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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Zimmer war, wenn sie kamen? Denn wenn Pierre im Zimmer war und sie es schafften einzudringen, war alles verloren, dann würden sie sich nicht nur mit Erik amüsieren. Wenn Pierre aber anderswo wäre, würden sie sich wohl kaum auf die Suche nach ihm machen. Jakobsson vier Türen weiter hatte Masern oder so was und lag im Krankenzimmer. Also gab es dort ein freies Bett. Der Zimmerkamerad würde keine Einwände erheben, wenn man um Nachtquartier ersuchte. Pierre könnte sich in Jakobssons Bett legen.
    Pierre setzte sich im Bett auf, schob ein Lesezeichen ins Buch und legte es dann auf den Schreibtisch.
    »Nein«, sagte er endlich. »So nicht, ich meine, so machen wir das nicht.«
    Er überlegte eine Weile, dann fügte er hinzu: »Du bist mein bester Freund, Erik, deshalb werde ich nirgendwo anders schlafen gehen.«
    Erik zögerte. Pierre hatte sich sehr energisch angehört.
    »Abgemacht«, sagte Erik. »Und was auch passiert, du bist der beste Kumpel, den ich je gehabt habe. Du hast Mut, du kleiner Arsch. Wenn ich nur daran denke, wie du bei der blöden Bajonettübung Biber fertig gemacht hast.«
    »Ach«, sagte Pierre. »Man muss doch Prinzipien haben. Das muss man. Und jetzt gehen wir in den Waschraum und bringen die Sache hinter uns?«
    Als sie aus dem Waschraum zurückkamen, schob Erik den gemeinsamen Schreibtisch vor die Tür. Der Schreibtisch passte genau in den schmalen freien Raum zwischen Tür, Wand und Kleiderschrank. Er war ziemlich hoch und bedeckte mehr als die halbe Tür. Das sah gut aus. Erik zog den Tisch noch einmal zurück, um im Kleiderschrank nach einem Hockeyschläger zu suchen, den Pierre dort irgendwo verkramt hatte.
    Erik wiegte den Hockeyschläger in der Hand, packte ihn dann mit beiden Händen und probierte einige Schläge in Richtung Türrahmen. Das sah auch gut aus. Man musste von schräg oben schlagen, damit der Schlag nicht die Garderobe oder die Wand traf, aber es gab ausreichend Manövrierraum.
    Die Wandtäfelung gegenüber der Garderobentür wies eine ziemlich kräftige Vertiefung auf, ungefähr wie bei einem ins Holz eingelassenen Türspiegel. Dort verkeilten sie zwei hölzerne Schuhspanner und testeten das Ergebnis, als sie den Schreibtisch wieder zurückgeschoben hatten. Die Schuhspanner hielten den Schreibtisch so fest, dass er nicht ins Zimmer geschoben oder gekippt werden konnte. Sie arbeiteten bei heruntergelassenem Rollo für den Fall, dass jemand draußen im Regen stand und ihnen bei den Vorbereitungen auf die Nacht zusehen wollte.
    Mithilfe der Zange klemmten sie noch einige Kleidungsstücke um die Schuhspanner, bis der Tisch felsenfest verankert war und die Schuhspanner nicht die Täfelung zerkratzen konnten, wenn der Tisch attackiert wurde (jegliche während der Klosternacht entstandenen Schäden waren von den Geklosterten zu bezahlen, so wollte es die Tradition).
    Erik schob den Sessel nach vorn, lehnte den Hockeyschläger daran und warf ein Kissen in den Sessel. Damit waren die Vorbereitungen beendet. Bald würde es halb zehn sein und die Klosternacht beginnen. Erik trat einen Schritt zurück und betrachtete das Arrangement.
    »Gut«, sagte er. »Sie haben nur einen knappen Quadratmeter, durch den sie einsteigen können. Das ist wie diese griechische Schlacht, als der Feind über einen Pass musste, und der Pass war so eng, dass er von nur zwei Mann verteidigt werden konnte.«
    »Ja, aber die konnten nicht von der Schule fliegen, wenn sie den Feind verletzten.«
    »Das nicht, aber unser Feind weiß nicht, ob ich fliegen will oder nicht.«
    Pierre gab keine Antwort. Er schlug sein Buch an der Stelle auf, an der das Lesezeichen steckte, und las:
    » Zerstückelte dann Glied für Glied sie und beging seine Mahlzeit,
    verschlang sie und schluckte, gleich einem Leu von den Bergen,
    Fleisch, Eingeweide, Gedärm, Gebein und die markvollen
    Knochen.«
    »Weißt du, was das ist?«, fragte Pierre.
    »Ja, ich hab das Buch ja gesehen, hab’s voriges Wochenende sogar selbst gelesen. Das ist die Szene beim Riesen Polyphem. Aber Odysseus und seine Leute haben einen Pflock zum Glühen gebracht und ihn dann in das Auge des Zyklopen gebohrt.«
    »Wir sind eingeschlossen, fast wie in einer Höhle.«
    »Und in der schmalen Höhlenöffnung wacht Polyphem, meinst du?«
    »Ja, so ungefähr. Polyphem ist eigentlich ein Symbol für das Böse.«
    »Gefährlich, aber auch dumm, nicht? ›Niemand‹ hat mir das Auge durchbohrt. Darum kamen die anderen Zyklopen ihm erst zu Hilfe, als es zu spät

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