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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Beginn der Traumzeit. Die Legenden
sollten überdauern, solang Jo’ons Nachfahren ihre Kultur
bewahrten, weiterentwickelten und verfeinerten – und so lange
sie einen wahren Kern hatten. Wenn man die Geschichte der alten
Schlange beherzigte, würde man immer Wasser und Nahrung
finden.
    Und wie weit die Leute auch immer wanderten und wie tief in der
Zeit sie versanken, wäre es immer möglich, die Spuren der
Traumzeit durch die Landschaft nach Nordwesten zu dem Ort zurück
zu verfolgen, wo Ejan und seine Schwester an Land gegangen waren.
    Trotz der überlieferten Weisheit konnte Jo’on aber nicht
wissen, dass dieses Land leerer, viel leerer war als zu der Zeit, als
die entfernten Vorfahren hier angekommen waren.
    Nach einem Tagesmarsch erreichte er ein Wäldchen – was
er aber schon gewusst hatte. Hier wollte er ein wenig jagen und seine
Handelsware mit Fleisch ergänzen, bevor er weiter zur Küste
ging. Er drang lautlos in den Wald ein.
    Und er fand auch schnell etwas Lohnendes: Wildhonig in einem
Bienenstock, der an einem Gummibaum hing. Er wollte den Stock gerade
abnehmen, als eine Schwarzschlange sich ihm näherte. Aber er
packte sie am Schwanz, ließ sie wie eine Peitsche knallen und
zerschmetterte ihr den Kopf an einem Ast.
    Den größten Triumph des Tages feierte er jedoch, als er
einen Goanna erspähte, eine waranartige Echse mit einer
Länge von ein paar Schritten. Bei seinem Anblick schlüpfte
der Goanna furchtsam in einen hohlen Baum. Jo’on war aber
geduldig. In dem Moment, als der Goanna ihn entdeckt hatte, war er
mitten in der Bewegung erstarrt. Dann blieb er reglos stehen,
während die Sonne im Westen unterging und der Erdboden in einem
immer kräftigeren Rot glühte. Er sah, wie der Goanna
züngelnd prüfte, ob die Luft außerhalb des Baumstamms
rein sei. Jeder wusste, dass Goannas die Luft schmeckten, um sich zu
vergewissern, ob ein Räuber oder Beute in der Nähe war.
Noch immer stand Jo’on wie eine Statue da; es ging auch kein
Wind, durch den der Goanna seine Witterung aufzunehmen vermocht
hätte.
    Schließlich geschah das, was geschehen musste: Der Goanna
mit dem trägen kleinen Gehirn vergaß, dass Jo’on hier
war und schlüpfte aus der Deckung des Baumstamms. Jo’on
schleuderte den Speer und nagelte ihn am Boden fest.
    Am Fuß des Eukalyptus machte Jo’on mit einem Reibholz
ein Feuer. Dann häutete er den Goanna, nahm ihn aus und
röstete ihn überm Feuer, bis das Fleisch schön weich
war. Dann ließ er es sich schmecken. Über ihm stoben die
Funken des Feuers in der einsetzenden Dunkelheit.
    Als er im Morgengrauen aufwachte, war das Feuer ganz
heruntergebrannt, aber noch nicht erloschen. Er gähnte, streckte
sich und verrichtete ein Geschäft. Zum Frühstück gab
es kalten Goanna.
    Dann fertigte er aus totem Holz eine Fackel, entzündete sie
in der Feuerstelle und ging durch den Wald, wobei er immer wieder
Feuer legte. Er hielt vor allem Ausschau nach hohlen Bäumen, die
besonders gut brannten und setzte den Kompost an den Wurzeln in
Brand.
    Die grundlegende Strategie der Waldjäger war auch nach dieser
langen Zeit noch die gleiche: das Wild durch Feuer
aufzuscheuchen.
    Bald wurden Eidechsen und Beutelratten durch den Rauch zum
Verlassen der Baumstämme gezwungen. Es waren zwar alles flinke
Tiere, aber er vermochte trotzdem ein paar zu erschlagen und warf die
kleinen Kadaver auf den Haufen, den er in der Nähe der
ursprünglichen Feuerstelle auftürmte. Um bei den
Fischerleuten an der Küste Eindruck zu schinden, genügte
das kleine Viehzeug aber nicht. Also drang er noch tiefer in den Wald
vor und setzte Bäume und Unterholz in Brand.
    Langsam breiteten die Brände sich aus und vereinigten sich.
Das Feuer war selbst organisiert, nährte sich gegenseitig und
erzeugte einen Sog und Turbulenzen, die den Brand noch weiter
anfachten. Bald vereinigten die einzelnen Brände sich zu einer
wabernden Feuerwand, die sich schneller ausbreitete als ein Mensch zu
rennen vermochte.
    Doch Jo’on hatte den Wald zu diesem Zeitpunkt schon verlassen
und sich in Sicherheit gebracht. Und während die Baumkronen wie
Magnesiumfackeln in Flammen aufgingen, stand er mit der
Speerschleuder bereit.
    Schließlich flohen die Tiere aus dem brennenden Wald.
Kängurus, Echsen und Scharen von Beutelratten flohen in
panischer Angst. Sie rannten in alle Richtungen davon – manche
stürzten sogar blindlings auf Jo’on zu. Er ignorierte die
kleinen, flinken Kreaturen. Doch dann kamen zwei große Tiere
angerannt:

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