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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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bei so etwas Schwerwiegendem nicht anlügen, selbst wenn die Wahrheit hart für mich war. Er war eine vertrauenswürdige Person, eine gute Person. Ich wünschte, ich hätte ebenso gut sein können, jemand, der die Interessen anderer an die erste Stelle setzte und Lucas’ Vertrauen verdienen würde.
    Dann dachte ich: Vielleicht ist es doch noch nicht zu spät .
     
    Nachdem wir zur Schule zurückgekehrt waren, führten unsere Fußspuren einmal um das gesamte Schulgelände. Ich winkte Balthazar einen Abschiedsgruß zu und eilte die Treppe hinauf zum Computerraum. Zum Glück war die Tür unverschlossen. Während ich darauf wartete, dass der Computer hochfuhr, erinnerte ich mich an den Klimtdruck Der Kuss über meinem Bett. Diese zwei Liebenden hielten sich für alle Ewigkeit aneinander fest, zwei Teile eines Ganzen, verschmolzen zu einem Mosaik aus Rosa und Gold.
    Wenn man jemanden liebt, dann kann man nicht zulassen, dass sich Lügen dazwischendrängen. Egal was auch geschah, selbst wenn man sich bereits für immer verloren hatte, schuldete man einander die Wahrheit.
    Mit zitternden Fingern tippte ich Lucas’ E-Mail-Adresse und wählte als Betreff-Zeile Nichts als die Wahrheit . Dann begann ich zu schreiben und schüttete alles vor ihm aus, was ich die ganze Zeit zurückgehalten hatte. So schnell und so ungeschminkt wie möglich erklärte ich ihm, dass alles, was er in jener Nacht gesehen hatte, wahr gewesen war.
    Dass ich eine Vampirin war, die als Tochter zweier anderer Vampire geboren und deren Schicksal es war, eines Tages so wie sie zu enden.
    Dass Evernight voll von Vampiren war, dass die Schule deshalb existierte, damit wir lernen konnten, wie sich die Welt veränderte, und damit wir vor den Menschen beschützt würden, die uns fürchteten, weil sie uns nicht begreifen konnten.
    Dass ich ihn in der Nacht des Herbstballes gebissen hatte, nicht, weil ich ihn verletzen, sondern weil ich ihm so gerne nah sein wollte. Die Worte sprudelten nur so hervor. Es war wirklich ein Durcheinander; ich hatte noch nie zuvor versucht, jemandem diese Geheimnisse zu offenbaren, und ich wiederholte mich ständig, fand unpassende Worte oder stellte Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Aber das spielte keine Rolle. Was zählte, war, dass ich endlich Lucas die Wahrheit sagte.
    Schließlich schickte ich unter anderem Folgendes ab:
     
    Ich erzähle Dir das alles nicht, weil ich glaube, dass ich Dich zurückgewinne. Ich weiß, dass ich das nicht verdiene, nicht nach dem, was ich getan habe, und selbst wenn Du in Evernight nicht in Gefahr bist, schätze ich, dass Du nicht mal mehr in die Nähe der Schule kommen willst.
     
    Vor allem schreibe ich Dir, weil ich Dich inständig bitten möchte, niemandem von dem zu erzählen, was Du hier gesehen hast, wenn Du es nicht schon getan hast. Zeige diese E-Mail niemandem. Bewahre dieses Geheimnis um meinetwillen. Wenn die Wahrheit ans Licht kommt, dann werden meine Eltern und Balthazar und eine Menge anderer Schüler in Gefahr sein, und es wäre alles mein Fehler. Ich könnte es nicht ertragen, dafür verantwortlich zu sein, dass jemand zu Schaden kommt.
    Ich habe niemandem erzählt, dass Du mich und Erich auf dem Dach gesehen hast. Ich tat das, um Dich zu schützen. Dann kannst Du das im Gegenzug doch auch für mich tun, oder? Das ist alles, worum ich Dich bitte. Vielleicht ist das mehr, als ich verdiene, aber es geht nicht um mich. Es geht um die Leute, die verletzt werden könnten.
     
    Du sollst auch unbedingt wissen, dass Du mir wichtig genug bist, die Wahrheit von mir zu erfahren. Es tut mir leid, dass ich gewartet habe, bis es zu spät war. Aber ich hoffe, es bedeutet Dir etwas, wenn Du erfährst, was ich wirklich fühle.
     
    Ich werde nie aufhören, Dich zu vermissen.
    Leb wohl, Lucas.
     
    Ehe ich es mir anders überlegen konnte, drückte ich rasch auf Senden. Kaum war das erledigt, wurde mir eisig kalt. Was, wenn Lucas nicht auf mich hören würde? Was, wenn diese Mail ihn nicht überzeugen würde, Stillschweigen zu bewahren, sondern ihm stattdessen als Beweismittel dienen würde?
    Vielleicht hätte ich es bereuen sollen, aber das tat ich nicht. Vielleicht konnte Lucas mir nicht mehr vertrauen, aber ich vertraute ihm.
    Eigentlich erwartete ich keine Antwort von Lucas. Aber Erwartungen waren etwas anderes als Hoffnungen. Den ganzen Tag über rief ich immer wieder meine Mails ab, ebenso am Tag darauf und am Weihnachtstag, wann immer ich mich von der Bescherung wegschleichen

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