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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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schnarchte Cahl auf seiner Pritsche.
Es mutete Juna seltsam an, dass er bei den Frauen wohnte, aber es
schien hier keine Männer-Hütte zu geben.
    Nachdem sie gegessen hatten, führte Gwerei sie aus der Stadt
hinaus durchs Tal und die Anhöhe auf der anderen Seite hinauf.
Sie gingen schweigend, denn sie sprachen keine gemeinsame Sprache:
Juna war quasi stumm und taub. Aber sie war schon froh, nur aus dem
großen Ameisenhügel aus Leuten herauszukommen, der die
Stadt war.
    Bald schlossen sich ihnen weitere Frauen, ältere Kinder und
ein paar Männer an. Sie gingen in Rinnen, die von
unzähligen Füßen in den Boden gefräst worden
waren. Ein paar Frauen schauten Juna neugierig an, und die
Männer taxierten sie, aber sie wirkten schon erschöpft,
bevor ihr Tagwerk überhaupt begonnen hatte. Sie fragte sich, wo
die alle hingingen. Niemand trug irgendwelche Waffen, Speere,
Schlingen oder Fallen. Sie hielten nicht einmal Ausschau nach
Fährten, Spuren oder Dung, die auf die Anwesenheit von Tieren
hingedeutet hätten. Sie hatten keine Augen für das Land, in
dem sie lebten.
    Schließlich erreichten sie das offene Gelände, das sie
gestern schon erblickt hatte, die Felder. Gwerei führte sie auf
eins dieser Felder, wo bereits Leute an der Arbeit waren. Gwerei gab
ihr ein Werkzeug und redete wieder auf sie ein. Dazu schnitt sie
Grimassen, legte die Fäuste aneinander und zog imaginäre
Furchen durch die Luft.
    Juna betrachtete das Werkzeug. Es glich einer Axt und hatte eine
Steinklinge, die mit Sehnenschnüren und Harz an einem Holzgriff
befestigt war. Aber das Ding war groß und gewiss zu schwer, um
als Axt verwendet zu werden, und durch die gekrümmte Steinklinge
war es nicht einmal als Stoßspeer zu gebrauchen. Während
Gwerei sie frustriert anschrie, erwiderte sie den Blick nur.
    Schließlich musste Gwerei ihr zeigen, wie man es machte. Sie
bückte sich, packte das Werkzeug und rammte die Klinge in den
Boden. Dann ging sie mit staksigem Gang und noch immer gebückt
rückwärts und zog das Blatt dabei durch die Erde. Sie hatte
eine Furche in den Boden gezogen.
    Juna sah, dass die anderen Leute genau das gleiche taten wie
Gwerei und ihre krummen Äxte durch den Boden zogen. Sie
erinnerte sich, gestern schon Leute bei dieser Verrichtung gesehen zu
haben. Es war eine leichte Aufgabe, die auch ein entsprechend
kräftiges Kind zu verrichten vermocht hätte. Aber es war
ein hartes Stück Arbeit. Sie hatten erst ein paar Schritt lange
Furchen gezogen, als sie alle schon grunzten und verschwitzte und
verschmutzte Gesichter hatten.
    Und Juna hatte noch immer keine Ahnung, wieso sie das
überhaupt taten. Aber sie nahm das Werkzeug von Gwerei entgegen
und stieß das Blatt in den Boden. Dann folgte sie Gwereis
Beispiel, bückte sich und zog den Stiel rückwärts, bis
sie wie Gwerei eine Furche gezogen hatte. Eine Frau klatschte
ironisch.
    Juna gab Gwerei das Werkzeug zurück. »Ich bin
fertig«, sagte sie in ihrer Sprache. »Was nun?«
    Die Antwort war einfach. Sie sollte das Gleiche noch mal machen,
und zwar dort, wo sie aufgehört hatte. Und immer weiter. Sie und
die anderen Leute hier hatten nichts anderes zu tun, als diese Rillen
in den Boden zu kratzen.
    Den ganzen Tag.
    Aber es war keine Kunst, im Dreck zu wühlen; da stellte sogar
die einfachste Jagd, zum Beispiel das Auslegen einer
Kaninchenschlinge, höhere Anforderungen. Hatten diese Leute denn
gar keinen Verstand und Geist? Aber vielleicht war das auch Teil der
Magie, derer die hiesigen Schamanen sich bedienten, um die reichliche
Nahrung zu erzeugen, den Überfluss, der es ihnen
ermöglichte, sich wie die Maden im Speck zu tummeln und
scharenweise Kinder in die Welt zu setzen. Außerdem war sie
hier eine Fremde, rief sie sich in Erinnerung, und musste sich an
Gwereis Lebensweise anpassen – und nicht etwa umgekehrt.
    Also machte sie sich wieder an die monotone, ständig sich
wiederholende Arbeit. Aber die Sonne war noch nicht viel höher
gestiegen, als sie sich schon danach sehnte, aus dieser Fron
entlassen zu werden und wieder frei über die Hochebene zu
streifen. Und nachdem sie ihren Körper – eine hoch
spezialisierte, für ständige Bewegung ausgelegte Maschine
– einen Tag lang dieser Schinderei unterworfen hatte, wurden die
Schmerzen so stark, dass Juna nur noch vom Wunsch beseelt war, dass
sie endlich aufhörten.
    Am nächsten Tag führte man sie zu einem anderen Feld und
wies ihr die gleiche stumpfsinnige Arbeit zu. Und am
übernächsten wieder.
    Und auch am

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