …«
    Lucas machte die Augen auf, und sein Lächeln verblasste.
    Doch bevor er sich entschuldigen konnte, sagte ich: »Aber ich könnte dir beim Duschen zuschauen.«
    Er lachte laut auf.
    Die nächsten zehn Minuten waren wunderbar, was den Anblick betraf, der sich mir bot. Aber ich konnte mich trotzdem nicht richtig konzentrieren – nicht, solange ein wunderschöner, nasser, nackter Lucas meine Aufmerksamkeit fesselte. Ein Gedanke hatte sich in meinem Kopf festgesetzt, und ich konnte ihn nicht abschütteln.
    Immer wieder dachte ich: Es ist, als ob alle Welt ihm ein bisschen helfen kann. Nur ich nicht. Niemals ich.

11

    Es war, als hätte der Anblick von Lucas unter der Dusche etwas in meinem Kopf bewirkt.
    Ich ließ Lucas in den Unterricht gehen. Aber nun, wo ich seine muskulöse Brust und seine kräftigen Beine wiedergesehen hatte, zugeschaut hatte, wie das Wasser durch sein Haar in der Farbe von dunklem Gold und über seine vollen Lippen gelaufen war, erinnerte ich mich wieder an all das, was wir in unseren kurzen gemeinsamen Wochen in Philadelphia geteilt hatten. Mein Hunger danach, mit ihm zusammen zu sein, war neu erwacht. Mein Verlangen war jetzt anders, da ich keinen lebendigen Körper mehr hatte, aber das bedeutete noch lange nicht, dass ich Lucas weniger begehrte.
    Ich wollte diese Nähe zwischen uns zurückhaben. Ich wusste, dass ich Lucas ebenso an die Welt band, wie er für mich ein Anker war. Ganz sicher würden wir nicht für alle Zeiten enthaltsam leben müssen, oder? Wir würden einen Weg finden. Solange ich mein Armband trug, wüsste ich nicht, warum es irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte.
    Lucas hatte seit unserem ersten, fehlgeschlagenen Versuch keine Anstalten mehr in dieser Richtung gemacht. In Anbetracht der Tatsache, wie traumatisierend die ganze Angelegenheit gewesen war, hatte ich es respektiert, dass er ein bisschen Abstand brauchte. Ich wusste, dass er mich noch genau wie früher liebte. Vielleicht aber hatten wir nun schon zu lange gewartet, und so war ich diejenige, die den ersten Schritt machen musste.
    Als die Dunkelheit anbrach, glitt ich an der Seite des Jungenturms hinab und schlüpfte ins Zimmer von Vic und Ranulf. Die beiden saßen in einvernehmlichem Schweigen beim Abendessen. Ranulf trank Blut aus einem Becher mit dem Fan-Emblem der Eagles darauf, Vic schlang eine heiße Gemüsetasche hinunter. Als ich in ihrem Raum auftauchte, grinste Vic und winkte mir zu. »Hey, Bianca! Schön, dass du mal vorbeischaust. Wir wollten gleich Jackie-Chan-Filme gucken. Die alten, wo er noch ein schlimmer Finger ist, nicht diesen amerikanischen Kram, wo er nur versucht, witzig zu sein.«
    »Er ist in allen Filmrollen ein schlimmer Finger«, warf Ranulf ein. »Im positiven Sinn des Wortes ›schlimm‹ und in einem sehr allgemeinen Sinn des Wortes

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