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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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abnehmender Qualität war die Quantität des
Lebens aber erstaunlich.
    Das Erfordernis, jahreszeitlich bedingte Verknappungen des
Nahrungsangebots zu überstehen und die Anforderung an den Magen,
ganzjährig minderwertige Nahrung zu verdauen, begünstigte
die Entwicklung großer Pflanzenfresser. Große
Säugetiere, eine neue ›Megafauna‹ in einem
Maßstab, wie man ihn seit dem Tod der Dinosaurier nicht gesehen
hatte, breiteten sich über die Welt aus. Die urtümlichen
Mammuts hatten sich bereits über das nördliche Eurasien
verbreitet und wanderten über Landbrücken, die durch den
sinkenden Meeresspiegel in regelmäßigen Abständen
geschlagen wurden, nach Nordamerika ein. Die in gemäßigtem
Klima lebenden Tiere hatten kein Fell und ernährten sich von
Blättern anstatt von Gras. Sie sahen aus wie typische Elefanten,
hatten aber schon die hohen Kronen und geschwungenen
Stoßzähne ihrer wuscheligen Nachfahren.
    Gleichzeitig existierten Riesenkamele in Nordamerika, und Asien
und Afrika wurden vom mächtigen moschusochsenartigen Sivatherium
durchstreift. Eine Art großes Nashorn mit der Bezeichnung
Elasmotherium machte das nördliche Eurasien unsicher. Für
ein Rhinozeros hatte es lange Beine und ein Horn, das eine Länge
von bis zu zwei Metern erreichte. Es sah aus wie ein muskulöses
Einhorn.
    Und im Gefolge dieser mächtigen Fleischpakete tauchten neue
spezialisierte Räuber auf. Die neu entwickelten Katzen hatten
die Technik des Tötens perfektioniert. Mit den seitlichen
Reißzähnen vermochten sie die Haut zu durchstoßen,
zu zerfetzen und in den Körper einzudringen, um dann mit den
Schneidezähnen ins Fleisch zu beißen. Die
Säbelzahntiger waren die Krönung. Sie waren doppelt so
groß wie die Löwen des Menschenzeitalters und
mächtige, muskulöse Räuber. Sie hatten die Statur von
Bären und kurze kräftige Gliedmaßen. Sie waren auf
Kraftentfaltung ausgelegt, nicht auf Geschwindigkeit, und jagten aus
dem Hinterhalt. Ihr Maul war so groß, dass sie die Beute darin
zu zermalmen vermochten. Gegen die Katzen wirkten selbst die Hunde
wie Generalisten; die Katzen wurden die perfekten Landjäger.
     
    Da ertönte ein Ruf von der Ebene. »Schau, schau! Ich,
schau ich!« Leute standen auf und schauten, was los war.
    Ein Mann näherte sich. Er war groß, muskulöser als
der Rest und hatte einen dicken Augenwulst, der wie ein Erker
vorsprang. Dieser Mann, Braue, hatte derzeit die Führung inne
und war der Chef der engen, wettbewerbsorientierten Gemeinschaft der
Männer. Und er hatte sich ein totes Tier um die Schultern
gelegt, eine junge Elenantilope.
    Die acht anderen erwachsenen Männer der Gruppe jubelten und
schrien pflichtschuldig und rannten den felsigen Abhang hinunter. Sie
klopften Braue auf den Rücken und strichen respektvoll über
das Tier. Dann liefen sie umher und führten einen Freudentanz
auf, wobei sie eine spektakuläre Staubwolke aufwirbelten, die
glühend im Licht der untergehenden Sonne hing. Gemeinsam
schleppten sie die Antilope den Hang hinauf und warfen sie auf den
Boden. Die älteren Kinder kamen herbei gerannt, bestaunten das
Tier und stritten sich schon um das Fleisch. Bengel war auch dabei.
Er war aber schon so geschwächt, dass die anderen Kinder ihn mit
Leichtigkeit abdrängten. Weit sah, dass ein abgebrochener Speer
in der Brust der Antilope steckte. Damit hatte Braue seine Beute
getötet; er hatte wohl im Hinterhalt gelegen und den Speer
vielleicht dort stecken lassen, um seine Leistung zu
dokumentieren.
    Braue protzte inzwischen mit einer eindrucksvollen Erektion. Die
Frauen, einschließlich Ruhig, Weits Mutter, machten subtile
Zeichen der Bereitwilligkeit – eine einladende Handbewegung
hier, leicht gespreizte Schenkel dort.
    Weit, die noch keine Frau, aber auch kein Kind mehr war, hielt
sich im Hintergrund. Sie knabberte an einer Wurzel und harrte der
Dinge, die da kommen würden.
    Ein paar Erwachsene hatten vulkanische Kieselsteine aus dem nahe
gelegenen Fluss mitgebracht. Nun bearbeiteten Männer und Frauen
die Kieselsteine mit flinken Bewegungen, wobei sie die Steine mit den
Fingern erforschten. Die Steine verwandelten sich ohne eine bewusste
Anstrengung in Werkzeuge – dies war eine schon alte
Fähigkeit, die in einen separaten Abschnitt eines starr
strukturierten Bewusstseins eingebettet war –, und schon nach
wenigen Minuten hatten sie primitive, aber brauchbare Hack- und
Schneidwerkzeuge angefertigt. Sobald ein Werkzeug fertig war, fiel
der Hersteller damit über die

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