Ewig
einen Ritterorden zu gründen, im Zeichen des heiligen Drachentöters und zum Kampf gegen die Türken«, erklärte Gavint.
»Und dann?«, hakte Georg ungeduldig nach.
Der Südafrikaner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, lächelte unbeeindruckt weiter und setzte seinen Satz fort: »Und dann? Ich sage es Ihnen ja, dann passierte ein bürokratischer Lapsus. Friedrich rechnete offenbar fest damit, dass die offizielle Geburtsstunde seiner Bruderschaft 1468 schlagen würde. Diese Zahl ließ er verschlüsselt an der Wappenwand anbringen. Aber leider ließ sich Seine Heiligkeit Papst Paul II. bis zum 1. Januar 1469 Zeit, die entsprechende Urkunde auszustellen. Die Bürokratie im Vatikan hatte dem Kaiser ein Bein gestellt. Sie sehen, auch dem langfristig planenden Kaiser Friedrich unterliefen Fehler.«
»Das wäre Ihnen sicherlich nicht passiert, oder irre ich mich?«, warf Paul spöttisch ein, den die betont zur Schau getragene Selbstsicherheit des Mannes ärgerte.
Gavint schaute ihn nachsichtig an. »Warum so feindselig, Paul? Ich darf Sie doch Paul nennen? Ihr Freund Professor Sina hat Sie vorhin auch so genannt. Hat Ihnen das Feuerwerk vor Ihrer Remise etwa nicht gefallen? Den Bewahrern oder Todesengeln, wie sie die Zeitungen nannten, hat es ganz sicherlich nicht in den Plan gepasst.« Der Tonfall des Südafrikaners wurde mit einem Schlag kalt und distanziert. »Vergessen Sie eines nicht, Herr Wagner. Ohne mich würden Sie und Professor Sina schon längst auf der Harfe spielen und frohlocken, zusammen mit den Engeln, die Friedrichs Geheimnis bewachen.«
Paul schluckte.
»Ich war an Ihrer Seite in den letzten Tagen, ich habe Sie beobachtet, Sie beschützt. Es gibt keinen Grund für Ihre Feindseligkeit.« Gavint lehnte sich an die Kirchenbank und blickte sich in der Kirche um. »Glauben Sie, dass Sie so weit gekommen wären ohne meine Hilfe?«
Paul war verwirrt. Der Mann wusste offensichtlich Bescheid, aber auf welcher Seite stand er? Er sah nicht gerade chinesisch aus und zu den Todesengeln konnte er auch nicht gehören. Noch ein Geheimdienst? Wie viele Seiten gab es in diesem Rennen um das große Geheimnis überhaupt?
»Waren Sie etwa auch in Chemnitz?«, fragte er den eleganten Fremden.
»Nein, das war ein Ausflug, den ich nicht mitgemacht habe.« Gavint lächelte wieder und die Kälte in seinen Augen war mit einem Schlag verschwunden.
Ein gefährlicher Mann, dachte sich Georg und mit einem Seitenblick auf Paul stellte er fest: »Zugegeben, ich bin beeindruckt. Ihre Show ist gut, Ihre Informationen dafür leider weniger. Auf die Sache mit dem Ritterorden Friedrichs und dem bürokratischen Lapsus wäre ich nach ein wenig Nachdenken und Wälzen der richtigen Bücher auch gekommen. Und der kleine ›Knall‹ in Breitensee stand gewiss in jeder Zeitung. Also – nichts Besonderes, was Sie uns da anbieten. Sie pokern ein wenig und wir zwei hier …«, er deutete auf sich und Paul, »… haben dabei einen verdammt hohen Einsatz. Unser beider Leben ist im Topf. Ist Ihnen das klar?«
Gavint legte den Kopf schief, dann nickte er stumm.
Georg ließ sich nicht bremsen. »Aber wie steht es mit Ihnen? Warum oder für wen sitzen Sie am Tisch? Ich will jetzt wissen, ob Sie bluffen. Also erhöhen Sie den Einsatz oder passen Sie und verschwinden dahin, wo Sie hergekommen sind.«
»Sie wollen, dass ich die Karten auf den Tisch lege, Professor? Aber das nimmt dem Spiel doch den Reiz«, grinste Gavint und schüttelte den Kopf.
»Das ist mir vollkommen egal«, knurrte Georg und fixierte den Südafrikaner. »Unser Einsatz ist der höchste hier am Tisch und ich wiederhole: Ich will sehen!«
»Also gut, ich erhöhe, um bei Ihrem Bild zu bleiben, Professor. Sie wollen sehen? Dann zeige ich Ihnen etwas. Kommen Sie mit!« Der elegante Mann drehte sich um, ging erhobenen Hauptes voran und gab Paul und Georg über die Schulter ein Zeichen, ihm nach draußen auf den Burgplatz zu folgen.
Die schmale Frau, die hinter einem der massiven Kirchenpfeiler hervortrat, blickte den drei Männern überrascht nach und folgte ihnen dann in einigem Abstand.
»Was sehen Sie dort, Professor?«, fragte Gavint, deutete nach oben und blickte den Wissenschaftler erwartungsvoll an. Es regnete noch immer und lauter kleine silberne Perlen schienen entlang der Wappenwand vom Himmel zu fallen.
»Die Kirschenmadonna. Besser gesagt, ihre Kopie, das Original steht im Inneren der Kirche«, sagte Georg und wartete auf die versprochenen Erklärungen. Paul
Weitere Kostenlose Bücher