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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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aber kontraproduktiv. Wenn Rechts
sich nicht wieder erholte, gab es nichts, was er für sie zu tun
vermochte. Er würde sie im Stich lassen müssen, und dann
würde sie sicher sterben.
     
    Die Tage gingen ins Land, und schließlich rutschte die
Sonne, als sie im tiefsten Punkt der Umlaufbahn am Himmel stand,
unter den südlichen Horizont. Anfangs waren die kurzen
Nächte zwielichtig, und in klaren Nächten hoben sich
purpurrote Lichtvorhänge in den weiten Himmel. Doch die
Abstecher der Sonne in die Unsichtbarkeit wurden immer länger,
und die Abschnitte, wo Sterne an einem tiefblauen Himmel leuchteten,
wurden ebenfalls länger. Bald würde es wieder richtig
dunkel werden im polaren Wald.
    Das Wetter wurde schnell kälter und trockener. Regen fiel nur
noch selten, und an manchen Tagen schien die Wärme der Sonne
kaum die Nebelschwaden zu durchdringen. Viele Vögel, die in den
Baumwipfeln lebten, waren bereits verschwunden und unter den
verständnislosen Blicken der Primaten in dicht aufeinander
folgenden Schwärmen in die wärmeren südlichen Gefilde
abgeflogen.
    Noth war erschöpft und derangiert, und seine Träume
handelten von blitzenden Klauen und schnappenden Zähnen. Er
hatte Visionen, dass seine kleine Schwester in riesigen Mäulern
verschwand.
    Ihr größtes Problem war nun der Durst. Es hatte so lang
nicht mehr geregnet, dass die Baumwipfel schon verdorrten. Und die
Bäume verloren bereits das Laub; die letzten Blätter waren
verwelkt und braun. Bald musste Noth sich damit behelfen, jeden
Morgen den kalten Tau von der Rinde zu lecken.
    Schließlich machten die Geschwister sich, vom Durst
getrieben, auf die Suche nach Oberflächenwasser. Unweit des
nächsten großen Sees huschten sie mit großen Augen
einen Baumstamm hinab.
    Auf dem Weg zum Wasser kamen die Primaten an zwei Wesen vorbei,
die wie Miniatur-Hirsche aussahen. Diese schnellen und einzeln
lebenden Läufer hatten die Größe eines Hunds und
lange Schwänze, die sie nachschleppten. Sie ernährten sich
von Blättern und Fallobst. Sie waren Vorfahren der großen
Artiodactylus-Familie, die eines Tages Schweine, Schafe, Kühe,
Damwild, Antilopen, Giraffen und Kamele umfassen würde. Rechts
scheuchte einen Frosch auf. Er hüpfte mit einem ärgerlichen
Quaken davon. Sie wich zurück und schaute das fremdartige
Geschöpf mit großen Augen an. Bald sahen sie noch mehr
Amphibien – Frösche, Kröten und Salamander. Vögel
bevölkerten die Büsche und erfüllten mit ihren
schrillen Schreien die feuchte Luft.
    Noth fühlte sich unwohl. Das Ufer war zu überlaufen.
Noth und Rechts waren nämlich nicht die einzigen durstigen
Geschöpfe in diesem kalten Dschungel.
    Eine meterlange Kreatur wie ein langschwänziges Känguru
rannte vorbei; es handelte sich um ein Leptictidium, das kleine Tiere
und Insekten jagte. Als es mit der biegsamen Nase den Boden
sondierte, scheuchte es einen Pholidocerus auf, einen stachelhaarigen
Vorfahren der Igel. Er hoppelte davon wie ein Kaninchen. Und dort
stand eine dicht gedrängte Pferdeherde. Die Tiere waren klein
– nicht größer als Terrier, aber schon mit richtigen
Pferdeköpfen. Vorsichtig bahnten diese edlen kleinen
Geschöpfe sich einen Weg durchs Unterholz. Sie gingen auf
Pfotenballen wie Katzen und hatten an jedem Fuß ein paar
Hufzehen. Diese Art war erst vor ein paar Millionen Jahren in Afrika
entstanden. Das raue Grollen eines hungrigen Fleischfressers
schreckte die Pferdchen auf, und sie ergriffen sofort die Flucht.
    Durch diese exotische Versammlung schlichen nun die zwei Primaten,
legten Sprints ein und schlugen Haken.
    Der See selbst lag still da und war mit Pflanzen, totem Schilf und
blühenden Algen bedeckt. An manchen Stellen hatten sich schon
dünne graue Eisflächen gebildet. Durchs offene Wasser
wateten Vögel, Vorfahren der Flamingos und
Säbelschnäbler, und große Wasserlilien trieben auf
der Oberfläche.
    Eine Spinne hing überm Wasser an einem seidenen Faden, und
riesige Ameisen – jede so groß wie die Hand eines Menschen
– flogen über den See, um neue Nester zu bauen. Durch diese
Wolke aus Insekten flatterte eine Familie zarter Fledermäuse.
Die fliegenden Säugetiere, die sich erst kürzlich
entwickelt hatten und so groß und filigran wie Papierdrachen
waren, schnappten nach den Insekten. Urtümliche knochige Fische
und ein spiraliger Aal brachen durch die Wasseroberfläche und
fingen das Futter aus der Luft.
    Die Primaten fanden weit genug von den Räubern entfernt einen
Platz, an dem sie

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