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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mitleid machte es nur noch schlimmer.
Jana bückte sich, um die Muscheln aufzuheben.
    »Warte, ich helfe dir«, sagte Osu.
    »Ich brauche deine Hilfe nicht«, sagte Jana schroff.
»Sie sind für…«
    »Aha. Für meine Schwester?« Osu schaute zu dem
Mädchen auf, und Jana sah, dass er blinzelte.
    Ein anderer der Brüder, Salo, sehr groß und sehr gut
aussehend, trat vor. »Schau, Bursche, wenn du Eindruck bei ihr
schinden willst, dann musst du ihr so etwas bringen.« Und
er zeigte Jana eine Muschel – ein großer Brocken, den er
nur mit zwei Händen zu halten vermochte.
    Jana hatte in seinem ganzen Leben als Muschelsammler noch nie eine
so große Muschel gesehen. Überhaupt hatte kein lebender
Mensch ein so großes Exemplar zu Gesicht bekommen. »Wo
hast du die denn gefunden?«
    Salo nickte leicht. »Am Strand in einem Abfallhaufen. Ich
werde sie wohl als Schüssel benutzen.«
    Osu grinste. »Riesenmuscheln, eh? Ejan und Rocha müssen
damals gut gegessen haben. Ist natürlich jetzt alles weg…
Bring ihr so eine, kleiner Hüpfer, und Agema wird die Beine
schneller breit machen, als eine Muschel im Feuer die Schale
aufklappt.«
    Damit erzielte er wieder einen Lacherfolg. Jana sah, dass Agema
das Gesicht verbarg, aber die Schultern bebten. Wieder wallte dieser
unbändige Zorn in ihm auf, und Jana wusste, dass er von hier
verschwinden musste, ehe er wie ein Kind einen Tobsuchtsanfall bekam
– oder noch schlimmer, bevor er einem von diesen
unverschämten Brüdern eine knallte.
    Er las die Muscheln auf und trat mit aller Würde, die er zu
zeigen vermochte, den Rückzug an. Doch selbst im Gehen
hörte er noch, wie Osu mit leiser Stimme spottete: »Ich
habe gehört, dass sein Schniedel genauso krumm ist wie sein
Bein…«
     
    Jana bekam in jener Nacht sehr wenig Schlaf. Doch während er
wach lag, schmiedete er einen Plan.
    Er stand schon vor der Morgendämmerung auf. Er suchte seine
Stricke, die feuergehärteten Speere, den Bogen samt Pfeilen und
das Feuerzeug zusammen und schlich sich aus dem Lager.
    Dem Flussufer folgend ging er landeinwärts.
    Als Jana lautlos über den Kompost auf dem Waldboden schritt,
scheuchte er eine Rotte flinker Nager auf. Sie waren eine Art
Känguru und schauten ihn mit großen Augen vorwurfsvoll an,
ehe sie flohen. Er nahm keine Notiz von ihnen, während er
weiterging.
    Die meisten Bäume in diesem lichten Flussufer-Wald waren
Eukalyptusbäume, die von Streifen halb abgestoßener Rinde
umhüllt waren. Diese Bäume, wie auch der größte
Teil der Flora, waren entfernte Abkömmlinge der
Gondwanaland-Vege-tation, die hier gestrandet war, nachdem dieser
Floß-Kontinent vom restlichen Südland abgebrochen war. Und
im Wasser des Flusses, von den Bäumen beschattet, kreuzten noch
mehr Relikte aus uralten Zeiten. Es handelte sich um Krokodile, die
es wie den Eukalyptus hierher verschlagen hatte und die im Gegensatz
zu den Bäumen und ihren andernorts lebenden Verwandten sich
nicht verändert hatten.
    Er kam zu einer Lichtung.
    Eine Familie vierbeiniger Kreaturen in der Größe von
Rhinozerossen schlurfte umher. Sie hatten kleine Ohren,
Stummelschwänze und gingen wie Bären auf flachen
Füßen. Sie verwüsteten den Waldboden: Mit den
hauerartigen unteren Zähnen gruben sie ihn auf der Suche nach
den von ihnen bevorzugten Salzbüschen um. Diese Pflanzen
fressenden Beuteltiere waren Diprotodons, eine Art riesiger
Wombat.
    Es gab hier viele Känguruarten. Die kleineren ernährten
sich von Gras und niedrigem Bodenbewuchs. Die größeren
waren jedoch viel größer als Jana; diese Riesen waren so
groß gewachsen, dass sie das Laub von den Bäumen
abzufressen vermochten. Bei der Nahrungssuche schnellten die
Kängurus sich mit den Vorderarmen, dem Schwanz und den
kräftigen Hinterbeinen vorwärts. Das war eine einzigartige
Art der Fortbewegung, bei der die Tiere trotz ihrer Größe
irgendwie grazil anmuteten.
    Plötzlich drang von der anderen Seite des Waldes ein
Brüllen auf die Lichtung. Die Kängurus, groß und
klein, wandten sich zur Flucht und hüpften mit ihren elastischen
Sprüngen davon. Und dann hoppelte der Urheber des Gebrülls
auf die Lichtung. Er sah aus wie ein Löwe, war aber nicht im
Entferntesten mit irgendeiner Katze verwandt. Es war ein Thylacoleo,
ein Beuteltier wie die Diptrodons und die Kängurus – nur
dass diese Beutelkatze ein Fleischfresser war, der wegen identischer
Vorlieben und Verhaltensweisen die Gestalt eines Löwen
ausgeprägt hatte. Das katzenartige Tier pirschte

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