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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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untersagt, mit dem Servierpersonal zu fraternisieren. Es ist den Schülern streng verboten, die Wohnbereiche des Servierpersonals zu besuchen. Findet ein solcher Besuch nachts oder nach Löschen des Lichtes statt, wird der Fall zur Entscheidung an den Rektor verwiesen.
    In solchen Fällen kann der Rektor den unverzüglichen Schulverweis verfügen.
    § 12 Ratsmitglieder werden in allgemeiner, geheimer Wahl ernannt. Präfekt, Vizepräfekt und Sekretär werden gesondert gewählt.
    Der Rektor teilt mit, welche Schüler für diese Ämter wählbar sind.
    Wahlen finden in jedem Schuljahr im Oktober statt. Die Mitglieder des Rates können auch neu gewählt werden.
    »Das Gesetz hat ganz schön viele Lücken«, sagte Erik.
    Er und Pierre hatten sich einige Stunden mit mathematischen Gleichungen beschäftigt, da eine Mathearbeit näher rückte. Die Sache sah für Erik nicht hoffnungslos aus, vielleicht würde er seine erste Mathearbeit seit anderthalb Jahren heil überstehen.
    Jetzt lagen sie in ihren Betten und lasen die Regeln für die Tätigkeit des Rats.
    »Tja, aber die fällen sowieso nur Urteile, die ihnen in den Kram passen, sie berufen sich gern auf die ›Praxis‹, die eben was anderes sei als der Buchstabe des Gesetzes.«
    »Aber schau her, wenn wir uns zum Beispiel vorstellen, dass ein Rati kommt und sagt, ich will dich durchsuchen. Wenn man sich dann weigert, hat man verstoßen gegen, mal sehen, gegen § 10, wo es heißt, dass man den Ratis gehorchen muss. Aber dann kann man doch nur wegen Befehlsverweigerung vergattert werden und nicht wegen Rauchens.«
    »Nein, so läuft das eben nicht. Denn wenn du unter § 8 nachsiehst, dann steht da was davon, dass jemand ›offenkundig geraucht‹ hat, und wenn man die Durchsuchung verweigert, dann gilt das als ›offenkundig geraucht‹ und man ist doch geliefert.«
    »Mm. Aber sieh mal hier, in § 10 werden Leute aus der Abiklasse und Ratis gleichgestellt. Wenn man sich also weigert, einem Rati zu gehorchen, dann ist das nicht schlimmer, als wenn man einem aus der Abiklasse nicht gehorcht.«
    »Nein, nicht, solange du unter siebzehn bist, denn dann können sie immer sagen, sie wollten bei dir eine Rauchkontrolle durchführen, und vor Rauchkontrollen kannst du dich nicht drücken, denn dann fliegst du, wenn du es mehrmals machst.«
    »Scheiße, das klingt logisch. Und § 13 ist knüppelhart: ›Ein Schüler, der ein Mitglied des Rates misshandelt oder einem Mitglied des Rates gegenüber zu Gewalt greift, wird unverzüglich von der Schule verwiesen. ‹ Aber was zum Teufel heißt ›oder zu Gewalt greift‹? Was es heißt, einen Rati zu misshandeln, kann ich mir denken, aber ›zu Gewalt greift‹ - heißt das, dass ich ihm eine Ohrfeige verpasse oder eins auf die Nase gebe oder was?«
    »Ich glaube, du solltest nicht versuchen, das herauszukriegen.«
    »Und die, die diese Gesetze verfasst haben, entscheiden auch darüber, wie sie ausgelegt werden. Nimm deine Plastiktüte, dann gehen wir in den Wald und verstecken deinen Rauchkram und üben verbotenes Rauchen, ja?«
    Aber am nächsten Tag tappten sie in die Falle.
    Der schwerste Augenblick beim verbotenen Rauchen kam dann, wenn Zigaretten oder Pfeife und Tabak ins Versteck gebracht werden mussten. Wer da in eine Kontrolle geriet, hatte keine Chance.
    Man musste sich also davon überzeugen, dass man von keinem Rati belauert wurde. Ab und zu kam das aber vor, sie brachen plötzlich aus dem Gebüsch und ertappten den Rauchsünder auf frischer Tat.
    Dann durfte man nicht nach Rauch riechen, wenn man aus dem Wald kam, und man durfte keine Tabakkrümel in der Tasche haben. Den Rauchgeruch konnte man mit Vademecum neutralisieren. Aber es war schon vorgekommen, dass ein Rati die Finger eines Rauchsünders beschnuppert und diesen dann unter Hinweis auf § 8 (›oder offenkundig geraucht hat‹) verurteilt hatte. Man musste einen dünnen Zweig mitnehmen und in der Mitte so durchbrechen, dass die Rinde noch zusammenhing, dann konnte man die Zigarette hineinklemmen und sich auf diese Weise vor Fingergeruch schützen.
    Das alles hatten sie beachtet, als sie aus dem Wald kamen und auf zwei Ratis stießen. Da sie nach Vademecum rochen, hielten die Ratis den Fall für gelaufen. Warum sollte man am helllichten Tag nach Vademecum riechen, wenn nicht, um Rauchgeruch loszuwerden? Also sollten Erik und Pierre bei der nächsten Ratssitzung verurteilt werden.
    Sie experimentierten danach eine Weile, wie man den Vademecumgeruch tilgen konnte, und

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