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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Antilope her.
    Die Haut wurde vom After bis zum Hals aufgeschnitten und vom
Körper abgezogen. Die Haut wurde weggeworfen; bisher hatte noch
niemand eine Verwendung für Tierhäute gefunden. Der Kadaver
wurde schnell zerlegt. Die scharfen Steinklingen schnitten in
Gelenke, trennten Gliedmaßen ab und zerteilten sie,
durchdrangen den Brustkorb, legten die weichen, warmen inneren Organe
frei und lösten schließlich das Fleisch von den
Knochen.
    Es war eine schnelle, effiziente und fast unblutige Angelegenheit:
Hier waren erfahrene Fleischer am Werk, die ihr Handwerk durch
Generationen lange Übung erlernt hatten. Aber die Fleischer
arbeiteten nicht zusammen. Obwohl sie Braue respektierten und ihm
zugestanden, sich die besten Stücke sowie Herz und Leber zu
nehmen, konkurrierten sie beim Ausnehmen des Kadavers und grunzten
und gifteten sich gegenseitig an. Trotz der Werkzeuge in den
Händen machten sie sich wie ein Wolfsrudel an der Antilope zu
schaffen.
    Die Frauen beteiligten sich kaum am Kampf ums Fleisch. Der
unspektakuläre Streifzug durch den Akazienhain und das
umliegende Gelände war erfolgreich gewesen, und ihre Bäuche
und die der Kinder waren schon voller Feigen, Lavendel, Beeren,
Grasschösslingen und Wurzeln – Früchte des Landes, die
man vorm Essen nicht großartig zubereiten musste.
    Als das Fleisch fast vollständig entbeint war, schritt man
zur Verteilung. Braue stolzierte mit dem Messer in der einen und
einem großen Haxenstück in der anderen Hand zwischen den
Männern umher. Er schnitt Stücke vom Fleisch ab und reichte
sie an ein paar Männer weiter – aber nicht an alle.
Diejenigen, die er übergangen hatte, wandten sich ab. Doch sie
würden später versuchen, Stücke des besten Fleischs
von den anderen zu klauen. All das gehörte zu den endlosen
Machtspielchen der Männer.
    Dann machte Braue den Frauen seine Aufwartung und überreichte
ihnen Fleischstücke wie ein huldvoller König. Vor Ruhig
blieb er mit seiner stolzen Erektion stehen und schnitt ein
großes zartes Stück aus der Keule. Mit einem Seufzer nahm
sie es an. Sie aß etwas davon und legte den Rest dann neben
ihrem Kind ab, das in einem Nest aus trockenem Gras schlief. Dann
legte sie sich auf den Rücken, öffnete die Schenkel und
streckte die Arme aus, um Braue zu empfangen.
    Braue war nicht primär aus dem Grund jagen gegangen, um seine
Leute mit Nahrung zu versorgen. Großwild bildete nur die Spitze
der Nahrungspyramide der Gruppe; der größte Teil war
pflanzliche Nahrung, Nüsse, Insekten und kleine Tiere, die von
den Frauen, älteren Kindern und Männern gleichermaßen
erbeutet wurden. Großwild eignete sich als Nahrungsreserve
für schlechte Zeiten – zum Beispiel Dürre,
Überschwemmungen oder harte Winter. Jedoch zog der Jäger
einen mehrfachen Nutzen aus der Jagd. Mit dem Fleisch der Antilope
vermochte Braue seine Machtposition unter den Männern zu
stärken und sich zugleich Zugang zu den Frauen zu verschaffen,
was der eigentliche Zweck seines endlosen Kampfs um die Macht
war.
    Mit der größeren Intelligenz, dem großen
unbehaarten Körper und der rudimentären Sprache waren sie
die menschlichsten Geschöpfe, die bis dato existiert hatten.
Dennoch wäre ihre Lebensweise Capo in vielerlei Hinsicht
vertraut gewesen. Braues Vorfahren waren schon in dieses
gesellschaftliche Muster gefallen – Männchen, die um die
Vorherrschaft kämpften, Weibchen, die durch Blutsbande
miteinander verbunden waren, und Jagen, um sich Vorteile zu
verschaffen –, lange bevor Capo den schicksalhaften Entschluss
getroffen hatte, sein Wäldchen zu verlassen. Es gab auch andere
Lebensweisen für Primaten, und es wären auch andere
Gesellschaften denkbar gewesen. Doch nachdem das Muster sich erst
einmal etabliert hatte, war es kaum noch möglich, es
aufzubrechen.
    Zumal das System gut funktionierte. Die Nahrung wurde verteilt,
und der Frieden wurde gewahrt. Auf die eine oder andere Art wurden
die Leute mit Nahrung versorgt.
    Als Braue ejakuliert hatte, wischte Ruhig die Schenkel mit
Blättern ab und widmete sich wieder dem Fleisch. Sie benutzte
eine weggeworfene Steinklinge, um es zu schneiden und gab einen Teil
davon ihrer Mutter, die schon zu alt war, als dass Braue sich noch
für sie interessiert hätte. Den Rest gab sie Weit, die
gierig darüber herfiel.
    Und später, als die Dämmerung einsetzte, machte Braue
sich an Weit heran. Sie sah ihn als eine große, fleischige
Silhouette gegen den roten Sonnenuntergang. Er hatte seine Portion
des

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