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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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soll, dass das Leben auf der Erde durch das Wirken eines externen Schöpfers entstanden sein muss (siehe dazu den Abschnitt
Irreduzibel komplexe Funktionen
auf Seite → ).
    Ein Teil der zwischen Reduktionisten und Emergenztheoretikern geführten Debatte (siehe etwa Küppers 1987a; Gould 1997; Elsasser 1987) scheint allerdings auch auf Missverständnissen zu beruhen. So weisen Reduktionisten beharrlich darauf hin, dass die physikalischen und chemischen Gesetze ausreichten, um Leben „erklären“ zu können (Crick 1987: 128):
    Man darf deshalb am Ende hoffen, die ganze Biologie durch die unter ihr angesiedelten Ebenen „erklären“ zu können und so fort bis hinab zur atomaren Ebene. Und gerade die Erkenntnis, dass unser Wissen auf der atomaren Ebene so gut gesichert ist, hat zu dem großen Einfluss der Physiker und Chemiker in der Biologie geführt.
    Hier stellt sich zunächst die Frage, was mit „erklären“ gemeint ist. Bewegt man sich auf der atomaren Ebene, dann ist zu erwarten, dass dort die Gesetze der Physik uneingeschränkt gelten, und zwar unabhängig davon, ob ein Atom Teil eines belebten oder unbelebten Objekts ist.
    Der Abschnitt
Wozu gibt es Sexualität?
auf Seite → wird allerdings zeigen, dass sich aus Genen und Atomen nicht einmal die Sinnhaftigkeit der Sexualität erschließt. Der entscheidende evolutionäre Vorteil getrenntgeschlechtlicher Populationen resultiert nämlich aus der asymmetrischen Kommunikation (den Marktverhältnissen) zwischen den Geschlechtern. Im Grunde lässt er sich erst auf dieser Ebene und im Zusammenhang mit der Evolution des Lebens erklären. In diesem Sinne ist die getrenntgeschlechtliche Sexualität irreduzibel. Neue physikalische oder biologische Gesetze werden für sie aber auch nicht benötigt, da es bei der Sexualität ja um eine ganz andere Ebene als die physikalische geht.
    Im vorliegenden Buch wird die These aufgestellt, dass es sich bei den Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen von Lebewesen um emergente Systemeigenschaften handelt (siehe Abschnitt
Was ist Leben?
auf Seite → ). Entsprechendes wird auch für andere evolutionsfähige Individuentypen (zum Beispiel Superorganismen, Organisationssysteme) angenommen.
    Damit soll nun aber nicht gesagt werden, dass die genannten Eigenschaften in keiner Weise mit irgendwelchen Teilkomponenten des Systems in Verbindung gebracht werden können, denn dies wäre unzutreffend. Auch soll nicht behauptet werden, dass ein Reproduktionsinteresse grundsätzlich und selbst bei einfachsten Lebensformen als emergente Eigenschaft implementiert sein muss. Beispielsweise kann man sich durchaus lebende Systeme vorstellen, die sich, wenn sie intern über genügende Ressourcen verfügen, ganz automatisch replizieren. In diesem Falle dürfte es sogar schwerfallen, von einem echten „Reproduktionsinteresse“ zu sprechen. Dennoch soll dies im Rahmen der vorliegenden Arbeit so gehandhabt werden.
    Allerdings würde ich vermuten, dass es sich bei den Reproduktionsinteressen von höheren Tierarten (zum Beispiel Säugetieren) grundsätzlich um emergente Systemeigenschaften handelt, zumal sich solche Spezies in der Regel getrenntgeschlechtlich fortpflanzen, was bedeutet, dass sie vor der Reproduktion zunächst noch einen Fortpflanzungspartner suchen und auch für sich gewinnen – sich also fortpflanzen
„wollen“
– müssen.
    Beispielsweise kann man über die konkrete Ausprägung des Selbsterhaltungs- oder Reproduktionsinteresses eines Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt keine präzisen Vorhersagen machen. Ob jemand abends noch für das Studium lernt, mit Freunden essen geht, früh zu Bett geht, etwas Sport treibt oder in einer Diskothek auf Partnersuche geht, kann man aufgrund der Komplexität des Gesamtsystems Mensch im Vorfeld nicht sicher wissen und auch nicht auf Eigenschaften und Verhaltensweisen von Subsystemen zurückführen.
    Gleichfalls wird an dieser Stelle nicht behauptet, dass die genannten emergenten Eigenschaften vollständig quantifizierbar sind. Das ist die Intelligenz eines Menschen auch nicht, obwohl IQ-Messungen immer wieder etwas anderes suggerieren möchten. In beiden Fällen wird man quantitative Indikatoren finden oder entwickeln können, mehr aber auch nicht.
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    34 Wie im Abschnitt „Was ist Leben?“ auf Seite 275 noch dargelegt wird, unterliegt jegliche Materie dem Impulserhaltungssatz: Unbelebte Materie kann ihre Geschwindigkeit und Richtung nur ändern, wenn sie von außen einen Impuls erhält.

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