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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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startete demonstrativ zu spät. Und wenn sie ihm unerlaubte Wenden unterstellten? Unmöglich. Wie würde die Punktelage aussehen, wenn Wrede, der sich seit den fünfzig Freistil ausgeruht hatte, die dreihundert gewann und Erik Zweiter wurde und Lewenheusen Dritter? Wrede war zwar am Vortag der Zweitschnellste gewesen, aber niemand glaubte doch wohl, er könne Erik gegenüber mehr als zwanzig Sekunden aufholen? Und das wäre für Lewenheusen ja noch immer nicht genug. Oder hatten sie schon aufgegeben, wollten sie ihre Tricksereien doch nicht allzu offensichtlich werden lassen?
    Der Start ging gut, das Feld wurde nicht zurückbeordert. Doch dann legte Wrede in einem überaus seltsamen Tempo los. Erik versuchte erst, Schritt zu halten, beschloss dann aber, langsamer zu werden und sein eigenes Tempo zu schwimmen. Nach hundertfünfzig Metern war Wrede fertig und fiel zurück. Hatten die sich das so vorgestellt, hatten sie Erik auf den ersten hundert Metern zu einem Wahnsinnstempo zwingen wollen, bei dem er sich vorausgaben musste? Offenbar.
    Als Erik aus dem Becken stieg, badeten sechs Jungen in ihren Bahnen und warteten darauf, dass der vollkommen erschöpfte Lewenheusen seinen zweiten Platz holte. Sie tricksten also erfolglos bis zum bitteren Ende weiter. Schweine.
    »Also«, brüllte Berg in seinen Lautsprecher, »und hier haben wir den Gesamtsieger und Inhaber von drei neuen Schulrekorden, Erik aus der Dreifünf.«
    Es wurde still. Dann spärlicher Applaus aus den Mittelschulreihen.
    »Darf ich um Beifall für den Sieger bitten!«, brüllte Berg.
    Aber alles blieb still.
    Nun trat Berg an den Beckenrand und begann demonstrativ zu klatschen. Er klatschte allein fünf endlose Sekunden lang. Dann schloss der Rektor sich ihm an.
    Erik wollte schon aus der Halle gehen, als auch die Gymnasiasten applaudierten. Er schämte sich und bereute es, sich und Berg und die ganzen Wettkämpfe dem Betrug und der Trickserei ausgesetzt zu haben. May the best man win - zum Teufel. Hier in Stjärnsberg galten andere Gesetze und andere Regeln.
    Gleich nach dem Essen trat der Rat in Klasse 6 zusammen.
    Lewenheusen sah todmüde aus. Erik grinste ihn an, doch er wich seinem Blick aus und tat so, als vertiefe er sich in seine Notizen.
    »Sieh an«, sagte der Vorsitzende Bernhard von Schrantz. »Da hätten wir dich also wieder, Erik. Ich nehme an, du weißt, was dir in diesem Fall zur Last gelegt wird.«
    »Befehlsverweigerung in soundsoviel Fällen und darauf scheiße ich. Dann bin ich angeblich zum zweiten Mal beim Rauchen erwischt worden und dagegen will ich Einspruch erheben.«
    »Nicht diese unflätige Sprache dem Rat gegenüber, das sage ich dir jetzt zum letzten Mal.«
    »Ach, komm nicht wieder mit diesem verdammten Müll. Sag lieber die Anklagen auf.«
    »Ehe wir anfangen, können wir also zwei Samstagsonntage Arrest wegen ungehörigen Auftretens dem Rat gegenüber festhalten. Wenn der Sekretär das bitte notieren würde.«
    Der Sekretär notierte pflichtbewusst. Die mit Wasser gekämmten Ratsmitglieder saßen schweigend da, mit Mienen, die die Mitte zwischen Richtermasken und diskret gezeigter Feindseligkeit hielten. Erik fühlte sich überlegen. Die anderen mussten das Gerichtstheater spielen, das zwang sie zu einem gewissen Ritual, aus dem sie sich nicht befreien konnten.
    »Das wäre das«, sagte der Vorsitzende. »Wenn wir dann gleich zur Befehlsverweigerung kommen könnten. Würde der Vizepräfekt die Sache bitte darlegen.«
    Der Vizepräfekt erklärte »zur Einleitung«, dieser Fall sei ungewöhnlich »schwer wiegend«, denn es handele sich, falls man sich an die eingegangenen Klagen halten wolle, um zwölffache Gehorsamsverweigerung Leuten aus der Abiturklasse gegenüber. Es bestehe jedoch »Grund zu der Annahme«, dass die wirkliche Anzahl an Vergehen diese Zahl noch übertreffe, da mehrere Betroffene es offenbar für »wenig sinnvoll« gehalten hatten, ihre Klagen einzureichen. Was bei der »Festsetzung der Folgen« doch »besonders in Betracht gezogen werden« müsse.
    Danach leierte er die schriftlich eingereichten Klagen herunter. Und dann hatte der Vorsitzende das Wort.
    »Was hat der Angeklagte dazu zu sagen?«
    »Nichts Besonderes. Wie ich schon sagte, scheiße ich auf die Befehle der Leute aus der Abiturklasse und werde auch dann euren Befehlen nicht gehorchen, wenn sie von der Sorte sind, der ich gehorchen muss, um nicht wegen Rauchens mit Hinweis auf § 8 verknackt zu werden, die Sache mit dem offenkundige, ihr wisst

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