Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
streckte er ihr lächelnd die Hände entgegen. Evianna befreite auch seine Handgelenke von den Fesseln, die rasselnd zu Boden fielen. „Du bist sehr mutig für eine Frau“, sagte er. Das Lächeln verschwand. Er griff nach ihrem rechten Arm und drehte die Handinnenfläche nach oben. Tief atmend betrachtete er eingehend das Dämonenmal.
Mutig? Dumm traf es wahrscheinlich eher, dachte Evianna. Aber sollte er sie ruhig für mutig halten. Das konnte immerhin nicht schaden.
Es verging eine Ewigkeit bis Satyr ihren Arm endlich los lies. Seine Augen hatten einen seltsamen Glanz angenommen und sein Blick hielt ihren gefangen. Das Schweigen zwischen ihnen zog sich in die Länge und langsam wurde es peinlich.
„Ähm, ich glaube oben gibt es Essen. Also falls du noch Hunger hast, sollten wir besser hoch gehen.“ Plötzlich hatte Evianna es eilig aus der Zelle zu kommen. Sie wollte weg hier, raus aus den Kerkern, weg von Satyr. Seine körperliche Nähe verwirrte sie. Doch egal wie schnell sie die Gänge entlang lief, Satyr schien keine Mühe zu haben, ihr zu folgen.
Dicht hinter ihr betrat er die große Halle. Die Unterhaltung an der Tafel verstummte abrupt. Shaytan sprang auf und kam auf Eviannazu. „Alles okay bei dir, Evianna?“, fragte er beunruhigt, nach einem Seitenblick auf Satyr.
„Ja, alles bestens.“
Shaytan zog sie von Satyr weg, bugsierte sie in das Nebenzimmer und schlug die Tür zu.„Bist du wahnsinnig geworden? Wie kannst du dich nur in seine Nähe wagen, geschweige denn ihn frei lassen? Du hast doch gesehen, wie unberechenbar er ist. Hätte er dich vorhin erwischt, wärst du jetzt tot. Was das betrifft, ist er nicht gerade zimperlich. Ganz im Gegenteil, glaub’ mir.“
„Ist ja schon gut.“
Zugegeben: Satyrs Reaktion auf die paar Upas-Schalen in seinem Haar war vielleicht ein bisschen überzogen gewesen, aber jetzt war alles wieder im grünen Bereich. Das genügte Evianna fürs erste. „Lass’ die Sache einfach auf sich beruhen. Bringt ihn nicht wieder runter in die Kerker. Bitte.“
Shaytan fuhr sich mit der Hand durch das Haar und kam zu dem Schluss, dass das letztendlich ihre Entscheidung sein sollte. „Also gut. Wie du willst“, gab er nach. „Aber versprich mir, dass du ihm ab jetzt aus dem Weg gehst.“
Das sollte wohl kein Problem sein. Evianna nickte.
Auch Shaytannickte zufrieden. „Hast du Hunger?“, fragte er und fand zu seinem charmanten Lächeln zurück, mit dem er schon im Dr. Doo’s aufgetrumpft hatte. „Ist das etwa eine Einladung zum Essen?“
„Ja. Die ich - nebenbei bemerkt - nur aussprechen kann, da du so freundlich warst, unsere Ghule am Leben zu lassen.“
„Was für ein Glück für uns alle.“ Evianna folgte Shaytan in die Halle. Er rückte einen Stuhl zurecht und ließ sie neben sich Platz nehmen. Dann bot er ihr von allem was auf dem Tisch stand an. Evianna tat sich ein paar Nudeln und etwas Gemüse auf. Doch obwohl sie eigentlich immer hungrig war, war es in diesem Fall nicht das Essen, was sie interessierte, denn auf dem Tisch stand echtes Bier, was seit dem Polsprung nur noch für sehr viel Geld zu haben war. Shox schob ihr eine der Flaschen zu.
Während sie aß, spürte sie die Blicke der Gargoyles auf sich doch sie entschied sich dafür, sich davon nicht beunruhigen zu lassen. Das einzige, was sie beunruhigte war, dass Satyr nicht mit am Tisch saß. Hatte man ihn vielleicht doch wieder hinunter in die Kerker verbannt? Aber selbst wenn es so war: für den Moment hatte sie für ihn getan was sie konnte.
„Evianna, wir haben beschlossen, dich bei deinen Ermittlungen zu unterstützen“, sagte Shaytan unvermittelt.
Evianna war derartig überrascht, dass sie sich an einer Erbse verschluckte. Hustend schob sie den Teller von sich und spülte die Erbse mit einem kräftigen Schluck Bier hinunter. „Und was, wenn ich fragen darf, hat euch zu diesem Entschluss bewogen?“ Shaytan lehnte sich lächelnd zurück.
„Na los, sag’ schon. Woher kommt das plötzliche Interesse an diesem Fall? Ist es, weil man euch verdächtigen könnte?“
Shaytan schüttelte den Kopf.
„Um die Täter ihren gerechten Strafe zuzuführen?“
Shaytan verneinte. Das Lächeln wurde breiter. „Rate ruhig weiter. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach.“
Evianna überlegte einen Moment.„Ihr tut das, um den Frieden zwischen Menschen und Vampiren zu wahren, um das Gleichgewicht zu bewahren und um dadurch vielleicht an die Tafeln des Schicksals zu kommen.“
Daimon und Pan’C sprangen auf,
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