Evil
sehr real und lebensecht. Das Papier schien noch stark durch, und man hatte den Eindruck eines sonnig hellen Tages.
Das Bild zeigte einen Jungen an einem munter fließenden Bach, der mit dem Bauch auf einem großen, flachen Stein liegt und ins Wasser späht, und dahinter überall Bäume und Himmel.
13
Ich brachte es zum Dog House, um es rahmen zu lassen. Das Dog House war eine Tierhandlung mit Hobbyabteilung. Im Schaufenster hatten sie Beaglejunge, Pfeil und Bogen, Hula-Hoop-Reifen, Modellbaukästen, hinten war die Rahmenwerkstatt, und dazwischen kamen die Fische, Schildkröten, Schlangen und Kanarienvögel. Der Mann sah sich das Bild kurz an. »Nicht schlecht.«
»Kann ich es bis morgen haben?«
»Siehst du hier jemanden, der uns die Bude einrennt?« Der Laden war leer. Die Filiale der 2-Guys-From-Harrison-Kette oben an der Route 10 vermieste ihm das Geschäft. »Du kannst es heute Abend abholen, so um halb fünf.«
Ich war um viertel nach vier da, aber es war schon fertig. Ein schöner mahagonifarben eingelassener Rahmen aus Kiefernholz. Er wickelte das Bild in braunes Papier.
Es passte perfekt in einen der beiden Körbe hinten an meinem Rad.
Als ich nach Hause kam, war das Abendessen schon fast fertig, und ich musste warten, bis der Schmorbraten, die grünen Bohnen und das Kartoffelpüree mit Soße verspeist waren. Danach musste ich noch den Müll rausbringen.
Dann ging ich rüber.
Aus dem Fernseher plärrte die Titelmelodie von Vater ist der Beste, die Serie, die ich am wenigsten mochte, und zum millionsten Mal hüpften Kathy, Bud und Betty mit strahlendem Gesicht die Treppe herunter. Ich roch die Frankfurter und Bohnen und das Sauerkraut. Ruth saß auf ihrem Sessel und hatte die Beine auf dem Fußkissen. Donny und Willie fläzten nebeneinander auf der Couch. Woofer lag auf dem Bauch und so nahe beim Fernseher, dass man um sein Gehör bangen musste. Susan schaute von einem Stuhl im Esszimmer aus zu, und Meg machte den Abwasch.
Susan lächelte mich an. Donny winkte nur und wandte sich wieder dem Bildschirm zu.
»Hi«, sagte ich, »bleibt ruhig sitzen.«
Ich hob das mit braunem Papier verpackte Bild hoch.
»Was hast du denn da, Kumpel?«, fragte Donny.
»Die Mario-Lanza-Platten, die du wolltest.«
Er lachte. »Armleuchter.«
Jetzt war auch Ruth aufmerksam geworden.
Ich nahm mir vor, nicht lange zu fackeln.
In der Küche wurde das Wasser abgedreht. Ich drehte mich um und sah Meg, die sich die Hände an der Schürze abwischte und mich anschaute. Ich lächelte ihr zu, und sie wusste wahrscheinlich sofort, was ich vorhatte.
»Ruth?«
»Ja? Ralphie, mach mal den Fernseher leiser. So ist es gut. Was ist, Davy?«
Ich trat zu ihr. Über die Schulter warf ich Meg einen Blick zu. Sie kam durch das Esszimmer auf mich zu. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Lippen formten ein stummes Nein.
Das war halb so wild. Sie war eben schüchtern. Wenn Ruth das Bild erst gesehen hatte, war alles in Ordnung.
»Ruth, das ist von Meg.«
Ich hielt es ihr entgegen.
Sie lächelte erst mich und dann Meg an, als sie es in die Hand nahm. Woofer hatte Vater ist der Beste jetzt sehr leise gedreht, und man hörte das Rascheln des steifen Papiers, als sie es abstreifte. Das Papier fiel zu Boden. Sie schaute auf das Bild.
»Meg!«, sagte sie. »Wo hast du denn das Geld für so was her?«
Es war ihr deutlich anzusehen, dass es ihr gefiel.
Ich lachte. »Nur der Rahmen hat was gekostet. Sie hat es selbst gemalt, für dich.«
»Wirklich? Meg hat das gemalt?«
Ich nickte.
Donny, Woofer und Willie drängten sich um uns, um einen Blick darauf zu werfen.
Susan glitt von ihrem Stuhl. »Wie schön!«
Ich schielte hinüber zu Meg, die immer noch nervös im Esszimmer wartete.
Ruth starrte das Bild an. Es kam mir ziemlich lange vor.
Dann sagte sie. »Nein, sie hat es nicht für mich gemalt. Erzähl mir keine Geschichten. Sie hat es für dich gemalt, Davy.«
Sie lächelte. Das Lächeln war irgendwie komisch. Und jetzt wurde ich auch nervös.
»Schau doch, ein Junge auf einem Stein. Natürlich ist es für dich.«
Sie gab es mir zurück.
»Ich will es nicht.«
Ich war verwirrt. Ich war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass Ruth das Geschenk ablehnen könnte. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich machen sollte. Ich stand einfach nur da mit dem Bild in der Hand und schaute es an. Es war schön.
Dann wollte ich das Ganze erklären.
»Aber es ist wirklich für dich, Ruth. Ehrlich. Verstehst du, wir haben darüber
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