Ewig sollst du bueßen
Universum.
Ein Kellner kam von hinten auf sie zu und bot auf einem Tablett
Sushi an. Als Anna sich umdrehte und nach einem pikanten Thunfischmaki griff,
sah sie ein bekanntes Gesicht. Nick Wagner stand eine Gruppe weiter und
lächelte sie zögerlich an. Anna konnte nicht so tun, als ob sie ihn nicht sehen
würde. Sie erhob ihr Maki zu einem fischigen Gruà und wandte sich wieder ihrer
Gruppe zu. Er hatte sie nach der Verhandlung ein paar Mal angerufen, doch sie
war auf seine Nachrichten, die er auf ihrer Mailbox hinterlassen hatte, nicht
eingegangen. Sie war noch nicht so weit, mit ihm zu sprechen. Nur einige Augenblicke
später stand er hinter ihr. Anna verkrampfte sich, als sie seine Anwesenheit
spürte.
»Ich hatte gehofft, dich hier zu treffen«, sagte Nick.
»Warum?« Sie drehte sich ein wenig, um ihn anzusehen, doch machte
ihm keinen Platz, um zu ihrer Gesprächsrunde zu stoÃen.
»Ich brauche jemanden, der mich daran erinnert, warum wir im
Superior Court arbeiten, anstatt bei Arnold & Porter zu unterschreiben. Ich
weià nicht, wie es bei dir ist, aber ich könnte mich an abendliches Sushi gewöhnen.«
Sie verzog keine Miene. »Das hat mit dem Wunsch nach Gerechtigkeit
zu tun und mit dem Bedürfnis, dem Allgemeinwohl zu dienen, denke ich. Oder, wie
in deinem Fall, Ungerechtigkeit zuzulassen und die Ãffentlichkeit zu
gefährden.«
Nick lachte. »Ich hoffe, du machst dich wegen des Falles nicht mehr
verrückt, Anna. Du hast einen tollen Job gemacht. Laprea wollte nur einfach
nicht, dass ihr Freund ins Gefängnis wandert. Sie hat diese Entscheidung getroffen â es war keine Entscheidung, die du oder ich für sie treffen konnte.«
»Wie geht es Dâmarco Davis?«, fragte Anna spitz. Sie hatte seit dem
Prozess vor zwei Monaten mehrfach versucht, Laprea anzurufen, doch Laprea hatte
nicht abgenommen. Laprea hatte keine Lust, sich mit ihr zu unterhalten.
Nick antwortete vorsichtig, denn er wusste, dass er sich auf
gefährlichem Boden bewegte. »Es geht ihm tatsächlich ganz gut. Er hat eine
eigene Wohnung und geht regelmäÃig zur Schule und zu seinen Antiaggressionskursen.«
»Und hat er seine Hände von Laprea gelassen?«
»Es hat keine Probleme gegeben. Ich denke wirklich, dass er sich auf
dem richtigen Weg befindet.«
»Ach Nick. Du weiÃt doch genau, dass er sich nicht ändern wird. Wie
hattest du ihn nur verteidigen können?«
»Jeder hat das Recht auf eine gute Verteidigung.«
»Rein theoretisch ist das eine gute Idee. Aber du siehst doch, was
im wirklichen Leben daraus wird.«
»Die Kids haben in diesem ganzen System keine Chance, Anna. Ich bin
nur ein paar Kilometer von Dâmarco Davis entfernt aufgewachsen und bin wahrscheinlich
mit mehr davongekommen als er. Wenn ein Jugendlicher in Potomac ein bisschen
Gras raucht, dann ist das kein Problem und er geht nach Princeton. In Southeast
wimmelt es nur so von Polizei. Wenn hier derselbe Jugendliche mit demselben
Gras geschnappt wird, dann hat er eine Vorstrafe. Er wird keinen Job bekommen
und deshalb mit Drogen handeln. Und viele Cops sind brutal und verlogen. Das
ganze System ist beschissen. Ich will bei diesen Kids die Dinge nur ein wenig
ins Gleichgewicht rücken. Menschen brauchen ein wenig Spielraum, um
herauszufinden, was richtig und was falsch ist, ohne dass ein korrupter
Polizeistaat sie dabei nötigt.«
»Blödsinn.« Anna funkelte ihn an und ihre Wangen wurden vor Ãrger
hochrot. »Wenn dein Vater deine Mutter halb tot schlagen würde, wärst du verdammt
noch mal sehr froh, wenn jemand â irgendjemand â ihn aufhalten würde. Erzähl
mir also nichts über âºNötigungâ¹ und âºkorrupten Polizeistaatâ¹. Das sind naive,
anarchistische Ideen, die von Leuten vertreten werden, die von der Realität
häuslicher Gewalt keine Ahnung haben.«
Sie wusste, dass dies weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige
Ort war, um über ihre Familie zu sprechen, aber seine selbstgefällige
Ãberheblichkeit machte sie wütend. Nick blickte sie forschend an, fragte sich
ganz offensichtlich, aufgrund welcher persönlichen Erfahrung sie sich bei
diesem Thema qualifizierter fühlte als er. Doch bevor Nick antworten konnte,
kam ihm flötend die rothaarige Lobbyistin dazwischen.
»Anna, stellst du uns deinem süÃen Freund vor?«
Anna versuchte sich zu beruhigen, als sie Nick
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