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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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den Eingriff einer externen höheren Intelligenz erklären konnte. Im Zentrum stand dabei das Prinzip der natürlichen Auslese: Besser an ihre Umwelt angepasste Individuen einer Population hinterlassen mehr Nachkommen als weniger gut angepasste.
    Doch was sind in diesem Zusammenhang eigentlich „Individuen“? Für Charles Darwin wäre so etwas eine törichte Frage gewesen, denn seine Evolutionstheorie beschäftigte sich ausschließlich mit dem Leben. Folglich musste es sich bei den Individuen um Lebewesen handeln. Für ihn standen also die „Objekte“ des Wandels von vornherein fest.
    Dabei ist es jedoch nicht geblieben. Und so wird mittlerweile fleißig über Gene, Meme, Entscheidungen, Theorien, Hypothesen, Mobiltelefone, Gesellschaften, Kunstwerke, Augen, Ohren etc. gesprochen, und alle sollen angeblich evolvieren können. Womit wir wieder bei der Frage nach denObjekten wären: Welche Klassen an Objekten können eigendynamisch (ohne externen Schöpfer) evolvieren?
    Schauen wir uns dazu noch einmal die ursprüngliche Darwinsche Evolutionstheorie etwas genauer an. Entfernt man aus dieser die Grundannahme, dass die darin vorkommenden Individuen Lebewesen sind, wird sie plötzlich inhaltsleer. Warum sollte man ein Individuum nicht etwa auch durch zwei dividieren oder mit ihm ins Internet gehen können? Was hindert mich eigentlich daran?
    Wir werden deshalb nicht umhin kommen, zunächst einmal die Objekteigenschaften evolvierender Individuen zu beschreiben. Glücklicherweise gibt die Darwinsche Evolutionstheorie dazu eine ganze Reihe an Hilfestellungen:
Individuen unterscheiden sich von ihrer Umwelt und sind an diese mehr oder weniger gut angepasst. Es existiert folglich eine System-UmweltDifferenz. Anders gesagt:
Individuen sind Systeme
.
Individuen benötigen eine Umwelt (den Lebensraum), und zwar insbesondere zur Erlangung lebensnotwendiger Ressourcen. Verfügt der Lebensraum über weniger Ressourcen als die gesamte Population zum Leben benötigt, kommt es unter den Individuen zum „Kampf ums Dasein“. Mit anderen Worten:
Individuen „wollen“ sich selbsterhalten
.
Individuen produzieren mehr Nachkommen, als die Umwelt ernähren kann (Lenzen 2003: 49; Mayr 2005: 148) 72 . Etwas abgeschwächt bedeutet dies:
Individuen „wollen“ sich reproduzieren
.
    Dieses sich selbsterhalten und reproduzieren „wollen“ kann in der Stärke und Ausrichtung von Individuum zu Individuum und natürlich auch im Laufe des Lebens eines Individuums variieren. In der noch folgenden Theorie werden deshalb den Individuen (den Objekten) die Eigenschaften Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteresse zugewiesen. Dies sind Größen, die unterschiedliche Werte (und Richtungen) annehmen können (insbesondere also auch Null), so ähnlich wie die Kontostände von Bankkonten. Menschen sind beispielsweise unterschiedlich ehrgeizig (
Selbsterhaltungsinteresse
) oder wollen mehr oder weniger viele Kinder haben (
Reproduktionsinteresse
). Allerdings lassen sich die Größen – ähnlich wie bei der Intelligenz eines Menschen (der Intelligenzquotient eines Menschen stellt lediglich einen quantitativen Indikator für dessen Intelligenz dar) – nicht wirklich Quantifizieren. Es handelt sich also hier – wie bei vielen anderen emergenten Eigenschaften auch – um komplexe Größen.
    Im Rahmen der Fortpflanzung kommt es zu einer
Duplizierung
von Individuen. Die auf Individuen anwendbare Operation („Methode“) ist deshalb die
Reproduktion
. Allerdings sind je nach Evolutionsumgebung dann ganz unterschiedliche Reproduktionsprozesse möglich. Wir werden im Laufe des vorliegenden Buches noch Reproduktionsprozesse kennenlernen, die nur auf den Erhalt der inneren Strukturen und von Adaptionen abzielen, und die die in der Natur üblichen Kopiervorgänge (aus den Eltern entstehen durch eine wie auch immer geartete Replikation neue Individuen) überhaupt nicht kennen.
    Auf die gerade beschriebene Weise habe ich nun also die in der Darwinschen Evolutionstheorie versteckte Logik in die eigentlichen Objekte der Evolution transferiert. Die ursprüngliche Ablauflogik wurde folglich in eine objektorientierte Beschreibung umgewandelt.
    Die Kernaussage ist dann: Eigendynamisch evolvieren können nur Systeme, die über einen
Reproduktionsvorgang
verfügen, und die eigenständige
Selbsterhaltungs
- und
Reproduktionsinteressen
besitzen. Da Gene, Meme, Entscheidungen, Hypothesen, Mobiltelefone, Kunstwerke, Augen, Ohren etc. entsprechende Eigenschaften nicht

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