Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
Sie stand auf und ging in den Umkleideraum. Außer ihr befand sich nur eine weitere Person im Raum. Es war LaVey, eine Dämonenjägerin, die einzige Elbin, die zu Zagons ansonsten nur aus männlichen Elben bestehenden Truppe gehörte. Evianna konnte sie genauso wenig leiden wie Zagon selbst, denn in ihrem Verhalten ihr gegenüber stand LaVey ihrem Anführer in nichts nach.
Evianna schloss ihren Spind auf.
Weiter hinten saß die Elbin auf der Bank zwischen den Schrankreihen und schnürte ihre hohen Lederstiefel.
Evianna spürte ihren Blick im Rücken. „Gibt’s Probleme, Elbenfrau?“, fragte sie gereizt.
„Nicht bei mir“, entgegnete LaVey lächelnd. „Aber du wirst bald welche haben.“ Evianna knallte die Spindtür zu. „Ach ja? Und woher beziehst du diese Weisheit, wenn ich fragen darf, Helferelfe?“
Die Elbin ließ sich nicht reizen. Sie legte ihren Waffengürtel an, einen wundervoll gearbeiteten Gurt aus bestem Kalbsleder.„Zagon ist schon ganz scharf darauf, dich umzulegen“, sagte LaVey und bestückte den Gürtel mit einem handgeschmiedeten, silbernen Dolch, dessen Griff mit filigranen Blütenornamenten geschmückt war. Evianna betrachtete die Waffe interessiert. „Blödes Geschwätz. Ich bin ein Adiutor, genau wie er. Er jagt Dämonen und nicht mich.“
Die Elbin war fertig mit ihrer Ausrüstung. Sie zog eine dünne Jacke über, um die Waffen vor den Augen der Zivilbevölkerung zu verstecken. Mit geschmeidigen Schritten ging sie Richtung Tür. Vor Evianna blieb sie jedoch stehen und sah ihr direkt in die Augen. „Wir Elben haben uns auf Dämonen spezialisiert, weil die meisten anderen Adiutoren zu blöd sind, einen Dämon zu erkennen, wenn er vor ihnen steht. Aber genau genommen jagen wir alles Böse.“
Evianna hielt dem Blick der Elbin stand und wich kein Stück zurück.„Und was soll das heißen?“, zischte sie.
„Als ob du das nicht wüsstest, Ebel.“ Auf dem Weg nach draußen stieß LaVey wie zufällig gegen Eviannas Schulter, die daraufhin gegen ihren Spind prallte. Wutschnaubend nahm Evianna die Verfolgung der Elbin auf. Sie erwischte LaVey, als diese gerade die Tür des Umkleideraums öffnete. Mit ihrem ganzen Gewicht warf Evianna sich gegen den Rücken der Elbin und drückte sie an die gegenüberliegende Wand, wobei sie ihr einen Arm auf dem Rücken verdrehte. Die Elbin stöhnte vor Schmerz.
„Tut’s weh, du eingebildeter Nachtelb?“, fragte Evianna und drehte den Arm noch etwas weiter nach oben.
„Lass’ mich los, oder es wird dir noch leid tun“, brachte LaVey gepresst hervor. Plötzlichkam Keir um die Ecke. „Alles okay?“, fragte er unverbindlich. „Da ist ja dein Wachhund, Ebel“, sagte LaVey abfällig, woraufhin Evianna den Kopf der Elbin gegen die Wand rammte.
„Lass’ dasund komm’ lieber mit “, sagte Keir. „Dein PPC piept ununterbrochen.“ „Ich komme, wenn ich hier fertig bin“, sagte Evianna. „Es wird nicht lange dauern.“ Mit einem Ruck zog sie die Elbin von der Wand weg und schleuderte sie in den Flur. LaVey stolperte ein paar Schritte weit, dann fuhr sie herum.„Stimmt, es wird schnell gehen, dich zu töten“, knurrte sie angriffslustig und machte sich sprungbereit. „Moment, hier wird niemand getötet“, sagte Keir, obwohl er nicht sicher war, ob das der Wahrheit entsprach. Er stellte sich zwischen die beiden Frauen und bemühte sich nach Kräften Evianna zurückzudrängen.
„Fass’ mich nicht an, Werwolf“, zischte Evianna und schlug Keirs Hände weg. „Ist ja gut“, sagte Keir und hob beschwichtigend die Hände.
„Oh, Paarprobleme?“, grinste LaVey spöttisch.
„Du verschwindest jetzt besser, LaVey“, knurrte Keir über die Schulter während Evianna nach einem Weg vorbei an Keir suchte, um der Elbin erneut an die Kehle zu gehen.
„Wie schade“, sagte LaVey bedauernd. „Bis bald, Ebel.“ Die Elbin drehte sich um und verschwand.
Evianna schnaubte wütend. Ihre Anspannung ließ nichtnach. „Geh’ mir aus dem Weg“, brummte sie.
„Nur wenn du versprichst, sie nicht zu verfolgen.“
„Ja, doch!“ Evianna funkelte Keir böse an, der zögernd einen Schritt zur Seite trat.
Widerwillig stapfte sie zu ihrem Schreibtisch und warf einen Blick auf das Display ihres PPCs, auf dem Shaytans Name blinkte.
„Willst du nicht ’rangehen?“, fragte Keir.
Evianna hielt das für keine gute Idee, solange Keir in der Nähe war, denn noch immer hatte sie keine Lösung für das Gargoyle-Problem gefunden. Sie drückte die Stumm-Taste und das
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