Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
nahmen Kampfhaltung ein, während Shox großer Körper langsam an der Wand hinunter glitt und schließlich auf dem Boden zusammensackte. In seiner Schulter klaffte ein riesiges Loch. Das Blut, das sprudelnd daraus hervortrat, färbte die weiße Wand dunkelrot.
Evianna kochte innerlich. „Reiz’ mich nicht, du Arsch“, brüllte sie den bewusstlosen Mann an.
Noch bevor irgendjemand etwas tun konnte, wurde sie von Shaytan am Arm gepackt und aus der Halle gezerrt.
„Was sollte das denn?“, fuhr er sie in einem der Nebenräume an. Er war außer sich vor Wut. „Wir bieten dir an, dich zu unterstützen und du hast nichts Besseres zu tun, als auf einen von uns zu schießen? Bist du jetzt völlig verrückt geworden, oder was?“ Evianna wich seinem wütenden Blick aus.
Er packte sie am Arm und wollte, dass sie ihn ansah, doch sie entwand sich seinem Griff und tigerte durch den Raum, in den Shaytan sie geschoben hatte. „Was, meinst du, sollen wir jetzt mit dir machen?“
„Das ist mir doch egal“, brüllte Evianna.
Das hatte Shaytan fast befürchtet.
„Wieso musstet ihr mich unter Druck setzen?“
„Unter Druck?“, fragte Shaytan verständnislos. „Niemand setzt dich unter Druck. Du wurdest beim Lügen erwischt, das ist alles.“
„Na und?“
Aufgebracht fuhr Shaytan sich durch die Haare. „Herrgott, du bist ja noch schlimmer als Satyr.“
Auch das war Evianna egal.
Mit beiden Händen rieb Shaytan sich übers Gesicht. Wie sollte er das bloß wieder gerade biegen? „Evianna, hör’ zu“, versuchte er sie zu beschwichtigen. „Und, vor allem, beruhige dich erstmal.“
Doch das war leichter gesagt als getan. Denn wenn ein Hochofen erstmal unter Volldampf lief, dauerte es seine Zeit, bis er langsam wieder abkühlte. Das musste auch Shaytan erkannt haben. „Warte hier“, sagte er und machte Anstalten, aus dem Raum zu verschwinden. Er würde erst einmal die Lage in der Halle checken, bevor er sie wieder auf den Rest der Truppe losließ. An der Tür drehte er sich noch einmal um. „Und mit hier meine ich in diesem Raum. Verstanden?“
Evianna nickte knapp.
Auch wenn Shaytan das ernstlich bezweifelte, ließ er sie allein und es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis er wieder auftauchte.
„Also gut“, sagte er und wirkte dabei ein wenig fahrig und nervös.
Evianna würdigte ihn keines Blickes. Eigentlich wollte sie nicht einmal hören, was er zu sagen hatte. Sie würde von hier verschwinden. So oder so. So viel stand fest. Und falls einer dieser Idioten versuchen würde sie aufzuhalten, würde er dasselbe Schicksal erleiden, wie Shox. Von wegen, eine Kugel konnte einem Gargoyle nichts anhaben. Sie hatten wohl nicht mit diesen Kugeln gerechnet.
„Komm!“
Evianna fuhr herum. „Wohin?“
Shaytan streckte die Hand aus. Nach kurzem Zögern ergriff Evianna sie und folgte ihm zurück in die große Halle. Er brachte sie zu ihrem Stuhl, zog ihn hervor und ließ sie darauf Platz nehmen. Nach der Reihe sah sie einen nach dem anderen an. Ihr Blick blieb an Shox hängen, der bekleidet mit einem frischen Hemd am Tisch saß. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.
Evianna runzelte die Stirn. Mit einer Handbewegung bedeutete sie ihm, sein Hemd zu öffnen, eine Bitte, der er gern’ nachkam. Er öffnete die obersten Knöpfe und entblößte ein Stück seiner muskulösen Schulter. Sie war unversehrt und aufgrund Eviannas offensichtlicher Verwirrung wurde das Lächeln, das seine Lippen umspielte, breiter. In ihrer Adiutorenlaufbahn hatte Evianna schon einiges gesehen, aber so etwas wie das noch nicht. Wie war das möglich? Selbst Vampire brauchten mindestens einen Tag um Wunden dieser Größenordnung halbwegs vernünftig heilen zu lassen. Shox hatte für das riesige Loch in seinem Körper keine Stunde benötigt. Respekt.
„Und weshalb dann die Aufregung?“, fragte Evianna in die Runde.
„Es geht ums Prinzip“, erklärte Shaytan. „Du hattest keinerlei Skrupel abzudrücken.“ Na und? Wen kümmert´s? , fragte sich Evianna doch sie schwieg, um die Gastfreundschaft der Gargoyles nicht überzustrapazieren.
„Trotz allem sind wir noch immer bereit dir zu helfen.“
Evianna atmete tief ein und aus. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.„Und die Bedingungen?“
Shaytan sah Thot an bevor er sprach.„Du hilfst uns, in den Besitz der Tafeln des Schicksals zu kommen.“
Evianna hob die Schultern. „Ich wüsste nicht, wie ich euch da helfen könnte.“ „Aber wir wissen es“, sagte Shaytan. „Das sollte
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