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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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könnten (Kutschera 2008: 242). Strenggenommen stellt dieser Umstand, dass nämlich ein in der Mythologie häufig auftauchendes Fabelwesen real nicht existiert, offenbar nie existiert hat und gemäß den Resultaten der Evo-Devo wohl auch überhaupt nicht existieren kann, ein gewichtiges Argument gegen die Thesen des Kreatonismus und des Intelligent Designs dar, denn ein intelligenter Schöpfer hätte diese selbst für Menschen naheliegende Kreation eigentlich vollbringen können und müssen (Kutschera 2008: 259).
    Von großer Bedeutung für das genaue Verständnis von Entwicklungsprozessen dürfte wohl auch die Entdeckung der Hox-Gene sein. Ein Hox-Gen oderHomöotisches Gen ist ein Gen, welches mehrere andere, funktionell zusammenhängende Gene im Verlauf der Entwicklung von Körperstrukturen und Organen steuert.
    Hox-Gene sind normalerweise recht groß und umfassen mehrere hunderttausend Basenpaare der DNA. Charakteristischer Bestandteil eines Hox-Gens ist die sogenannte Homöobox, ein relativ kurzer, 180 Basenpaare umfassender DNA-Abschnitt, der bei verschiedenen Spezies und Hox-Genen weitestgehend identisch ist.
    Man kann Hox-Gene als übergeordnete genetische Informationsstrukturen ansehen, die die weitere Entwicklung eines Organismus durch Regulation anderer Gene steuern. Mutationen in Hox-Genen sind meist tödlich oder haben gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung (zum Beispiel Missbildungen). Bei Wirbeltieren (zu denen auch der Mensch zählt) führen sie in der Regel zum Schwangerschaftsabbruch.
    Kirschner und Gerhart stellen in (Kirschner/Gerhart 2007) die These auf, Evolution käme weniger durch beliebige, blinde genetische Mutationen oder Rekombinationen zustande, sondern vor allem durch das Kopieren, Umstrukturieren oder Neuarrangieren von konservierten Modulen und Kernprozessen zu neuen phänotypischen Variationen, ähnlich wie in einem Baukastensystem. Die Veränderungseinschränkungen in den Kernprozessen würden gleichzeitig mit erhöhten Änderungsbereitschaften (Entschränkungen) in anderen, nichtkonservierten Bereichen einhergehen. Die Verteilung der Mutationen im genetischen Code wäre also alles andere als beliebig.
    Durch das ständige Wiederverwerten bereits bewährter, konservierter Prozesse käme es zur „erleichterten Variation“, wie sie ihre Theorie nennen, mit der sich tatsächlich viele Entwicklungen der Makroevolution besser erklären ließen. Auf der anderen Seite würden die beschriebenen Verfahren aber auch die phänotypischen Entwicklungsmöglichkeiten beschränken, zumal sich während der Embryonalentwicklung (Ontogenese) dann immer wieder auf den gleichen konservierten Kernprozessen beruhende Entwicklungsprogramme durchsetzen würden.
    Auf entsprechende Zusammenhänge wies auch bereits Manfred Eigen hin (Eigen 1987: 135):
    Es gibt Sequenzen, die sehr variabel sind, und es gibt solche, die im Evolutionsprozess fast unverändert blieben. Zu den am wenigsten variablen Sequenzen zählen die frühen Funktionseinheiten der Reproduktionsund Übersetzungsmaschinerie der Zelle.
    Abschließend kann prognostiziert werden: Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Evo-Devo die wichtigsten Fragestellungen rund um die Makroevolution zufriedenstellend beantwortet hat.
4.33.3 Irreduzibel komplexe Funktionen
    Für die Vertreter des Intelligent Designs (Behe 2007; Dembski 2006) spielt der Begriff der
irreduziblen Komplexität
eine zentrale Rolle: Ein System gilt als
irreduzibel komplex
, wenn es aus mehreren miteinander zusammenhängenden und fein aufeinander abgestimmten Teilen besteht, so dass die Entfernung eines beliebigen Teils die Funktion restlos zerstört.
    In der Natur soll sich eine große Zahl solcher irreduzibel komplexer Systeme und Subsysteme nachweisen lassen.
    Beispielsweise sind zahlreiche Bakterien mit einer oder mehreren „Flagellen“ ausgestattet, mit denen sie sich in bestimmten Umgebungen frei bewegen können. Solche Flagellen sollen sich angeblich nicht auf einen evolutionären Vielstufen-Prozess zurückführen lassen (Junker/Scherer 2006: 307) 146 . Ähnliches wird von den Blüten zahlreicher Schmetterlingsblüter angenommen (Junker/Scherer 2006: 315ff.).
    Die wesentlichen Vertreter des Intelligent Designs behaupten nun, blinde Zufallsprozesse könnten entsprechende Systeme nicht erzeugen, jedenfalls sei die Wahrscheinlichkeit für ein evolutives Entstehen zu gering. Mit den Mitteln der Evolutionstheorie wäre die Existenz entsprechender Systeme somit

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