Ewig sollst du schlafen
einmal von Barbara Marx und Ihnen gewusst.« Sie hob einen Finger. »Nein! Er wusste es! Verstehen Sie«, sagte sie und wurde immer aufgeregter, »der Grabräuber will, dass wir zusammenarbeiten. So bekommt er Aufmerksamkeit seitens der Medien und der Polizei. Durch die Verbindung zu mir macht er Schlagzeilen auf Seite eins. Durch den Kontakt zu Ihnen bringt er die Polizei auf seine Fährte. Er kann sicher sein, dass Sie schon aufgrund Ihrer Beziehung zu Barbara Marx alles daransetzen werden, ihn zu stellen. Er lacht uns beide aus, denn für ihn ist es ein Spiel.
Sein Spiel.
Und er rechnet fest damit, als Sieger daraus hervorzugehen.«
»Was die Gründe für den Kontakt zu uns angeht, stimme ich mit Ihnen überein«, erwiderte Reed. Er ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen und trat zurück, um Abstand zu Nikki zu gewinnen. Er musste einen klaren Kopf behalten und sich konzentrieren. »Aber ich weiß nicht, ob ich die Aposteltheorie unterschreiben würde. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
»Das ergibt aber einen Sinn.«
»Wenn mich der Täter mit dem Mord an Bobbi Marx treffen wollte, dann tötet er alle anderen nur um eines Bezugs zur Bibel willen?«
»Wer weiß schon, was in seinem kranken Kopf vorgeht?«
»Bis jetzt ist das alles nur eine Hypothese.«
»Aber eine gute, das müssen Sie zugeben.«
»Wir werden sie berücksichtigen, aber«, fügte er hinzu, als er den Grund für ihre Begeisterung erkannte, »Sie werden nichts davon in die Zeitung setzen.«
Sie zögerte.
»Immer langsam, Gillette. So lange, bis sie von mir oder von der Polizeibehörde die Fakten und grünes Licht bekommen, werden Sie nichts über den Stand der Ermittlungen bringen. Nichts über die Botschaften, nichts über die Opfer, nichts über Ihre Theorie oder die Vorgehensweise des Mörders.«
»Aber –«
»Nikki«, sagte er und neigte sich ihr wieder zu. Seine Nase war kaum zehn Zentimeter von der ihren entfernt. »Es ist mein Ernst. Wenn Sie übereilt handeln und etwas von dem, was wir hier besprechen, in der Zeitung erscheint, sorge ich persönlich dafür, dass man Sie verhaftet.«
»Wegen?«
»Wegen Hintertreibens der Ermittlungen zunächst einmal.«
»Verdammt noch mal, Reed, ich dachte, wir hätten ein Abkommen.«
»Haben wir auch. Wenn alles vorbei ist, bekommen Sie die Exklusivstory. Die Insiderdetails. Falls wir den Kerl lebendig in die Finger kriegen, dürfen Sie ihn interviewen, aber bis dahin müssen Sie sehr vorsichtig sein mit dem, was Sie schreiben. Und ich will es absegnen.« Kleine Falten bildeten sich zwischen ihren Augenbrauen, und sie war offenbar im Begriff zu widersprechen, doch schließlich stieß sie nur gereizt den Atem aus und gab nach. »Okay. Aber ich werde als Entdeckerin der Apostelthese genannt, und Sie halten mich über den Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden.« Er zog einen Mundwinkel hoch. »Ich arbeite nicht mehr an dem Fall, vergessen Sie das nicht.«
»Sparen Sie sich das, Reed. Ich will wissen, was Sie wissen, und zwar sobald Sie es erfahren.« Sie rückte mit ihrem Stuhl zurück. »Oh, Himmel, das habe ich ganz vergessen.« Sie blickte auf ihr Telefon. Das blinkende Signallämpchen des altmodischen Anrufbeantworters kündigte Nachrichten an. »Einen Moment bitte.«
Sie lehnte sich mit der Hüfte gegen die Arbeitsplatte und drückte die Abhörtaste. Eine roboterhafte Stimme sagte: »Sie haben drei neue Nachrichten. Nachricht eins.« Ein Klicken ertönte; der Anrufer hatte aufgelegt. »Na toll. Schon wieder«, sagte sie. »Das Gleiche wie auf meinem Anrufbeantworter im Büro – aufgehängt.«
»Im Büro?« Das gefiel ihm nicht.
»Ja. Das kommt schon mal vor. Die Leute sind halt ungeduldig.«
»Nachricht zwei«, sagte die Roboterstimme. »Hey, Nikki, gehst du mir aus dem Weg? Komm schon, ruf mich an.« Eine eindeutig männliche Stimme nannte eine Telefonnummer, und Nikki furchte die Stirn. »Ein Exfreund«, erläuterte sie, und unerklärlicherweise verspürte Reed Eifersucht. »Sean Hawke. Er hat vor ein paar Jahren mit mir Schluss gemacht und begreift nicht, dass ich mich ihm nun nicht freudig in die Arme werfe.«
»Vielleicht sollten Sie das tun«, sagte er probehalber. »Ich überleg’s mir. Aber erst an dem Tag, an dem die Hölle einfriert.«
»Nachricht drei.«
»Nikki?« Eine Frauenstimme. »Es war weiß Gott nicht einfach, dich vorhin zu verstehen. Hätte ich deine Nummer nicht auf dem Display gesehen, wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass du das warst.
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