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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Spiel.
     
    Sie schaute furchtbar aus. Sie hatte wunde Stellen im Gesicht, und es war unverkennbar, dass sie daran gekratzt hatte, weil zwei verschorft waren. Ihr Haar war fettig, stumpf und mit Schuppen übersät. Das dünne Baumwollhemd sah aus, als würde sie schon seit Tagen darin schlafen. Und jetzt war ich sicher, dass sie Gewicht verloren hatte. Man sah es in ihrem Gesicht – die Augen eingefallen, die Haut gespannt um die Wangenknochen.
    Sie saß in einem Klappstuhl vor Meg und rauchte wie üblich. Neben ihr lag auf einem Pappteller ein halb gegessenes Thunfischsandwich, das sie als Aschenbecher benutzte. Zwei Tareytonkippen ragten aus dem durchweichten Weißbrot.
    Sie schaute wie gebannt zu, nach vorn gebeugt, die Augen zusammengekniffen. So sah sie immer aus, wenn sie sich im Fernsehen ihre Quizsendungen anguckte, wie zum Beispiel Twenty-One. Erst letzte Woche war der Englischlehrer Charles Van Doren aus Columbia als Betrüger beschimpft worden, weil er bei der Sendung 129 000 Dollar gewonnen hatte. Ruth war untröstlich gewesen. Als wäre sie selbst betrogen worden.
    Jetzt beobachtete sie Meg mit der gleichen Intensität wie Van Doren in seiner schalldichten Kabine.
    Sie spielte mit.
    Während Woofer mit dem Taschenmesser vor Meg herumfuchtelte.
    Sie hatten ihr wieder die Arme nach oben gebunden, und sie stand angestrengt auf den Zehen. Vor ihr lagen verstreut mehrere Bände World Book. Sie war nackt. Sie war schmutzig und hatte blaue Flecken. Unter der Schweißschicht war jetzt deutlich die Blässe ihrer Haut zu erkennen. Doch das alles spielte keine Rolle. Es hätte vielleicht wichtig sein müssen, aber es war nicht wichtig. Einen Augenblick lang zog mich der Zauber – der kleine, grausame Zauber, sie so zu sehen – wieder ganz in seinen Bann.
    Sie war alles, was ich über Sex wusste. Alles, was ich über Grausamkeit wusste. Einen Moment lang spürte ich es in mir hochschwappen wie einen berauschenden Wein. Ich gehörte wieder zu ihnen.
    Und dann schaute ich Woofer an.
    Eine Miniausgabe von mir oder von dem, wozu ich fähig war, mit einem Messer in der Hand.
    Kein Wunder, dass Ruth sich konzentrierte.
    Auch Willie und Donny waren konzentriert, und niemand sagte ein Wort. Ein Messer war kein Riemen, kein Gürtel und auch kein heißer Wasserstrahl, ein Messer konnte schwere, bleibende Verletzungen verursachen, und Woofer war noch so klein, dass er das nicht voll verstanden hatte. Er wusste zwar, dass eine Verletzung oder sogar der Tod möglich war, aber die Folgen hatte er nicht begriffen. Sie liefen auf dünnem Eis, und sie wussten es. Trotzdem ließen sie es zu. Sie wollten, dass es passierte. Sie wollten erziehen.
    Auf solche Lektionen konnte ich verzichten.
    Bis jetzt war noch kein Blut geflossen, doch mir war klar, dass es bald so weit sein konnte. Es war nur eine Frage der Zeit. Trotz Knebel und Augenbinde war zu sehen, dass Meg schreckliche Angst hatte. Ihre Brust und ihr Bauch hoben sich in ruckartigen Atemzügen. Die Narbe auf ihrem Arm zeichnete sich ab wie ein gezackter Blitz.
    Er stocherte an ihrem Bauch herum. Auf den Zehenspitzen stehend konnte sie ihm nicht ausweichen. Sie zuckte nur krampfhaft in den Schnüren. Kichernd piekte Woofer sie unter dem Nabel.
    Ruth begrüßte mich mit einem Nicken und zündete sich noch eine Tareyton an. Ich erkannte den Trauring von Megs Mutter, der lose an ihrem Ringfinger hing.
    Woofer ließ die Klinge über Megs Brustkasten gleiten und drückte ihr die Spitze in die Achselhöhle. Seine Bewegung war so schnell und achtlos, dass ich jeden Moment mit einem Blutfaden an ihren Rippen rechnete. Doch sie hatte noch mal Glück. Aber ich sah etwas anderes.
    »Was ist das?«
    »Was?«, fragte Ruth zerstreut.
    »An ihrem Bein.«
    Auf dem Schenkel, direkt über dem Knie war ein rotes keilförmiges Mal, ungefähr fünf Zentimeter groß.
    Sie paffte ihre Zigarette, ohne zu antworten.
    Willie tat es an ihrer Stelle. »Mom hat gebügelt. Sie hat sich aufgeführt, und da hat ihr Mom das Bügeleisen nachgeschmissen. Die Haut ist ein bisschen abgegangen, nicht schlimm. Nur dass jetzt das Bügeleisen kaputt ist.«
    »Von wegen nicht schlimm«, sagte Ruth.
    Sie meinte das Bügeleisen.
    Inzwischen fuhr Woofer mit dem Messer wieder nach unten zu Megs Bauch. Und diesmal ritzte er sie direkt unter dem Brustkasten.
    »Hoppla.« Er drehte den Kopf nach hinten zu Ruth.
    Ruth stand auf.
    Sie nahm einen Zug von der Zigarette und schnippte die Asche weg.
    Dann ging sie

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