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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Arrestanten und ließ sie zum Schulgebäude marschieren, wo sie, nachdem sie durchsucht und ihrer unschicklichen Literatur beraubt worden waren, auf verschiedene Räume verteilt wurden. Auch die Klassenzimmer wurden auf eventuell versteckte Genussmittel hin untersucht. Als akzeptable Literatur galten neben der Bibel Schulbücher und Werke, die in einem nachweislichen Zusammenhang mit dem Unterricht standen. Es war verboten, im Arrest zu schlafen. Ab und zu wurden Stichproben gemacht und ertappte Schläfer zu einem weiteren Samstagsonntag verdonnert.
    Die im Paffloch verbliebenen Strafarbeiter verlegten sich aufs Schleimen. Es galt, sich eine erträgliche Aufgabe zuschanzen zu lassen. Erträgliche Aufgaben waren zum Beispiel das Harken von Wegen oder das Rasenmähen. Sie waren nicht anstrengend und außerdem ließ sich damit Zeit schinden. Unangenehme Arbeiten waren zum Beispiel das Anlegen von Entwässerungsgräben um den Fußballplatz oder von Schützengräben für die Heimwehr und das Errichten neuer Schießscheiben auf dem Schießplatz - das alles war harte Arbeit und ließ sich außerdem exakt nach Metern berechnen. Man konnte zwar eine Art Akkord vereinbaren, aber das hing vom wachhabenden Rati ab, der darauf eingehen musste, der aber auch Aufgaben erteilen konnte, die an einem Wochenende nicht zu bewältigen waren. Entscheidend für das alles war, in welcher Situation man sich sonst befand. Wer schleimte und für die Ratis den Clown spielte, bekam die leichten Arbeiten, wer als frech galt, die schweren oder hoffnungslosen.
    Das System zeigte sich, sobald die ersten Aufgaben verteilt waren. Erik machte sich keinerlei Illusionen, und wie erwartet durften die anderen sich bereits an ihre Arbeiten machen, als der Vizepräfekt sich zu ihm umdrehte und ihm befahl mitzukommen. Sie gingen zu der sandigen Fläche hinter dem Schießgelände.
    Der Rati zeichnete ein Quadrat auf den Boden und erklärte, die Grube solle exakt zwei mal zwei Meter groß und exakt zwei Meter tief werden. Am Nachmittag erfolge eine Inspektion. Maßband und Spaten lägen im Schuppen. Exakt zwei mal zwei mal zwei Meter, nicht eins Komma fünfundachtzig mal zwei mal zweinullfünf. Verstanden?
    Die Erde war ziemlich porös, aber Erik brauchte dennoch fünf Stunden mit nur wenigen kurzen Pausen, in denen er sich sagte, man könne das Ganze auch als Kraft-und Konditionstraining betrachten. Dann musste er allerdings von Zeit zu Zeit von rechts-auf linkshändig wechseln, sonst fing er sich noch Zerrungen, aber mindestens einen ordentlichen Muskelkater ein. Die Schwimmwettkämpfe standen bevor, es galt, vorsichtig zu sein. Er musste sich eine Axt holen, damit er die eine oder andere Tannenwurzel kappen konnte, und ein Stemmeisen für die großen Steine. Um Steine, die er nicht heben konnte, aus der Grube zu schaffen, musste er auf der einen Seite eine schräge Ebene nach oben anlegen, über die er die Steine mithilfe des Stemmeisens nach oben rollen konnte. Danach musste er die Ebene wieder abtragen und messen und regulieren, bis die Maße stimmten.
    Beim Mittagessen wurde er erst abgewiesen, weil er zu verschwitzt und dreckig war, aber er schaffte es, sich zu waschen, bevor es zum zweiten Mal klingelte und die Türen zum Speisesaal verschlossen wurden.
    Nach dem Mittagessen nahm er das Buch über Gandhi mit zur Grube, um zu lesen, während er auf die Inspektion wartete. Er war erst wenige Seiten weit gekommen, als der Vizepräfekt in Begleitung des Präfekten Bernhard, des Ratssekretärs und zweier weiterer Ratsmitglieder auftauchte. Erik erhob sich, sammelte sein Werkzeug ein und lehnte es gegen einen Baum. Er hielt nur den Spaten in der Hand, als die Inspektion ihren Anfang nahm.
    »Jaja«, sagte der Vizepräfekt, als er aus der Grube gesprungen war. »Scheint alles zu stimmen, Erik. Gute Arbeit.«
    Der Vizepräfekt kam auf ihn zu, klopfte ihm auf die Schulter und lächelte freundlich. Aber die Freundlichkeit war nicht echt, denn die anderen feixten hinter dem Rücken ihres Kameraden.
    »Und weißt du, welche Arbeit du jetzt bekommst?«
    »Nein, das weiß ich natürlich nicht«, antwortete Erik atemlos.
    »Nun, jetzt wirst du ›natürlich‹ die Grube wieder zuschaufeln. Die Steine wieder mit rein, damit sie nicht hier herumliegen und die Landschaft verschandeln. Inspektion in zwei Stunden.«
    Erik sah wie im Film, wie er den Spaten hob und ihn schräg über das Ohr und in den Nacken des Vizepräfekten knallte. Es war das gleiche Geräusch und das

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