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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Lederumwickelung des Hockeyschlägers herum. Wenn man es sich überlegte, war das hier der glatte Wahnsinn. Er saß mit einem Hockeyschläger in der Hand in einem dunklen Zimmer, und mit diesem Hockeyschläger würde er irgendwann in den nächsten Stunden womöglich seine Zukunft zertrümmern. Was immer unter dieser »Zukunft« zu verstehen war. Zukunft bedeutete, es aufs Gymnasium zu schaffen und Abitur zu machen, sonst nichts. Wer kein Abitur machte, konnte nichts von dem werden, was man gern werden wollte, andererseits starb man auch nicht daran, das Leben war damit nicht zu Ende.
    Wenn sie ihn überwältigten, würde er misshandelt werden, aber irgendwann weit in der Zukunft würde das nur noch eine vage Erinnerung sein. Das Abitur war ein paar Stiftzähne und eine bucklige Nase wert.
    Aber Spott und Erniedrigung? Das Gesicht unter dem Jubel der Menge mit Kot eingeschmiert? Was wog das gegenüber einem Abitur in ferner Zukunft?
    Es fiel ihm nicht leicht, sich zu entscheiden. Die Vernunft sagte ihm, dass es vermutlich besser wäre, sich zu unterwerfen. Sein Gefühl sagte ihm, dass das unmöglich war. Aber musste er sich überhaupt entscheiden? Wenn sie sich auf welche Weise auch immer Zutritt zum Zimmer verschaffen konnten, war er so oder so geliefert.
    Das Schweigen und der Regen gegen die Fensterscheibe.
    War es ein Fehler gewesen, das Fenster zu verriegeln? Im Magazin der Heimwehr gab es Rauchbomben. Was sollten sie machen, wenn die Ratis eine Rauchbombe durchs Fenster warfen? In fünf oder zehn Sekunden wäre es in dem kleinen Zimmer nicht mehr auszuhalten.
    »Schläfst du, Pierre?«
    »Du spinnst, meinst du wirklich, ich könnte schlafen wie in einer ganz normalen Nacht?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur, was, wenn sie eine Rauchbombe aus dem Magazin der Heimwehr haben? Dann können sie uns ausräuchern.«
    »Haben sie nicht. Sie rechnen ja nicht damit, dass es schwer wird, in unser Zimmer einzudringen.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber sie könnten sich immer noch eine holen.«
    »Ach was. Mitten in der Nacht Biber wecken und höflich darum ersuchen, die Räumlichkeiten der Streitkräfte betreten zu dürfen, weil sie sich bewaffnen müssen, um in der Klosternacht gewissen, nicht näher bezeichneten Unfug anzustellen? Was?«
    Sie lachten zum ersten Mal.
    »Nein, du hast sicher Recht. Vermutlich sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, und einbrechen können sie in den Waffenschuppen auch nicht. Aber falls, ich sage nur, falls, dann musst du bereit sein, die Rauchbombe aufzuheben, ein Fenster einzuschlagen und sie ganz schnell rauszuwerfen. Sonst enden wir hier drinnen wie Bücklinge.«
    »Wie Räucherdorsch, meinst du?«
    Wieder lachten sie.
    Dann die Stille und der Regen gegen das Fenster und der Wind draußen. Unbarmherzig schlich die Zeit.
    »Es ist bestimmt besser, wenn wir immer weiter reden«, sagte Erik nach einer Weile. »Wir müssen flüstern. Wenn sie kommen, sollen sie glauben, dass wir zumindest vor uns hin dösen. Worüber wollen wir reden? Lieber über was anderes als das, was passiert, wenn … du weißt schon.«
    »Wir können zum Beispiel über Polyphem reden. Ich glaube, dass Polyphem ein Symbol für das Böse ist, was meinst du?«
    Erik war nicht dieser Ansicht - anfangs einfach der Diskussion zuliebe. Erstens war ein »Symbol« doch wohl nichts, woran Homer selber dachte, als er von Polyphem erzählte. Heutzutage, wo man weiß, dass es keine Riesen oder einäugige Zyklopen gibt, sieht man das vielleicht anders. Aber musste Homer nicht geglaubt haben, dass die vielen Gestalten der griechischen Mythologie wirklich existierten? Wenn man glaubte, dass Zeus und Aphrodite und Poseidon existierten, dann war es doch wohl ebenso wahrscheinlich, dass es Zyklopen gab. Also war Polyphem kein Symbol für irgendetwas, sondern für Homer ebenso wirklich wie Silverhielm für sie, hier, in diesem Moment in der Dunkelheit.
    Aber warum war Polyphem dann böse?
    War er eigentlich so böse, wenn man es sich genauer überlegte? Er hatte Männer aus Odysseus’ Besatzung verspeist, weil sie ihm geschmeckt hatten, und nicht, um gemein zu ihnen zu sein.
    Für Polyphem war es natürlich und sozusagen »menschlich«, ein einäugiger Riese zu sein, der Riesenschafe hütete - die Schafe mussten doch groß gewesen sein, wenn Odysseus und seine Männer sich unter ihre Bäuche hängen konnten? -, und die kleinen Menschen, die kamen und seine Schafe verzehrten, waren für ihn wahrscheinlich Vieh stehlende

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