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Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals

Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals

Titel: Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aylen Verdon
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sie in das kleine Waldstück abbog. Schon von weitem waren die Fahrzeuge der Spurensicherung zu erkennen. Evianna parkte den Wagen etwas abseits des Waldwegs. Das letzte Stück des Weges gingen sie und Keir zu Fuß.
Hinter einer Biegung lag der nackte Körper eines Menschen in seltsamer Verrenkung auf dem Waldboden. Es war ein Mann um die dreißig. Seine Haut schimmerte unnatürlich weiß und seine toten Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Die Haut direkt über seiner Halsschlagader zierten zwei dunkle, hässlich ausgefranste Löcher.
„Und? Was haben wir?“, fragte Evianna Gregor, den Chef der Spurensicherung. „Tod durch Vampirbiss“, stellte er sachlich fest. „Das kann ich sagen, auch ohne den Kumpel hier mitzunehmen.“
Das hatte Evianna sich schon gedacht.
„Die Abschürfungen an Hand- und Fußgelenken des Opfers lassen vermuten, dass derVampir sein Opfer gefesselt hat, bevor er von ihm getrunken hat.“ „Genau, wie bei dem Opfer von letzter Nacht“, sagte Keir mehr zu sich selbst während er versuchte Witterung aufzunehmen, die vielleicht irgendjemand hier hinterlassen hatte.
„Genau wie letzte Nacht.“ Gregor nickte bestätigend. „Ansonsten gibt es weder brauchbare Reifennoch Fußabdrücke, nicht mal von dem Opfer selbst.“ „Aber wo sind die anderen fünfunddreißig vermissten Personen?“, fragte Evianna. „Mit ihm hier haben wir erst drei von ihnengefunden.“
„Achtunddreißig“, berichtigte Keir sie. „Letzte Nacht sind drei weitere Frauen verschwunden. Inzwischen müsste alles auf deinem PPC sein.“
Auch das noch. Nahm das denn gar kein Ende? Evianna zog ihren PPC hervor und sofort erschienen die Bilder der vermissten Frauen von letzter Nacht auf dem Display. Evianna speicherte sie und überflog den Text dazu.
    Nachdem klar war, dass der Fundort der Leiche keine weiteren Erkenntnisse liefern würde, verließen Evianna und Keir das kleine Waldstück.
Auf der Fahrt zurück in die Stadt versuchte Evianna die Ereignisse für sich zusammen zu fassen: „Inzwischen werden neununddreißig Personen vermisst, davon sind zweiundzwanzig weiblich, siebzehn männlich. Drei männliche Vermisste sind tot. Macht zusammen einundvierzig. Wo versteckt man so viele Personen? Sind sie überhaupt noch am Leben?“
Keir wusste darauf keine Antwort. Stattdessen durchwühlte er das Handschuhfach des Wagens erfolglos nach etwas Essbarem.

Den Nachmittag verbrachten Evianna und Keir damit Menschen zu befragen, die angeblich etwas gesehen hatten. Aber wie schon seit Tagen verlief nach näherer Befragung jeder Hinweis früher oder später im Sand. Es war zum verrückt werden. Niemand konnte genauere Angaben machen oder den entscheidenden Hinweis liefern. Als ebenso nutzlos stellten sich die Befragungen der Angehörigen der drei verschwundenen Frauen von letzter Nacht heraus. Und auch die Befragung einschlägig bekannter, gewalttätiger Vampire brachte keinerlei neue Erkenntnisse, zumindest nicht, was den Fall betraf.
    In der Vampirszene war man aufgrund der durch den Polsprung dezimierten menschlichen Bevölkerung inzwischen weitgehend dazu übergegangen, sich den ein oder anderen Menschen als privaten Blutlieferanten zu halten, was nach Aussage Aller– einschließlich der daran beteiligten Menschen– völlig freiwillig geschah. Der Mensch gab etwas von seinem für den Vampir lebensnotwendigen Blut, dafür erhielt er von dem Vampir Schutz sowie einige andere Dinge, die das Leben angenehm machten. Die BVb hatte keine Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen, denn wo kein Kläger war, gab es bekanntlich auch keinen Richter.
Doch irgendein Vampir hatte drei der als vermisst gemeldeten Menschen getötet und er würde es vermutlich wieder tun. Vielleicht war dieser Vampir zu schwach, um einen Menschen an sich zu binden und nahm sich deshalb mit Gewalt, was ihm nicht freiwillig gegeben wurde. Die Möglichkeit bestand zumindest, dachte Evianna.
    Als die Sonne bereits tief im Westen stand, stöhnte Keir und streckte seine Knochen. Zur Abwechselung aß er nicht und rutschte unruhig auf dem Beifahrersitz des Audis herum.
„Was ist?“, fragte Evianna.
„Vollmond“ stöhnte Keir. „Kannst du mich fahren?“
„Zum Zwinger?“
Keir nickte.
„Schon unterwegs.“ Evianna wendete den Wagen und bog in die Alte Salzstraße ein. Den ganzen Tag über hatte sie nachgedacht, wie man die verschwundenen Menschen aufspüren konnte. Nach und nach hatte sich aus der Flut von Gedanken eine Idee heraus kristallisiert und

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