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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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jetzt verdrehte er ihn. Sie krümmte sich.
    »Willie hat Recht«, sagte Ruth. »Es ist schade. Komm schon, Meg, kämpfe. Wehr dich.«
    Willie drehte. Ächzend vor Schmerz zuckte sie zusammen und schüttelte ein drittes Mal den Kopf.
    »Ich glaube, sie will einfach nicht«, befand Ruth. »Die will heute überhaupt nicht machen, was ich ihr sage.«
    Sie schüttelte die Hand, die Meg gebissen hatte. Von meinem Stuhl aus konnte ich nur einen roten Fleck erkennen. Meg hatte nicht einmal die Haut aufgerissen.
    »Lass sie los.«
    Willie gab ihren Arm frei. Weinend sackte Meg zusammen.
    Ich konnte es nicht mehr mit ansehen und schaute weg.
    Da sah ich Susan im Flur, die sich an die Wand stützte und mit erschrockenem Gesicht um die Ecke schaute. Die Augen wie gebannt auf ihrer Schwester.
    »Ich muss jetzt gehen.« Meine Stimme kam mir seltsam dumpf vor.
    »Und was ist mit dem Bach?« Willie klang enttäuscht. Der Trottel. Als wäre gar nichts passiert.
    »Später. Ich muss jetzt gehen.«
    Ruths Blick lag auf mir.
    Ich stand auf. Ich brachte es nicht fertig, an Meg vorbeizugehen. Stattdessen nahm ich den Weg an Susan vorbei zur Eingangstür. Sie schien mich überhaupt nicht zu bemerken.
    »David.« Ruths Stimme war ganz ruhig.
    »Ja?«
    »Das war ein Streit in der Familie, wie man so schön sagt. Nur zwischen uns hier. Du hast alles gesehen. Aber was hier passiert ist, geht nur uns etwas an. Ist das klar? Hast du verstanden?«
    Ich nickte zögernd.
    »Guter Junge. Ich hab gewusst, dass du ein guter Junge bist. Dass du das verstehst.«
    Ich ging hinaus. Es war ein heißer, schwüler Tag. Drinnen war es kühler gewesen.
    Ich lief rüber zu den Bäumen am Ende der Straße. Vom Weg zum Bach aus stapfte ich in den tiefen Wald hinter dem Haus der Morinos.
    Hier war es kühler. Es roch nach Kiefern und Erde.
    Immer wieder sah ich Meg vor mir, zusammengesunken und weinend. Und dann sah ich sie, wie sie Ruth ruhig in die Augen sah und nein zu ihr sagte. Aus irgendeinem Grund wechselten sich diese Bilder mit der Erinnerung an einen Streit ab, den ich Anfang der Woche mit meiner Mutter gehabt hatte. »Du bist genau wie dein Vater«, hatte sie gesagt. Ich hatte schlecht reagiert. Nicht annähernd so gefasst wie Meg. Ich hatte den Kürzeren gezogen und getobt vor Wut und Hass. Mit einer Art Distanz dachte ich jetzt darüber nach und dann über all das, was heute passiert war.
    Es war ein unglaublicher Vormittag gewesen.
    Aber irgendwie schien sich alles gegenseitig aufzuheben.
    Ich lief durch den Wald.
    In mir war jedes Gefühl abgestorben.
     

20
    Von meinem Haus konnte man durch den Wald zum Cozy Snacks kommen, wenn man den Bach beim Felsen überquerte und am anderen Ufer an zwei alten Häusern und einer Baustelle vorbeiging. Auf diesem Weg kam ich am nächsten Tag nach Hause, in der Hand eine Papiertüte mit einem Three-Musketeers-Schokoriegel, einem Stück rote Lakritze und einem Fleer's Double Bubble – die ich in Erinnerung an Meg tatsächlich bezahlt hatte –, als ich Meg schreien hörte.
    Ich wusste, dass sie es war. Es war nur ein Schrei. Er hätte von irgendjemand sein können, aber ich wusste es.
    Leise schlich ich mich am Ufer weiter.
    Sie stand am Felsen. Willie und Woofer hatten sie wohl mit der Hand im Wasser überrascht, denn der Ärmel war hochgerollt. Die Wassertropfen standen in kleinen Perlen auf ihrem Unterarm, und man sah die lange, blasse Narbe wie einen pulsierenden Wurm auf ihrer Haut.
    Sie bewarfen sie mit Dosen aus dem Keller, und Woofer zumindest hatte gut gezielt.
    Doch Willie wollte auch den Kopf treffen.
    Ein schwierigeres Ziel. Seine Würfe gingen alle vorbei.
    Woofer dagegen traf sie erst am bloßen Knie und dann, als sie sich abwandte, mitten auf dem Rücken.
    Sie drehte sich wieder vor und sah, dass sie nach den Erdnussbuttergläsern griffen. Woofer schleuderte eins in ihre Richtung.
    Zu ihren Füßen zerbarst Glas, und die kleinen Splitter spritzten ihr über die Beine.
    So ein Geschoss hätte sie schwer verletzen können.
    Sie hatte keine andere Möglichkeit, als in den Bach zu steigen. Das steile Ufer auf meiner Seite hätte sie nicht hinaufklettern können, zumindest nicht schnell genug. Es blieb nur der Bach.
    Sie trat ins Wasser.
    Die Strömung an diesem Tag war stark, und der Grund des Baches war mit moosigen Steinen bedeckt. Ich sah, wie sie ausrutschte und hinfiel, während wieder ein Glas auf einem Stein zerdepperte. Nass bis zu den Schultern und nach Luft schnappend, riss sie sich hoch und

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