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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Beispiel die Fortpflanzung) selbstverständlich auch der Arterhaltung, weil es die jeweiligen Spezies andernfalls schon längst nicht mehr geben würde 142 .
    Ich möchte dies an zwei Beispielen verdeutlichen:
Wenn ein kräftiger Löwe nach einem Kampf den Harem eines unterlegenen Artgenossen übernimmt und dann zunächst alle kleineren Jungen seines Vorgängers tötet, dann könnte man geneigt sein, darin das Werk seiner egoistischen Gene zu sehen.
Möglicherweise hat sich dieses Verhalten aber auch nur deshalb evolutiv durchgesetzt, weil die Jungen des überlegenen Löwenmännchens im Durchschnitt etwas „fitter“ sind als die des unterlegenen. Wenn nun dieses Verhalten des Siegers dazu beiträgt, dass viel schneller fittere Jungen zur Welt kommen, die sich bezüglich der Tötung von Jungen eines unterlegenen Konkurrenten ganz ähnlich verhalten und aufgrund ihrer ererbten Fitness entsprechende Auseinandersetzungen meist auch gewinnen, dann wird sich das Verhalten schließlich durchsetzen: Es stellt einen evolutionären Vorteil dar, auch wenn sich bei uns beim Betrachten des Vorgangs alle Nackenhaare sträuben sollten.
Wenn Vögel etwa – wie einige Studien nachgewiesen haben wollen – ihre Artgenossen vor allem dann vor feindlichen Angriffen warnen, wenn sich unter ihnen genetisch Verwandte befinden, dann kann sich ein solches Verhalten auch deshalb evolutiv durchgesetzt haben, weil von Verwandten eine ähnlich hohe genetische Fitness wie die des Warners erwartet werden kann.
Das frühzeitige Erkennen eines Feindes ist ja selbst schon ein Anzeichen einer hohen genetischen Fitness. Würde sich ein solches, besonders rasch reagierendes Individuum durch entsprechende Warnrufe grundsätzlich bevorzugt in Gefahr bringen, dann käme das unter Umständen einer Elimination der Tauglichsten gleich.
Auch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob Individuen in erster Linie nur dann warnen, wenn sich Verwandte in ihrer Nähe befinden, oder ob es die Anwesenheit eines Individuums einer höheren Dominanzebene auch schon tut. Ich würde denken: Ja.
4.29 Central theoretical problem of human sociobiology
4.29.1 Das Dilemma des Problems
    Für die Darwinsche Evolutionstheorie erklären sich die Artenvielfalt und die Entwicklung des Lebens in erster Linie durch das Prinzip der natürlichen Auslese: Besser an den Lebensraum angepasste Individuen hinterlassen mehr Nachkommen als andere.
    Moderne Menschen bewegen sich vorwiegend in einem von Menschenhand selbst geschaffenen sozialen und technischen Umfeld. Folgte man der Darwinschen Lehre, dann müsste man erwarten, dass sozial erfolgreichere, und damit an den Lebensraum „soziales Umfeld“ besser angepasste Menschen größere Familien gründen als weniger erfolgreiche. Tatsächlich sind die Verhältnisse in den entwickelten Ländern aber genau umgekehrt. Dieser Sachverhalt wurde 1986 von Daniel R. Vining mit dem Namen
CentralTheoretical Problem of Human Sociobiology
versehen (Vining 1986). Einige Autoren vermuteten daraufhin, das Prinzip der natürlichen Selektion gelte für moderne menschliche Gesellschaften nicht mehr. Allerdings konnte bislang niemand genau sagen, warum das so ist.
    Erschwerend kommt hinzu, dass das Problem relativ neu ist, denn während der gesamten Geschichte der Menschheit hatten reiche oder mit Macht ausgestattete Männer eine größere Zahl an Sexualpartnerinnen und setzten auch mehr Kinder in die Welt, als Männer mit einem niedrigeren Sozialstatus (Betzig 1986). Diese Aussage konnte in zahlreichen Untersuchungen mit unterschiedlichen Gesellschaftsformen bestätigt werden (Voland 2000: 89f.; Hopcroft 2006: 105). Das Prinzip der natürlichen Selektion wurde also in früheren menschlichen Gesellschaften stets gewahrt.
    Entsprechend stellt der soziale Erfolg von Männern einen Fitnessindikator dar, der das weibliche Partnerwahlverhalten bis heute dominiert (Woinoff 2008). Denn auch in modernen Gesellschaften gilt noch immer: Nichts steigert die Attraktivität eines Mannes gegenüber dem anderen Geschlecht so sehr wie der soziale Status beziehungsweise der berufliche Erfolg (Weber 2003: 77):
    Zahlreiche Studien scheinen zu belegen, dass Frauen bei Männern Eigenschaften wie finanziellen Wohlstand attraktiv finden, während Männer nach jungen – und damit fruchtbaren – Frauen Ausschau halten.
    Diese Präferenzen sind weltweit in allen Kulturen so einheitlich anzutreffen, dass einige Autoren dafür biologische Ursachen vermuten (Kanazawa

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