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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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silbernen, ellbogenlangen Satinhandschuhen bekleidet in den Ballsaal gerufen, wo sie mich bei Kerzenschein erwartete. Während wir aufeinander zuschritten wie die Hauptdarsteller aus dem Filmtipp der Woche im Romantikkanal, vertrat sie sich den Knöchel und fiel hin. Ich bekam einen Lachanfall, sie fing an zu weinen, und nachdem sie mir eine geklebt hatte, musste sie ebenfalls lachen. Es endete damit, dass ich sie ins Schlafzimmer trug und ihren Knöchel in Eis packte, worauf sie vor Kälte zu zittern anfing und uns Der Sex mehr oder weniger verging. Irgendwie machte die Katastrophe, in der ihre Verführungsszene durch ihre Tollpatschigkeit geendet hatte, mich glücklicher, als jeder Sex es gekonnt hätte, oder es berührte mich einfach tiefer. Ich erinnere mich daran, wie ich dachte: Das ist echt Stacey . Unschuldig, nicht geschaffen für die dunklen Seiten des Lebens, aber immer bereit, ihr Bestes zu geben. Immer bemüht, mich glücklich zu machen.
    Jetzt eilte ich in den Ballsaal.
    Er war fensterlos und blieb immer heiß und muffig – egal, wie oft ich Olivia bat, ihn zu lüften. Das letzte Mal, als ich mitten in der Nacht hier gewesen war, hatte ich so viel Sehnsucht und Zorn gespürt, dass es mich beinahe überwältigt hätte. Es kam wie ein heißes Aufflackern, feminin, nicht von mir. Es schlängelte sich über meine Schultern, kratzte auf der Haut. Vielleicht lag es daran, dass ich körperlich so heruntergekommen war, aber ich fiel in Ohnmacht. Es passierte an Thanksgiving, nachdem die Lions wieder mal mit drei Touchdowns verloren hatten. Ich kam erst in der Garage wieder zu mir, im Audi, und die Schlüssel steckten im Zündschloss. Ich kann mich nicht daran erinnern, den Ballsaal verlassen, die Treppen hinunter und zur Hintertür hinausgegangen zu sein. Irgendetwas in mir machte einfach dicht, eine Sicherung brannte durch, und das war’s. Das Garagentor stand offen, die Straße lockte hinter mir.
    Seitdem hatte ich den Ballsaal nicht mehr betreten.
    Bis zur Nacht von Staceys Todestag, als ich von diesem kalten Gefühl an den Füßen aus einem trunkenen Schlaf gerissen wurde. Es gab einen Zeitsprung – und dann stand ich in der absoluten Dunkelheit des Ballsaals, eingehüllt vom vertrauten Vakuum des Schweigens, während ich darauf wartete, dass es begann.
    Eine Minute verstrich, aber nichts geschah. Keine Visionen stürmten auf mich ein. Ich stand einfach genau in der Mitte des Raums, den Kopf gebeugt, nicht ganz sicher auf den Beinen.
    »Hallo?«
    Ich hasste den Klang meiner Stimme, wenn ich allein war. Hier drinnen, zu dieser Stunde, brachte das mein Herz ins Stolpern. Der fensterlose Ballsaal war so dunkel, dass ich nicht die Hand vor Augen sah.
    »Was willst du?«, fragte ich, mittlerweile ebenso erbost wie verängstigt.
    Niemand antwortete. Ich setzte mich auf den Boden, müde und desorientiert. Es dauerte einen Moment, bis mein Kopf sich wieder in das altvertraute Schema einklinkte. Es hatte aufgehört, als ich ins Erdgeschoss hinuntergezogen war, aber jetzt ging es wieder los.
    Vielleicht bin ich gar nicht hier, dachte ich. Möglicherweise schlafe ich tief und fest unten auf dem Sofa. Aber wie kann ich mir sicher sein? Ich sollte eine Kamera montieren, eine mit Bewegungssensor und Nachtsichteigenschaften. Sobald sich dann etwas Größeres als eine Ratte in diesen alten Ballsaal verirrt, zack.
    Ich stellte mir vor, wie ich ein Video betrachtete, das mich selbst als Schlafwandler zeigte, der Bildschirm körnig und grün vom Infrarotobjektiv, und fragte mich, was ich wohl sonst noch in dem Ballsaal sehen würde? Was, wenn ich mich selbst filmte und am nächsten Morgen, wenn ich die Aufzeichnung ansah, in einer Ecke etwas bemerkte? Einen Schatten, der aus der Dunkelheit heraustrat wie ein Jackett im Schrank, wenn man die Tür öffnete. Ein paar weiße Kugeln wie gekochte Eier, die anderthalb Meter über dem Boden schwebten. Also nein, bei genauerer Betrachtung, nein, das lassen wir lieber bleiben. Wir werden nicht filmen, was in Casa Hastings möglicherweise passiert oder nicht passiert. Den Film kennen wir schon, und er hatte kein Happy End.
    Ich rieb mir die Augen, und dann stieß meine Hand gegen etwas Hartes, Unförmiges auf dem Boden. Meine Finger schlossen sich darum. Es war mein neues Spielzeug, die Glock 27.
    Ohne darüber nachzudenken, wie sie dorthin gekommen war, nahm ich die Waffe und ging zur Tür. Aber nach wenigen Schritten blieb ich stehen, gelähmt von dem Druck, eine Entscheidung

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