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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Wangen des Gegners treffen kann. Gewonnen hat am Ende der, der am häufigsten getroffen worden ist und die scheußlichsten Narben hat. Nett, nicht?«
    »Klingt blödschinnich. Warum tun die dasch?«
    »Es sieht männlich und hart aus, finden sie. Von jetzt an würdest du dich in so einer Runde gut machen. Es ist für sie wie eine Art geheimer Orden, wer solche Narben hat, wird immer respektvoll behandelt. Das heißt, von den einen respektvoll und von anderen eher mit gemischten Gefühlen. Sein Leben lang, denn so lange halten die Narben, wie deine wahrscheinlich auch.«
    »Aber meine werden nicht scho wirken.«
    Der Arzt schaute ihn über seine Brillengläser hinweg lange an, dann machte er sich wieder an die Arbeit.
    »Beschtimmt nicht scho«, sagte Erik jetzt unsicher. »Aber esch ischt schwer schu erklären.«
    Der Arzt, der aussah wie George Bernard Shaw, nähte eine Weile schweigend weiter. Dann befreite er vorsichtig Eriks Nasenlöcher von geronnenem Blut und bewegte die Nase ein wenig hin und her.
    »Tut das weh?«, fragte er.
    »Ja, schon.«
    »Mm. Wie gesagt, du wirst eine Zeit lang ein bisschen breitnäsig aussehen, und es wird auch wehtun, aber dein Nasenbein ist unversehrt.«
    Er trat einen Schritt zurück und betrachtete seine Arbeit.
    »Tja, das ist doch ziemlich fesch geworden, oder was meinen Sie, Schwester?«
    Die Schwester war auch dieser Ansicht und wollte wissen, ob sie sprayen solle.
    »Nein, noch nicht, wir haben ja noch die Innenseite. Tja, junger Mann, von jetzt an wird unsere Konversation wohl ein wenig einseitig ausfallen, fürchte ich. Sag mir erst noch, was du damit gemeint hast, wie deine Narben wirken werden, ich bin von Natur aus nämlich unheilbar neugierig.«
    »Dasch kann man nicht erklären«, sagte Erik, »aber erschtensch wird ein Junge mit genähten Wunden im Geschicht nicht geschlagen.«
    »Nicht? Und warum nicht?«
    »Dasch ischt einfach scho.«
    »Nicht mal in Stjärnsberg?«
    »Nein, nicht mal in Schtjärnschberg.«
    »Aha. Und zweitens?«
    »Dasch kann ich nicht erklären, dasch hängt mit der eingebildeten Niederlage tschuschammen. Wenn wir unsch nach drei Halbjahren wieder treffen, kann isch esch erklären. Aber alle Typen haben Angscht vor Schlägen und dasch hier erinnert schie dran. Ich kann dasch nicht erklären, ohne schu schagen, wasch ich nicht schagen will. Wasch wird mit dem abgeschlagenen Tschahn?«
    Der Arzt hatte die Brille auf seine Nasenspitze geschoben und schaute aus seinen hellblauen Augen in das eine, das von Eriks Augen zu sehen war.
    »Ja, ja«, sagte er schließlich. »Du bist mir schon einer. Das mit dem Zahn fällt nicht in mein Ressort, du musst die Schwester in Stjärnsberg bitten, dass sie einen Zahnarzttermin für dich ausmacht. Und jetzt nähen wir dich ein wenig von innen und das wird etwas komplizierter. Dreh dich auf die Seite und reiß den Schnabel auf.«
    Erik wurde ein Stück Stoff mit einem Loch für den Mund über das Gesicht gelegt, und der Mund wurde mit Kompressen und einem Plastikgestell offen gehalten, während der Arzt an der Arbeit war. Schließlich wurde ihm die Innenseite der linken Wange mit drei Stichen genäht.
    Danach wurden die äußeren Wunden mit Plastikfilm besprüht und die Schwester klebte einige Pflaster darüber. Erik fühlte sich ein wenig steif, und ihm war leicht schlecht, als er endlich aufstehen durfte. Der Arzt ermahnte ihn, ein paar Tage Ruhe zu halten, er habe auch eine Gehirnerschütterung davongetragen. Unter normalen Umständen hätten sie Erik über Nacht dabehalten, aber er gehörte in einen anderen Bezirk und auch in Stjärnsberg gab es ein Krankenzimmer.
    »Danke für die Hilfe«, sagte Erik und gab dem Arzt die Hand.
    »Keine Ursache«, sagte der auf Deutsch und Erik konnte seinen Tonfall nicht deuten.
    Während er mit dem Taxi nach Stjärnsberg zurückfuhr, dachte Erik über die Polizei und die Gesetze nach. Die würden ihm auch nicht helfen, nicht in den drei bevorstehenden Halbjahren. In Stjärnsberg galt das Gesetz nicht; es war wie ein Ort im Ausnahmezustand, wo die Kommandatur einer Besatzungsmacht die Gesetze festlegte. Warum hatte übrigens der Arzt über das Mensurfechten gesprochen und am Ende etwas auf Deutsch gesagt? Es musste daran liegen, dass er Stjärnsberg für ein Naziloch hielt, und das stimmte nun auch wieder nicht. Kein Arsch in ganz Stjärnsberg äußerte jemals Sympathien für Nazis. Trotzdem konnte man den Rat als Kommandantur bezeichnen. Und Silverhielm als Kommandant

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