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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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möglich sein, sich (im Sinne des Beispiels Richard Dawkins) in die Population einzuheiraten und altruistische Gene zu verdrängen.
    Zu den üblichen Sanktionsmaßnahmen gehören:
Verstoßung
Gefängnis (unter anderem: Hinderung an der Reproduktion)
Todesstrafe (Verhinderung eines weiteren Überlebens)
Geldstrafen
    Eine sehr frühe Form menschlicher Kooperation stellt der reziproke Altruismus des Familienmodells dar, welcher seine Wurzeln ebenfalls in der Getrenntgeschlechtlichkeit der biologischen Art „Mensch“ hat. Die damiteinhergehende sexuelle Arbeitsteilung stand Modell für alle später folgenden Arbeitsteilungen und Ausdifferenzierungen:
Die durch den Reifungsprozess des großen Gehirns verursachte enorme Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit des menschlichen Säuglings machte die Frauen selbst weitestgehend hilflos und schutzbedürftig.
Das wachsende Gehirn erforderte eine regelmäßige Zufuhr größerer Mengen an hochwertigen Fetten und Proteinen. Dazu diente vor allem die Großwildjagd, zu der die nun anderweitig gebundenen Frauen kaum mehr etwas beitragen konnten.
    Mit anderen Worten: Die („egoistischen Gene“ der) Männer konnten sich ohne die enormen Elterninvestments der Frauen nicht fortpflanzen, während die Frauen umgekehrt ohne die Jagdleistungen der Männer und das anschließende Teilen der Beute nicht eigenständig lebensfähig waren.
    Der Mensch zeichnet sich unter allen Lebewesen durch seine ungeheure Kooperationsfähigkeit aus. Einige Autoren behaupten gar, das menschliche Gehirn sei neurobiologisch auf Kooperation ausgelegt (Bauer 2006). In der Tat ist der Mensch in der Lage, in beliebig vielen sozialen Systemen dauerhaft zu kooperieren. Dies stellt eine entscheidende Neuerung im Rahmen der Geschichte des Lebens auf der Erde dar.
4.28 Arterhaltung versus Eigennutz
    In der Biologie wurde recht lange und kontrovers darüber diskutiert, ob sich Lebewesen primär im Dienste der „Erhaltung ihrer Art“ fortpflanzen, oder ob sie dies ausschließlich aus einem „Eigennutz“ heraus tun. Auch wenn ich meinen Standpunkt dazu in verschiedenen Abschnitten dieses Kapitels bereits implizit deutlich gemacht habe, möchte ich das Thema an dieser Stelle noch einmal gesondert behandeln.
    Biologen präferieren in dieser Frage heute mehrheitlich das
Prinzip Eigennutz
(Schmidt-Salomon 2007):
    Das besondere Kennzeichen der Soziobiologie ist es, dass sie das Verhalten von Lebewesen (Menschen und anderen Tieren) nicht nur in Gruppenzusammenhängen untersucht (daher der Begriff Soziobiologie), sondern dass sie diese Beobachtungen konsequent evolutionsbiologisch auf der Grundlage der modernen Genetik, der Ökologie und der Populationsbiologie analysiert. Während klassische Verhaltensforscher (Ethologen) wieKonrad Lorenz das altruistische Verhalten von Lebewesen nur durch einen Rückgriff auf idealistische Spekulationen, nämlich die Unterstellung eines angeborenen „Arterhaltungstriebes“, erklären konnten, können Soziobiologen in diesem Zusammenhang auf ein empirisch überprüfbares, naturalistisches Konzept verweisen: Das Prinzip Eigennutz.
    Der englische Biologe William Hamilton hatte das Prinzip des genetischen Eigennutzes, das Dawkins später mithilfe der Metapher des „egoistischen Gens“ popularisierte, schon in den 1960er Jahren beschrieben und dabei eine Formel entwickelt, die die Wahrscheinlichkeit altruistischen Verhaltens in Abhängigkeit zum Verwandtschaftsgrad des Nutznießers definierte. (…)
    Der besondere Reiz der Soziobiologie beziehungsweise der neodarwinistischen Theorie besteht sicherlich in ihrer wissenschaftlichen Eleganz. Indem sie den evolutionären Prozess konsequent auf die Wirkungen des Eigennutzes zurückführt, kann sie auf spekulative Annahmen (wie das biologisch unbegründete Konzept der Arterhaltung, aber auch die empirisch kaum haltbare Idee des evolutionären Fortschrittsautomatismus) verzichten. Insofern stellt die Soziobiologie die bislang konsequenteste Fortführung des Darwinschen Gedankengebäudes dar, weshalb es durchaus zulässig erscheint, sie mit Wilson als die „neue evolutionäre Synthese“ zu begreifen.
    Nun entstehen dabei jedoch einige beträchtliche Probleme. Sicherlich kann manches kooperative oder gar altruistische Verhalten auf das Selbsterhaltungsinteresse von Lebewesen zurückgeführt werden. Dies gilt jedoch nicht für die Fortpflanzung. Wie bereits gezeigt wurde, macht die Fortpflanzung aus Sicht eines Individuums nur wenig Sinn. Das gilt

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