Ewig Böse
Offensichtliche in Worte. »Er hat meine Frau getötet und ist einfach weitergefahren? Was für Menschen sind Sie eigentlich?«
»Ich will Ihnen nicht widersprechen«, antwortete sie. »Ich bin nicht gekommen, um ihn zu verteidigen. Es war unverzeihlich. Ich werde tun, was immer Sie von mir verlangen.«
Was wollte ich denn? Meine Frau zurück. Das war nicht möglich. Der Kopf ihres Mannes auf einem Tablett wäre hübsch gewesen, aber dazu würde es auch nicht kommen.
»Was wollen Sie?«, fragte ich. »Warum sind Sie hier?«
»Ich dachte, Sie hätten ein Recht darauf, die Wahrheit zu wissen. Ich bin ein paarmal vorbeigefahren, und als ich sah, dass das Haus zu vermieten ist, dachte ich einfach … es war fast wie ein Zeichen. Schicksal, so blöd das klingt. Ich musste ja irgendwohin, und ich hoffte, wenn ich näher bei Ihnen wäre, könnte ich alles besser durchdenken und den besten Weg finden, um …«
»Um was?«
»An Sie heranzutreten. Irgendwie zu helfen. Ich weiß nicht. Mir ist nichts geblieben, aber alles, was ich habe, gehört Ihnen.«
Das brachte mich erst recht in Rage. »Was stand in dem Abschiedsbrief?«
Annette nickte. »Er schrieb ihn auf einen Notizblock und legte die Zeitungsartikel daneben, die Berichte über Stacey.«
»Halten Sie den Mund. Nennen Sie meine Frau nicht beim Namen, als würden Sie sie kennen.«
»Tut mir leid. Ihre Frau. Er schrieb, es tue ihm leid, dass er mich angelogen und damit verletzt hätte, aber er sähe keine Möglichkeit mehr, mit sich selbst weiterzuleben, selbst wenn er ins Gefängnis ginge. Er war an jenem Morgen auf dem Weg zur Arbeit, und weil der Freeway verstopft war, nahm er die Ausfahrt. Manchmal fuhr er über die Western oder La Brea ins Büro nach Century City. An der Ampel Western und Washington war eine Baustelle. Er war spät dran und hatte eine wichtige Besprechung. Ich weiß, dass er in der Firma unter großem Druck stand. Sie steckten tief in der ganzen Immobilienblase drin, wie andere Banken auch. Sie hatten ein ganzes Bündel an toxischen Papieren. Er kam zu spät zu einem Treffen mit neuen Investoren. Er verlor die Geduld. Er steckte im Verkehr fest, und dann sah er diese Gasse. Er beschloss, sie als Abkürzung zur Arlington zu nehmen. Er fuhr beinahe hundert, als sie aus der Garage kam.«
Ich konnte sie nicht ansehen. Ich hatte die Hände über die Augen gelegt. Ich wippte mit dem Oberkörper, während sie weitersprach.
»Er konnte nicht mehr bremsen. Er stieg aus, aber sie … es war zu spät. Er sagte, dass er sich nach Hilfe umgesehen hat, aber da war niemand. Niemand hatte ihn gesehen, und es war aus, er wusste, es wäre sein Ruin … Er würde die neuen Investoren verlieren und ins Gefängnis gehen. Er hatte Angst. Er fuhr weiter, es war ein Augenblick der Schwäche.«
»Ein Augenblick der Schwäche. Er hat meine Frau ermordet.«
»Es tut mir leid. Es tut mir so leid.« Sie begann wieder zu schluchzen.
Ich schmetterte mein Bier gegen die Wand. Es knallte gegen ein gerahmtes Szenenfoto aus Purple Rain . Das Glas splitterte direkt unter Prince’ Autogramm. Stacey hatte es mir zum sechsundzwanzigsten Geburtstag geschenkt.
Annette prallte entsetzt zurück.
»Hören Sie auf zu flennen!«
Sie krümmte sich, und nach ein oder zwei Minuten fing sie sich wieder. Sehr leise sagte sie: »Wollen Sie den Rest hören?«
Nein, aber ich musste es wissen. Ich nickte.
Sie zitierte den Rest seines Abschiedsbriefs aus dem Gedächtnis. »Er schrieb: ›Ich habe mich wie ein Monster verhalten. Wenn ein anderer Mann dir das angetan hätte, ich hätte keinen Moment gezögert, ihn zu töten. Ich habe in mein Innerstes geblickt, und ich kann nicht damit leben, was ich dort gesehen habe. In dieser Welt ist kein Platz für mich. Ich verdiene keine Vergebung für meine Sünden. Aber wenn du kannst, bitte verzeih mir, dass ich dich verlassen habe. Ich hoffe, eines Tages werden wir wieder vereint sein. Arthur.‹«
Ich hatte das Gefühl, mein Kopf würde gleich platzen, hoffte sogar fast darauf. Die ganze Zeit hatte ich es wissen wollen, aber jetzt war dieses Wissen nutzlos.
»Aber Sie sind auch nicht zur Polizei gegangen«, sagte ich. Falls doch, hätten die mich benachrichtigt.
Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich werde es tun. Und Sie sollten das auch. Ich kann Ihnen die Namen der Beamten geben, die Arthurs … Ich zeige Ihnen den Brief, wenn Sie wollen.«
Irgendetwas stimmte da nicht. »Sie haben den Brief nicht der Polizei gegeben? Diesen Brief,
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