Evil - Das Böse
Mann, du hast also keine Chance.«
»Nein. Das sieht düster aus. Was glaubst du, was sie tun werden?«
»Daran will ich lieber gar nicht denken.«
»Nein, aber was glaubst du?«
»Wir haben doch den ganzen Tag das Gerede gehört. Hast du Angst?«
»Ja.«
»Sogar du gibst zu, dass du Angst hast, das hätte ich niemals erwartet.«
»Ach, Pierre, vor einem Kampf hat man immer Angst. Mehr oder weniger vielleicht, aber Angst hat man fast immer.«
»Ja, aber du hast so was doch schon mal mitgemacht, ich meine, einen Kampf, den du nur verlieren kannst?«
»Ja, mit meinem Vater, du weißt schon, aber das hier ist was anderes. Nein, so wie jetzt war es noch nie. Wir müssen uns was überlegen, wir haben noch genau zwei Stunden. Was machen sonst die, die geklostert werden sollen?« »Die gehen ganz normal ins Bett. Und dann warten sie natürlich. Ich weiß sogar von welchen, die dabei eingeschlafen sind. Ich bin auch geklostert worden, als ich neu war.«
»Was, du auch?«
»Mm.«
»Und was haben sie gemacht?«
»Nichts Besonderes, sie haben mich einfach unter die Dusche geschleppt, ich war offenbar nicht sonderlich frech gewesen.«
»Aber wenn du nur dieses eine Mal geklostert worden bist und dann nie wieder, dann werden sie dich diesmal doch auch nicht anrühren?«
»Ich weiß nicht. Du kennst doch Silverhielms Gequatsche über unsere ›unterirdische Wühlarbeitc, du weißt schon. Aber auch wenn ich eins vor den Latz kriege, dann wird es bestimmt nicht … ich meine, denen geht es doch um dich.«
»Mm. Meinst du, man kann um diese Zeit in den Werkraum kommen? Haben alle Lehrer dazu den Schlüssel?«
»Ja, wieso, willst du dir eine Axt besorgen oder so?«
»Nein, nur ein paar Kleinigkeiten, ich bin gleich wieder da.«
Erik ging zu Tosse Berg und klingelte.
»Hallo«, sagte er. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
Tosse Berg ließ ihn ein und zog fast gleichzeitig die Tür zu, machte dann aber allerlei Ausflüchte. Die Lehrer dürften sich nicht einmischen, es sei eine verdammte Unsitte, unsportlich und feige, aber ein einfacher Sportlehrer könne nicht viel daran ändern. Erik erklärte, es sei nicht so gemeint gewesen, er wolle ihn nur um einen kleinen Gefallen bitten. Ob er ihm wohl die Schlüssel für den Werkraum leihen könnte?
Tosse Berg zögerte. Unter einer Bedingung, und zwar, dass Erik ihm ehrlich sagte, was er dort holen wollte. Ja, sicher, er brauche nur ein bisschen Stahldraht und eine Flachzange, sonst wirklich nichts.
Ehrenwort, sonst nichts? Nein, Ehrenwort, sonst nichts. Und dürfe man fragen, wozu er diese Sächelchen brauche?
»Das können Sie sich bestimmt denken. Sie müssen doch verstehen, dass ich mich nicht so leicht geschlagen geben will.«
»Nein, das habe ich auch nicht angenommen, aber was willst du mit dem Kram?«
»Fragen Sie nicht, dann haben Sie mit der Sache auch nichts zu tun. Ich werde jedenfalls keinen Rati misshandeln, ich will ja nicht fliegen, außerdem haben wir mit der Schulmannschaft noch allerlei zu erledigen, stimmt’s?«
»Du bist ein Kämpfer, Erik. The whole world loves a fighter, tja, nur nicht hier in Stjärnsberg. Viel Glück.«
Tosse Berg packte Eriks Hand und gab ihm die Schlüssel. Zehn Minuten darauf kehrte Erik mit Stahldraht und Zange zurück ins Zimmer. Pierre lag noch immer mit der »Odyssee« auf dem Bett.
Erik trat ans Fenster und wickelte Stahldraht um die Fensterhaken. Dann zog er energisch und sorgfältig mit der Zange am Draht und kniff die hervorstehenden Enden ab.
»Wozu soll das gut sein?«, fragte Pierre.
»Wir wohnen fast auf Bodenniveau, und es führen genau zwei Wege ins Zimmer. Man braucht nur zwei kleine Fensterscheiben einzuschlagen, dann kann man die Hand hereinschieben und die Haken lösen und durchs Fenster einsteigen, wenn die Tür blockiert ist. Von jetzt an gibt es nur noch einen Weg herein.«
»Du kannst dich aber trotzdem nicht gegen sie wehren. Du darfst keinen Rati verletzen, weil du nicht fliegen willst, und jetzt kommen sämtliche Ratis auf einmal.«
»Mm. Das weißt du. Aber die wissen das nicht, und sie haben ein bisschen Angst, genau wie du und ich. Komm, wir gehen in den Waschraum, danach will ich nämlich unser Zimmer ummöblieren.«
»Wie willst du dich wehren, ohne dich zu wehren?«
»Das ist genau das Problem. Wir haben noch gut eine Stunde, bevor die Nacht losgeht, und vorher gibt es noch was zu erledigen.«
Er musste Pierre noch eine Frage stellen. Wäre es vielleicht besser, wenn Pierre gar nicht im
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