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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Würden sie nicht mit ihren Schikanen aufhören, wenn sie Prügel bekämen, denn es war durchaus möglich, dass er gewann, und wäre das nicht im Interesse der Mittelschüler? Er würde nicht nur ins Karo gehen, um zu zeigen, dass er ungeheuer viel Prügel einstecken konnte. Er würde hingehen, um zu gewinnen.
    Er lief zum Speisesaal-Gebäude und ging die letzten hundert Meter in langsamem Tempo. Er hörte aus der Senke hinter dem Speisesaal, wo das Karo lag, Gesang und Geschrei, es schienen sich viele Zuschauer eingefunden zu haben.
    Als er dort ankam, sah alles so aus, wie Pierre es beschrieben hatte. Die Dienstmädchen hingen aus den Fenstern. Die Leute aus der Abiklasse und die Ratis standen auf den besten Plätzen, der mit Gras bewachsene Hang auf der anderen Seite war mit der kompletten Mittelschule gefüllt. Er hielt Ausschau nach Pierres Gesicht und entdeckte es weit hinten. Aus einem plötzlichen Impuls heraus bahnte er sich einen Weg durch das buh rufende und höhnisch lachende Mittelschulpublikum, bis er vor Pierre stand.
    »Hier«, sagte er und nahm seine Armbanduhr ab. »Bitte, pass solange darauf auf.«
    Dann machte er kehrt und ging den Hang hinunter zum Karo. Als er fast dort eingetroffen war, kam ein Ratsmitglied auf ihn zu, das einen mit Silber beschlagenen Stab in der Hand hielt.
    »Hallo«, sagte das Ratsmitglied. »Du kommst immerhin pünktlich. Ich bin der Clubmeister und soll das Zeichen zum Kampfbeginn geben, stell dich hier hin und warte.«
    Dann schob er Erik an den Rand der Betonplatte, sodass Erik den Mittelschülern den Rücken zukehrte. Seine beiden Gegner standen ihm schräg gegenüber, mit dem Rücken zu den Gymnasiasten.
    Der Clubmeister trat auf die Platte und gebot Stille, indem er den Stab hob. Fast schlagartig verstummte das Gejohle und wich erwartungsvollem Gemurmel.
    »Also«, schrie der Clubmeister. »Wir haben hier einen Ehrenkampf und ich werde die Regeln erklären. Kein Zuschauer darf das Karo betreten, unter gar keinen Umständen. Komm jetzt her, Erik.«
    Erik stieg auf die Platte, und nun buhte das ganze Publikum und brüllte Spottverse.
    »Erik, ich ernenne dich hiermit zur Ratte von Stjärnsberg«, sagte der Clubmeister und schlug zweimal mit seinem Silberstab auf Eriks Schultern.
    Alles jubelte los und eine halbe Minute lang wurde ein Rattenvers gebrüllt. In dieser Zeit betrachtete Erik schadenfroh und überrascht seine Gegner. Sie trugen Ringe und Uhren, einer sogar ein Jackett. Wollte er das wirklich anbehalten? Sie trugen Halbschuhe, der eine, der mit dem Jackett, noch dazu welche mit Ledersohlen. Gürtel, langärmliges Hemd - das war der Typ ohne Jackett -, Pfeife in der Brusttasche des Jacketts, nahmen die die Sache denn überhaupt nicht ernst?
    »Und hier unsere beiden Strafpräfekten«, brüllte der Clubmeister, und die Gegner betraten die Zementplatte, hoben wie Boxer die Arme zu einer Siegergeste und spendierten dem Publikum ein paar flotte Sprüche, während der Jubel immer lauter wurde und ein Vers von einer Ratte, die es auf die Platte zu schmieren galt, einige Male wiederholt wurde.
    »Ich ernenne euch hiermit offiziell zu Strafpräfekten«, fuhr der Clubmeister fort und schlug den beiden mit dem Silberstab auf die Schultern, »und ich ermahne euch, eine gute Erziehungsleistung im wahren Geiste Stjärnbergs zu vollbringen. Wenn ich das Karo verlassen habe, darf es niemand mehr betreten, und der Kampf dauert an, bis eine Seite auf den Knien hinauskriecht. Der Kampf möge beginnen!«
    Wieder brach der Jubel los, und der Clubmeister stieg von der Platte und stellte sich in die erste Reihe der Abiturienten und Ratsmitglieder. Eriks Gegner hoben die Hände vors Gesicht und kamen auf ihn zu. Erik behielt die Hände in den Taschen und betrachtete seine Widersacher. Der größere und schmalere, ohne Jackett, hatte eine lange Nase, deren Bein direkt unter der Haut zu liegen schien. Der Typ im Jackett war um die Taille ein wenig zu dick, um sich rasch bewegen zu können. Aber sie hielten die Hände wie auf Boxerfotos aus den Dreißigerjahren, die rechte Faust vor den Mund, die linke in Mundhöhe gerade ausgestreckt. Es sah bescheuert aus. Und kämpfen konnten sie einwandfrei nicht. Also musste es möglich sein, ihnen Angst zu machen und zu gewinnen. Ihre Angst lag garantiert dicht unter der Oberfläche, man musste nur ein wenig daran herumkratzen. Natürlich machte es sie ein wenig unsicher, dass Erik sich nicht bewegte, sondern einfach mit den Händen in den

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