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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ein Paar Rotkängurus hüpfte mit hoher
Geschwindigkeit auf ihn zu. Er nahm den Speer, hängte ihn in
seines Großvaters Speerschleuder ein und wartete ab; er
würde nur eine Chance bekommen.
    Im letzten Moment sahen die Kängurus ihn und machten einen
Schlenker. Der Speer segelte durch die Luft, ohne etwas zu
treffen.
    Frustriert schreiend lief er los, um den Speer zu bergen. Er
verfluchte Ledas Sturheit und seine Dummheit, hängte den Speer
wieder in die Schleuder ein und wartete auf eine zweite Chance. Aber
er wusste, dass er kaum noch eine bekommen würde. Er würde
sich mit diesem kläglichen Haufen Beutelratten und Eidechsen
begnügen müssen, denn die großen Tiere waren alle
weg.
    Das Goanna, das Jo’on erlegt hatte, war ein Verwandter der
riesigen Fleisch fressenden Echsen, die einst das rote Zentrum des
Kontinents durchstreift hatten. Dieses Tier war nicht annähernd
so groß gewesen wie seine mächtigen Vorfahren; die Riesen
waren alle verschwunden, durch Jagd und Buschfeuer ausgerottet. Die
Rotkängurus, auf die er es abgesehen hatte, waren ebenfalls ein
schwacher Abklatsch großer Verwandter. Die waren auch alle
ausgerottet worden. Die Überlebenden waren die kleinen, flinken
und schnell sich vermehrenden Tiere, die imstande waren,
Waldbränden und den Speeren der Jäger zu entkommen.
    Seit Ejans Ankunft waren fünfundfünfzig Arten
großer Wirbeltiere ausgelöscht worden. Überhaupt
waren auf dem ganzen Kontinent inzwischen alle Lebewesen
verschwunden, die größer waren als ein Mensch.
     
    Schließlich sah Jo’on das Meer. Er hatte die
Ostküste Australiens erreicht, unweit der Stelle, wo später
der Hafen von Sydney angelegt werden sollte. Das Licht war hier viel
heller als im Landesinneren und stach ihm in die Augen. Der Gestank
von Salz, Seetang und Fisch raubte ihm fast die Sinne, und das
unablässige Tosen der Brandung hallte ihm in den Ohren. Nach dem
Marsch durchs staubige rote Binnenland musste er sich an diese
Reizüberflutung erst einmal gewöhnen.
    Auf dem Weg zum Strand machte er Leute aus, die in Kanus und
Flößen auf See waren. Im gleißenden Licht, das vom
Wasser reflektiert wurde, zeichneten sie sich als schlanke aufrechte
Gestalten ab, die mit Leinen, Netzen und Speeren hantierten. Diese
Leute waren Küstenbewohner, und ihr Hauptnahrungsmittel war
Fisch, den sie für Fleisch aus dem Hinterland tauschen
würden.
    Jo’on ging mit ausgebreiteten Händen auf die Leute zu
und rief Grüße in den paar Worten, die er von der hiesigen
Sprache kannte.
    Die ersten Einheimischen, mit denen er zusammentraf, waren
Mütter mit Babys. Sie aßen sich methodisch durch einen
Haufen Austern und schauten ihn gleichgültig an. Als er auf sie
zuging, trat er auf geöffnete Austernschalen; die Schicht wurde
immer dicker, je näher er den Frauen kam. Schließlich
bemerkte er zu seinem Erstaunen, dass er auf einer Halde von
Muschelschalen ging, die höher war als er – eine Deponie,
die im Lauf der Jahrhunderte von den Sammlern angelegt worden war.
Die Halde lag vor einer der vielen Sandsteinhöhlen, die diesen
Küstenstrich säumten. Ein paar Höhleneingänge
waren mit primitiven Vorhängen aus geflochtener Rinde
verhängt.
    Im Schatten der nächsten Höhle spielten Kinder mit alten
Muscheln.
    Die Frauen zeigten wenig Interesse an ihm. Er ging weiter.
    Schließlich kam eine ältere Frau aus einer der
Höhlen gehumpelt. Sie hatte graues Haar, und die Haut
schlackerte ihr wie ein leerer Sack um den Körper. Sie sagte
etwas Unverständliches, taxierte seine Handelsware
abschätzig und lud ihn mit einem Winken in die Höhle
ein.
    Der Boden war mit Feuersteinsplittern, Muschelschalen,
Knochenspitzen und Holzkohle übersät. Wo er auf den Schutt
trat, sah er darunter liegende Abfallschichten – auch
eingetrockneten menschlichen Kot, der wenigstens nicht mehr stank.
Wie seine eigenen Leute hatten diese Fischer-Leute keinen Sinn
für Sauberkeit und machten sich einfach davon, wenn sie ein
Lager in eine Müllhalde verwandelt hatten. Sie verließen
sich darauf, dass die unsichtbaren Kräfte der Natur den
Müll für sie wegräumten.
    Aber er sah einen Haufen Feuersteine an der Rückwand der
Höhle. Das war ein beneidenswerter Schatz. Es hieß, an
einer anderen Küste im Süden gebe es Höhlen, wo man
den Feuerstein aus den Wänden brechen konnte. Die Leute des
Inneren wie Jo’on kannten die Vorkommen des wertvollen Steins
aber nicht und mussten sie bei jenen eintauschen, die darüber
Bescheid wussten.
    Die

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