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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Silverhielms Händen tropfte und anderes Blut auf die Umsitzenden an den beiden am nächsten stehenden Tischen spritzte. Er sah Silverhielm jetzt nicht mehr deutlich. Nicht fallen, dachte er, nicht fallen, du musst stehen bleiben. Das Blut floss als heißer Strom über sein Gesicht und sein Kinn und weiter in das rote Hemd. Plötzlich hörte es auf, und er nahm wahr, dass Silverhielm atemlos vor ihm stand und die Hände an seinen Seiten nach unten hängen ließ.
    »Du schtinkscht nach Scheische«, fauchte Erik mit dem Mund voll Blut.
    Silverhielm schrie auf und schlug mit der erneuerten Kraft der Verzweiflung. Erik hatte die vage Ahnung, dass der Griff um sein linkes Handgelenk sich lockerte und der Speisesaal schwankte.
    Doch plötzlich hörte er eine fremde Stimme und Silverhielm hörte auf zu schlagen.
    Es war der Rektor, der nicht mehr so tun konnte, als sei gar nichts passiert, denn die Blutspritzer hatten auch seinen Tisch erreicht. Der Rektor hatte sich erhoben und Silverhielm und Erik kurz befohlen, ihn hinauszubegleiten.
    Durch den Nebel vor seinen Augen ahnte Erik, wie Silverhielm davonging, gekrümmt, wie es schien, in einem Winkel von fünfundvierzig Grad. Er musste versuchen, ihm zu folgen. Er musste gehen können. Er durfte nicht fallen, musste gehen können, auch wenn seine Füße am Boden festgeschraubt zu sein schienen.
    Ohne zu wissen wie, ging er hinter Silverhielm zwischen zwei Tischen hindurch. Als er Silverhielms Platz erreicht hatte, blieb er stehen und spuckte den Zahn und einen Mund voll Blut auf Silverhielms Teller, dann ging er weiter hinter Silverhielm und dem Rektor her durch den Speisesaal.
    Draußen schloss der Rektor die Schiebetüren und sagte etwas, das Erik nicht verstehen konnte. Silverhielm gab eine Antwort, die ebenfalls nicht zu hören war. Dann sagte der Rektor vermutlich, Erik solle aus dem Speisesaal verschwinden - seltsam, da waren sie doch gar nicht mehr? - und sich waschen, dann wurden die Schiebetüren wieder geöffnet und Erik war allein.
    Langsam wie in einem Traum gaben die Beine unter ihm nach, er sank auf die Knie und starrte eine Weile mit einem Auge (er sah offenbar nur mit einem Auge) die Blutlache an, die auf dem Viereckmuster des Parketts stetig größer wurde.
    Fünf Minuten, vielleicht auch nur eine halbe Minute darauf schleppte er sich zu den Toiletten unterhalb des Speisesaals und drehte den Kaltwasserhahn auf. Das Waschbecken färbte sich rot, und er vermied es, in den darüber befestigten Spiegel zu schauen. Danach nahm er sich Papierhandtücher, faltete sie zusammen, tauchte sie ins kalte Wasser, presste sie auf sein Gesicht und legte für eine Weile den Kopf in den Nacken.
    Dann ging er über den leeren Hof hinüber zur Schwimmhalle und zum Sprechzimmer der Schulschwester. An ihrer Tür klebte ein Zettel mit der Aufschrift »Eintreten« und »Gleich wieder da«. Er ging hinein und legte sich auf die mit Krepppapier überzogene grüne Plastikliege. Mit den Schmerzen stellte sich nun auch das Bewusstsein ein, als sei die Person, die neben ihm gestanden hatte, wieder in seinen Körper zurückgekehrt.
    Scheißhelm, dachte er, von nun an wirst du Scheißhelm heißen. Danach dachte er gar nichts mehr.
    Nach einer Weile entdeckte er über sich das Gesicht der Schwester. Sie säuberte seine Wunden mit Kompressen, die sie mit einer langen Pinzette hielt.
    »Der Herr ist etwas früher gekommen, als ich erwartet hatte, wenn der Herr verzeiht, aber ich hatte gedacht, es würde nach dem Abendessen noch eine Weile dauern«, sagte sie.
    »Hätte esch eigentlich auch«, murmelte Erik.
    »Der Wagen wird bald da sein«, sagte die Schwester, »das hier kann ich nämlich nicht alles zusammenflicken. Dein Kumpel hat ein neues Hemd gebracht, wollen wir das mal anziehen, damit wir in Flen ein bisschen präsentabel aussehen?«
    Dann saß er im Dunkeln auf der Rückbank des Taxis, mit dröhnendem Kopf und Blutgeschmack im Mund, und langsam stellten seine Gedanken sich wieder ein. Er konnte nicht durch die Nase atmen, und sein abgeschlagener Zahn tat schrecklich weh, wenn er die Luft durch den Mund einzog. Aber er war offenbar eingeschlafen, denn die Fahrt nach Flen schien nur wenige Minuten gedauert zu haben.
    Er lag im grellen Licht der Notstation auf einer grünen Plastikliege, einer grünen, mit Krepppapier überzogenen Plastikliege wie bei der Schulschwester.
    Der Arzt trug eine Brille und hatte einen weißen Bart, aus irgendeinem Grund musste Erik an George Bernard Shaw

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