Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
kriegen.«
    Und so war es auch.
     

41
    Als es vorbei war und sie mit Alkohol abgetupft worden war, ging ich zu ihr, um zu sehen, was sie gemacht hatten. Nicht erst eben, sondern seit letzter Nacht.
    Den ganzen Tag war ich noch nicht so nahe bei ihr gewesen.
    Sie hatten ihr den Knebel herausgezogen, weil sie genau wussten, dass sie viel zu schwach zum Reden war. Ihre Lippen waren ganz aufgedunsen. Ein Auge war rot und violett und fast zugeschwollen. Ich sah drei oder vier Brandflecken von einer Zigarette auf ihrer Brust und auf dem Schlüsselbein und einen auf der Schenkelinnenseite. Die dreieckige Verbrennung von Ruths Bügeleisen war eine einzige offene Blase. An den Rippen und Armen und über den Waden und Schenkeln war sie übersät mit blauen Flecken und Schnittwunden, die ihr Willie beigebracht hatte.
    Und die Worte waren auch noch da.
    ICH FICKE FICK MICH
    In fünf Zentimeter hohen Buchstaben. Alles Großbuchstaben. Halb eingebrannt und halb eingeschnitten in die Haut über ihrem Magen.
    Es sah aus wie die zittrige, zögernde Handschrift eines sechsjährigen Schuljungen.
    »Jetzt kannst du nicht mehr heiraten«, stellte Ruth fest. Sie saß wieder rauchend auf ihrem Stuhl, hatte die Knie umklammert und wiegte sich hin und her. Willie und Eddie waren nach oben gegangen, um sich ein Cola zu holen. Im Bunker stank es nach Rauch und Schweiß und Alkohol. »Verstehst du, Meggy, das bleibt dir jetzt für immer. Du kannst dich nicht mehr ausziehen. Für niemanden. Nie mehr. Weil sie sonst die Worte sehen.«
    Ich schaute hin und erkannte, dass es stimmte.
    Ruth hatte sie verändert.
    Fürs ganze Leben.
    Die Brandwunden und Prellungen würden vergehen, doch das würde bleiben und, wenn auch vielleicht nur schwach, selbst in dreißig Jahren noch zu lesen sein. Jedes Mal, wenn sie nackt vor jemandem stand, würde sie daran denken und es erklären müssen. Bei jedem Blick in den Spiegel würde sie es sehen und sich erinnern.
    Dieses Jahr war in der Schule eine Vorschrift eingeführt worden, die besagte, dass die Schüler nach dem Sportunterricht duschen mussten. Wie sollte sie das hinkriegen in einem Raum voller Teenagerinnen?
    Ruth machte sich keine Sorgen. Für sie war Meg nun eine Art Schützling.
    »Jetzt bist du besser dran, wirst schon sehen. Kein Mann wird dich wollen. Du wirst keine Kinder kriegen. Das ist viel besser für dich. Du hast Glück. Hast du gemeint, dass es gut ist, wenn du niedlich bist? Und sexy? Glaub mir, Meggy, eine Frau ist viel besser dran in dieser Welt, wenn sie ekelerregend ist.«
    Eddie und Willie kamen lachend mit einem Sixpack Cola herein und verteilten die Flaschen. Ich nahm eine und musste mich anstrengen, damit sie nicht zitterte in meiner Hand. Das schwache, süßliche Karamellaroma stieg mir in die Nase. Ein Schluck, und ich würde kotzen. Seit es angefangen hatte, hatte ich mich zusammengerissen.
    Donny nahm kein Cola. Er stand neben Meg und schaute auf sie hinunter.
    »Du hast Recht, Ma. Das verändert alles. Was wir geschrieben haben, meine ich. Irgendwie seltsam.«
    Er versuchte dahinterzukommen. Schließlich hatte er es gefunden.
    »Sie ist nichts Besonderes mehr.«
    Er klang zugleich überrascht und erleichtert.
    Ruth lächelte. Das Lächeln war dünn und zittrig.
    »Siehst du? Ich hab's dir doch gesagt.«
    Eddie lachte, kam herüber und trat sie in die Rippen. Meg ächzte nur schwach. »Nö, die ist wirklich nichts Besonderes.«
    »Sie ist gar nichts!« Denise nuckelte an ihrem Cola.
    Eddie trat sie noch einmal, fester, um seine Solidarität mit seiner Schwester zu unterstreichen.
    Ich muss hier raus, dachte ich.
    Bitte. Ich muss weg.
    »Jetzt könnten wir sie eigentlich wieder anbinden«, schlug Ruth vor.
    »Lass sie doch liegen«, meinte Willie.
    »Es ist kalt da unten. Ich will keine laufende Nase und kein Rumgeschniefe. Zieht sie mal hoch, dann können wir sie uns genauer anschauen.«
    Eddie machte ihre Füße los, und Donny befreite ihre Hände von dem Pfosten, ließ sie aber gefesselt und führte die Schnur über einen Nagel in der Decke.
    Meg schaute mich an. Es war deutlich zu sehen, wie schwach sie war. Keine Träne. Nicht einmal zum Weinen hatte sie mehr Kraft. Nur ein trauriger, niedergeschlagener Blick, der sagte: Siehst du, was aus mir geworden ist?
    Donny zog ihr die Arme mit der Leine über den Kopf. Er band sie am Arbeitstisch fest, ließ sie aber ein wenig locker. Das war schlampig und ganz untypisch für ihn – anscheinend war ihm alles ganz egal. Anscheinend

Weitere Kostenlose Bücher