Everybodys Darling, Everybodys Depp
wie Monika mittlerweile findet. Dass sie dieser undankbaren Zicke jemals so viel geholfen hat. Tina jedoch hat in der Zwischenzeit tatsächlich den neuen Kunden übernommen und versucht, bei der Leitung des Teams zu brillieren – Petra und dem Kunden gegenüber. Dabei scheint ihr jedes Mittel recht zu sein: Bald steht ein Shooting für die neue Werbekampagne an – in der Karibik. Natürlich will da jeder gerne mitfahren. In der Agentur ist es üblich, dass derjenige Mitarbeiter mitfährt, von dem die Entwürfe für den Werbespot hauptsächlich stammen. In diesem Fall ist das Monika. Die ehrgeizige Tina hat doch tatsächlich auf dem letzten Meeting Monikas Entwürfe und Ideen als ihre eigenen ausgegeben. Monika war an diesem Tag nicht da – und nun soll Tina in die Karibik fahren.
Monika ist allmählich auf dem besten Weg, sich nicht mehr als dummes Schaf zu gebärden: Sie stellte Tina zur Rede. Die wurde sehr aggressiv, sodass das Gespräch damit endete, dass sich beide angegiftet haben. Auch Monika platzte der Kragen. Bei ihr dauert |163| es zwar länger, bis sie ausflippt, aber dann ist ein Lava sprühender Vulkan nichts dagegen. Ihr Repertoire an beleidigenden Ausdrücken ist ziemlich beeindruckend. Nun hat sie zwar eine tolle Show geboten und mächtig Dampf abgelassen, ist aber keinen Schritt weitergekommen. Jetzt will sie es noch einmal anders versuchen.
Das Zwei-Gewinner-Prinzip
Am Vorabend des erneuten Gesprächversuchs sitzt sie zu Hause auf dem Sofa und bereitet sich vor. Das Gespräch erscheint ihr als besonders harter Brocken. Der Härtetest für ihr neues Ich sozusagen. Gut vorbereitet ist halb gewonnen, denkt sie und spielt das Streitgespräch im Geiste durch. Dabei macht sie sich Notizen.
1. Gute Gesprächsatmosphäre schaffen Nach der verbalen Schlammschlacht wird Tina wohl sehr misstrauisch sein und sofort wieder ihre Stacheln aufstellen. Monika muss ihr von Anfang an klar machen, dass sie es dieses Mal anders probieren will. Dass sie entschlossen ist, mit Tina gemeinsam eine Lösung zu finden, mit der sie beide leben können. Ihr ist klar geworden, dass nur eine Zwei-Gewinner-Lösung dauerhaft funktionieren wird. Wenn sie sich weiterhin bekämpfen, wird alles nur noch schlimmer. Ausschlaggebend ist für sie, dass sie sich nicht dauerhaft mit Tina bekämpfen, sondern unter erwachsenen Menschen eine konstruktive Lösung finden möchte. Sie will auch ihre Gefühle ansprechen: Sie ist immer noch sauer und möchte das dringend loswerden. Außerdem hält sie es für taktisch klug, wenn sie als erstes ihren eigenen Fehler zugibt: ausfallend geworden zu sein. So kann sie gleich signalisieren, dass sie nicht auf einen weiteren wüsten Streit aus ist. Sie könnte Tina zum Einstieg Folgendes sagen:
»Tina, ich würde mit dir gerne noch einmal über das Shooting sprechen. Ich war total sauer, dass du meine Ideen als deine ausgegeben |164| hast. Ich gebe gerne zu, dass ich mich in unserem ersten Gespräch wahrlich nicht damenhaft benommen habe. Aber nun möchte ich mit dir gemeinsam noch einmal ruhig nach einer Lösung suchen. Ist das okay für dich?« Monika ist mit ihrer Gesprächseröffnung zufrieden.
2. Konflikt analysieren Ganz klar: Tina hat ihre Ideen geklaut und sich die Fahrt in die Karibik erschummelt, basta. Wie hinterhältig. Sie ist ein niederträchtiges Biest und hat allein an allem Schuld. Monika notiert sich diese Erkenntnis und lässt sie auf sich wirken. Ist das wirklich alles? Wenn sie ehrlich ist, nein. Sie war schon sauer auf Tina, als diese so abfällig über sie geredet und die Leitung des neuen Etats bekommen hat. Damals war sie zu feige, sie darauf anzusprechen. Enttäuschung, Frust, aber auch Neid hat sie dabei empfunden. Und Wut auf ihre eigene Blödheit. Tina hatte ja nicht ganz unrecht: Monika hat sich wegen ihres übergroßen Harmoniebedürfnisses viel zu lange rückgratlos verhalten.
Als sie Tina kurz darauf im Zuge der Entwicklung ihrer inneren Stärke auch noch verkündet hat, dass sie ihr in Zukunft die Präsentationen nicht mehr machen wird, muss das auf Tina gewirkt haben, als wolle Monika sie sabotieren. Natürlich war es notwendig, ihr zu zeigen, dass sie sich nicht mehr ausnutzen lässt, aber sie hätte auch ihre Gefühle ansprechen sollen. In Monika hat es mächtig weiter gegärt und gebrodelt. Sie hat Tina gegenüber quasi eine schwarze Brille auf und sieht nur noch das Negative an ihr. Sie hat sich ein undifferenziertes, bequemes Feindbild geschaffen.
Nun
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