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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Folge. Während die Welt des Marktes Dinge wie 300 Stundenkilometer schnelle Sportwagen, das Internet oder ultraflache Mobiltelefone hervorbringt, entsteht auf der Ressourcenseite (der Umwelt) eine verheerende Unordnung. Ähnlich wie sich die Sonne verbraucht, damit auf der Erde Leben entstehen kann, so verbrauchen sich die natürlichen Ressourcen der Erde, damit Automobilkonzerne wachsen können.
    Erschwerend kommen heute die Wirkungen der Finanzmärkte hinzu. Denn moderne Technologie ist häufig so komplex und in der Entwicklung und Herstellung so kapitalintensiv, dass neue Geschäftsideen meist nur mit einem Gang an die Börse realisiert werden können. In diesem Fall gehört das Unternehmen aber – wie die meisten heutigen größeren Konzerne – nicht mehr sich selbst, sondern Investoren. Es wird dann auch nicht mehr ausschließlich durch die Entwicklungen auf den Produktmärkten vorangetrieben, sondern maßgeblich durch die Bewegungen auf den Finanzmärkten und die Interessen seiner Investoren. Und erfahrungsgemäß steht der ressourcenschonende Umgang mit der Umwelt nicht unbedingt an vorderster Stelle auf deren Prioritätenliste.
    Die größten Organisationen operieren heute global und damit nationenüberspannend, so dass sie national auch kaum mehr zu kontrollieren sind. Die Deutsche Bank, Siemens oder Volkswagen sind längst keine deutschen Unternehmen mehr, auch wenn es vom Namen her noch den Anschein hat. Wie jedem anderen Lebewesen auch geht es ihnen in erster Linie um ihren Selbsterhalt und Eigennutz und nicht um irgendwelche nationalen Interessen. Und wenn dann etwa ein Konkurrent seine Gewinne auf den Cayman Islands versteuert, werden alle anderen folgen müssen, weil sie sonst im Nachteil wären. Hier greift die gleiche Trittbrettfahrerproblematik wie auch in vergleichbaren menschlichen Kontexten.
    Mit ethisch-moralischen Argumenten wird man auf die beschriebenen Verhaltensweisen keinen Einfluss nehmen können, höchstens mit Maßnahmen, die dem gleichen System (Wirtschaft) zurechenbar sind, wie auch schon Niklas Luhmann anmerkte (Luhmann 2004) 184 . Wirkungsvoll könnte möglicherweise die internationale Besteuerung globaler Finanztransaktionen sein (Radermacher/Beyers 2007: 176 ff.).
7.1.5 Ressourcenverknappung und Dominanz
    Wie wir gesehen haben, ist die Gefallen-wollen-Kommunikation viel verschwenderischer als die dominante Kommunikation. Gleichzeitig setzt sie einen zuverlässigen Zugang zu den natürlichen Ressourcen voraus. Kommtes irgendwann einmal zu einer Ressourcenverknappung, dann dürfte die elegante, herrschaftsfreie Gefallen-wollen-Kommunikation schon bald wieder zur Disposition stehen. Die Folgen könnten Krieg, Dominanzhierarchien (zum Beispiel Klassenstrukturen), Zwangsmaßnahmen beim Zugriff auf die Ressourcen und vieles andere mehr sein. Da die dominante Kommunikation insgesamt ressourcenschonender operiert, dürfte sie die Gefallenwollen-Kommunikation schon bald wieder in weiten Teilen ersetzen.
    Nehmen Sie beispielsweise an, sie verdienten ausreichend gut, um mit Ihrer Familie jeden Abend ausessen gehen zu können (Gefallen-wollenKommunikation). Insgesamt käme Sie das wesentlich teurer als wenn zu Hause gekocht würde, denn nun müssen Sie ja für die Anfahrt und die Speisen und Getränke, in deren Preis auch die Kosten für die Räumlichkeiten, das Personal, Trinkgeld, die Energie und möglicherweise auch nicht gewünschte und alsbald entsorgte Speisen enthalten sind, aufkommen. Wenn Sie ihren gutbezahlten Job verlieren, könnten Sie sich so etwas nicht mehr leisten. Es würde dann wieder zu Hause gegessen, zum Beispiel Königsberger Klopse für alle (dominante Kommunikation).
    Es gehört deshalb auch nicht viel Vorstellungskraft dazu, sich die Folgen einer kritischen globalen Ressourcenverknappung auszumalen: An vielen Stellen würden Kriege ausbrechen, und Demokratien, Marktwirtschaften und die Freiheit und Gleichheit der Menschen gäbe es dann wohl schon bald nicht mehr.
7.2 Evolution und Verschwendung
    Im letzten Kapitel und im Kapitel
Leben
auf Seite → wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der biologischen Evolution ganz wesentlich um Entwicklungsprozesse bezüglich der Nutzung von Energie handelt. Ich hatte daraus gefolgert: Ist irgendwo Energie in konzentrierter Form vorhanden, dann dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch ein geeigneter Nutzer dafür auftaucht.
    Eine Ursache dafür liegt tief im Inneren der Evolutionsprinzipien verborgen: Wie wir

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