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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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sie ginge zum Bad, und fand mich in einem Kinderzimmer wieder.
    Ich trat wieder in den Gang zurück und sah mich um. Vom Korridor zweigte ein halbes Dutzend dieser Standardtüren im Eichenlook ab, und sie sahen alle gleich aus. Ich stand vor der, die zugesperrt gewesen war. Arthurs Zimmer. Das Blaubart-Zimmer. Jemand war kürzlich drin gewesen.
    Mein Blick blieb an einem gerahmten Foto auf der Kommode hängen. Ich ging hin und nahm es in die Hand. Es zeigte eine jüngere Annette, strahlender, mit roten Haaren. Sie posierte auf einer Terrasse mit der Wüste im Hintergrund. Sie sah schön und glücklich aus. Das Foto konnte zwei Jahre alt sein oder sieben. Daneben befand sich noch ein anderes Foto, das umgedreht war. Es war nicht gerahmt, nur so ein kleines Bildchen für die Brieftasche. Es hatte an einer hölzernen Spieldose gelehnt, die aussah wie eine Schildkröte. Ich drehte es um.
    Der Junge war vielleicht acht oder neun, mit einem braunen Haarschopf. Er trug ein weißes Hemd mit Krawatte unter einem blauen Blazer mit dem Emblem einer Privatschule. Anscheinend hatte er versucht zu lächeln, aber sein Mund stand offen. Es war diese gezwungene Fröhlichkeit, um die sich emotional vernachlässigte Kinder oft bemühen, die aber letzten Endes nie funktioniert. Ich legte das Foto wieder aufs Gesicht und las das winzige Gekritzel in blauer Tinte auf der Rückseite.

    Es war der Junge, den ich vor nur zwei Wochen in meinem Garten gesehen hatte. Der Junge mit dem schwarzen Sweatshirt, der vor zwei Nächten in dem leeren Haus gewesen und mir vor weniger als zwei Stunden gefolgt war.
    Annette. Arthur. Aaron. Eine Familie mit A.
    Die Frau schlief am Ende des Gangs. Der Mann hatte Selbstmord begangen. Was war aus dem Sohn geworden?

31
    Es war das Zimmer eines durchschnittlichen Vorstadtjungen, in dem man auf den ersten Blick nicht viele Anzeichen einer Persönlichkeit erkannte. Ich war kein Kriminalbeamter. Die tausend Merkmale, die diesen Jungen, Aaron, einzigartig machten, fielen mir nicht auf.
    Es gab ein Poster von Big Ben Roethlisberger, der sich mit erhobenem Bein ins Kreuz legte, den Arm angewinkelt und bereit, den Baseball zu Neptune zurückzuwerfen. Ein Doppelbett mit einfarbigen grünen Baumwolllaken und einer dünnen, pfefferminzgestreiften Zudecke. Im Schrank befanden sich Fußballschuhe und normale Klamotten. Eine Menge Spielsachen, wahrscheinlich so ziemlich das gleiche Zeug wie bei anderen Einzelkindern von wohlhabenden Eltern. Ein Chemiekasten. Ein ferngesteuertes Flugzeug und eine Art Raumstation hingen von der Decke. Drei angestaubte Medaillen von einem Sportfest in der dritten Klasse, festgesteckt auf einer Korktafel. Plastikroboter und Manga-Comics. Alles säuberlich aufgeräumt in den Regalen, einsatzbereit, nicht in Schachteln weggepackt oder verstaut. Als wäre er einfach vor ein paar Nächten zu Bett gegangen und vor dem Aufwachen plötzlich verschwunden.
    Was macht dich so sicher, dass er tot ist? Der Junge im Haus und auf der Straße war ganz schön lebendig. Und er hat dir eine Handvoll Murmeln gegeben. Vielleicht ist Aaron einfach fortgelaufen.
    Ja, aber sein Gesicht …
    In einem kleinen Multimedia-Center mit einer Tür aus schwarz getöntem Glas war eine Spielkonsole untergebracht. Auf der Deckplatte stand eine Onkyo -Anlage mit CD - und DVD -Player und einem kleinen, zusammenklappbaren Flachbildschirm. Auf dem Schreibtisch lag ein Mac mini . Nette Ausrüstung, aber ich hatte nicht vor, seinen Computer zu durchstöbern, nicht, solange Annette nur ein paar Meter entfernt schlief. Ich brauchte etwas, das er geliebt hatte, das etwas über ihn aussagte. Jungs führen kein Tagebuch, oder? Ich fand jedenfalls keines in seinem Schreibtisch, dafür aber etwas anderes, und das konnte eigentlich kein Zufall sein. In der flachen Mittelschublade lag eine einzelne, aus einem Notizbuch herausgerissene Seite mit Zahlen.
    22 38 44 06
    Und darüber, in derselben, krakeligen Füllhalterschrift wie auf dem Foto:
    mittlere Kombination
    Ich hatte die Kombination zu Staceys Lagerraum ebenfalls in der mittleren Schreibtischschublade aufbewahrt. Ob das die Kombination von Aarons Spind in der Schule war? Doch es schienen zu viele Zahlen zu sein, und sie klangen seltsam vertraut. Vier Zweiergruppen statt der üblichen drei. Ich versuchte, ein Schema darin zu erkennen. 22 38 44 06. Was hatten sie gemeinsam? Wenn überhaupt. Ich starrte an die Wand und dachte einen Moment lang nach, murmelte vor mich hin. 22 38 44 … ich

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