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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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übergegangen war, gelang es mir, es ihr nachzumachen. Langsam verschwand die Welt um uns herum, bis da nichts mehr war als blaugrauer Nebel, ein mysteriöser Dunst, in dem es kein Oben und kein Unten, keine Mitte und keine Grenzen gab. Maxie war ein glühender Punkt, der von Zeit zu Zeit inmitten der wirbelnden Nebelschwaden auftauchte, bis er schließlich verschwunden war.
    Okay, Bianca . Es war jetzt nicht mehr so, dass ich ihre Stimme mit meinen Ohren hörte, sondern ich nahm sie viel eher wahr, ohne wirklich zu wissen, wie.
    Du musst loslassen.
    Was muss ich loslassen?
    Alles.
    Du meinst Lucas und meine Freunde …?
    Nein, ich meine ALLES. Dich selbst. Du musst einfach alles fest in dir zusammenzurren und dann … loslassen.
    Was soll denn das heißen ? Ohne große Erwartungen bemühte ich mich zu tun, was Maxie gesagt hatte. Während ich es versuchte, stellte ich fest, dass ich zu begreifen begann – und dann ließ ich los.
    Es war beängstigend. Es war, wie herauszufinden, dass man die Fähigkeit hatte, das Herz vom Schlagen abzuhalten oder die Schwerkraft außer Kraft zu setzen. Jedes Gesetz des Universums auf den Kopf zu stellen. Da war nun kein blaugrauer Nebel mehr. Da war nur das vollkommene Nichts, das sowohl fremd und feindlich als auch seltsam vertraut war. Es war so unendlich groß, dass ich vorher einfach nie in der Lage gewesen war, es ganz zu erfassen, obwohl es mich immer umgeben hatte. In meinem eigenen Geist – oder dem eines anderen – schwebte ich haltlos herum, nicht mehr länger ich selbst.
    Werde ich je wieder zurückkommen können ? In diesem Augenblick kam es mir so vor, als könne es von einem Ort wie diesem keine Rückkehr mehr geben. War es das, was auf der anderen Seite der Fallen wartete? Lucas, es tut mir so leid, ich habe nicht gewusst, was das alles bedeutet.
    Dann vernahm ich plötzlich eine andere Stimme, tiefer und männlicher.
    »Komm hierher.«
    Auf der Stelle war ich wieder ich selbst. Ich stand auf dem Boden, sah Licht und hatte einen Körper. Als ich blinzelte, nahm der neue Ort rings um mich herum Gestalt an, und ich konnte zunächst nichts anderes tun, als mich mit aufgerissenen Augen umzuschauen.
    Das, was ich zu sehen bekam, ließ sich kaum beschreiben. Ich stand im Herzen einer Stadt, inmitten einer riesigen, geschäftigen Menge, und meine Umgebung war zugleich der beängstigendste und der schönste Ort, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. Ein griechischer Tempel in prächtigen Farben erhob sich vor uns, daneben befand sich ein quadratischer, trutziger Steinturm, dahinter ein kleiner Hain von Pflaumenbäumen, unter deren Ästen dichte Büschel Klee wuchsen. Hinter ihnen ragten Wolkenkratzer auf und drängten sich Häuser, Zelte, Hügel, eine Burg, ein Chalet – einfach jede erdenkliche Art von Gebäuden und Landschaft, zum Teil in voller Pracht, zum Teil nur noch als Ruine. Neben dem Weg aus Kopfsteinpflaster, auf dem Maxie und ich standen, wand sich ein kleiner, schlammiger Fluss, der in rasender Schnelligkeit über die Steine dahinschoss. Würde ich dort hineinstürzen, dann – da war ich mir sicher – würde mich die Strömung mit sich fortreißen. Wir waren von Leuten umgeben, die die Mode verschiedenster Gegenden und Epochen trugen, von Jeans über prachtvolle, viktorianische Kleidung bis hin zu Beduinenroben und Togen. Die anderen konnten mich sehen – einige spähten in meine Richtung –, aber niemand näherte sich uns. Meine alte Schüchternheit, die mich stets angesichts großer Menschenmassen überfiel, war hundertfach verstärkt zurückgekehrt, und so war ich dankbar, dass uns niemand ansprach.
    Als ich an mir selber hinabsah, stellte ich fest, dass ich nicht mehr die Pyjamahose trug, in der ich gestorben war. »Das ist ja mein grüner Pullover!«, sagte ich. »Ich habe ihn nicht mehr wiederfinden können, nachdem wir nach Evernight gezogen waren. Es war mein Lieblingspullover – und hey, diese Jeans – die habe ich auch geliebt, aber … bin ich da nicht längst rausgewachsen?«
    »So ziemlich alles, was du je verloren hast, kannst du hier wiederbekommen«, meinte Maxie strahlend aus einem dicken, fellbesetzen Mantel hervor. Sie trug jetzt eine schnittige Kurzhaarfrisur, und sie hatte glänzende silberne Schuhe an – der letzte Schrei der Mode der 20er-Jahre. So hat sie ausgesehen, als sie noch am Leben war , begriff ich, und zwar, als sie am glücklichsten war . »Ich warne dich aber – das bedeutet, dass mit all den guten Dingen auch einige

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