Ewig
Fußboden neben dem Bett war alles, was man fand. Ihre Spitze war noch nass.
Kapitel 4 – 11.3.2008
Burg Grub, Waldviertel/Österreich
P aul Wagner hatte schlecht geschlafen und wachte völlig gerädert auf. Ihm war kalt und er hoffte, dass er jemals so alt werden würde, wie er sich fühlte. Noch ein paar Nächte auf dieser Burg und ich bekomme die Gicht, dachte er, bevor er entdeckte, warum seine Beine so schwer waren. Tschak lag auf seiner Bettdecke und schlief selig.
Wagner hörte Lärm durch das geöffnete Fenster aus dem Burghof herauf schallen und entschloss sich schweren Herzens aufzustehen, Tschak von seinen Beinen zu vertreiben und den Tag zu beginnen. In seinem Kopf tobte ein Schwarm Hummeln und ihm wurde klar, dass die zahlreichen Schnäpse nach dem Rotwein gestern Abend zwar der Verdauung, keineswegs aber dem Wohlbefinden heute Morgen zuträglich gewesen waren.
Die Dusche, eher lauwarm, trug auch nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Sina hatte wohl noch einen dieser alten Holzöfen, der das Wasser kaum wärmt, dachte Wagner und sehnte sich nach seiner Straßenbahn-Remise in Wien mit dem Jacuzzi und der kleinen Sauna. Er liebte es bei Kerzenlicht und einem Glas Wein zu baden und sich im heißen Wasser zu entspannen.
In der Hoffnung, irgendwo immer der Nase nach auf frischen Kaffee zu stoßen, machte er sich auf den Weg in das Untergeschoss des Wohnturms. In der Küche hatte er kein Glück, wie er nach einem raschen Blick feststellte. Der Herd war verwaist und es roch nur nach kalter Asche. Im Wohnzimmer war es wärmer, das Feuer im Kamin brannte heimelig und auf dem Tisch stand eine Kanne Tee. Wagner schenkte sich ein, nahm den Becher mit ans Fenster und schaute hinaus. Im Burghof sah er Sina mit Holz und Hacke hantieren, sein Atem stand weiß und dicht in der stillen Morgenluft. Es musste kalt sein.
Ein Blick auf sein Handy bestätigte dem Reporter, was er schon befürchtet hatte – kein Empfang. Das ist so ziemlich der letzte Platz auf Erden, wo ich begraben sein möchte, dachte er sich und trank den Tee aus. Dann nahm er seine dicke Winterjacke vom Haken, öffnete die Tür, ließ einen Schwall kalter Luft herein und trat hinaus in den klaren Morgen.
Sina war damit beschäftigt, die frisch gespaltenen Holzscheite aufzustapeln und man konnte ihm ansehen, dass er die Tätigkeit in der frischen Luft genoss. Abschließend zog er das kleine Beil aus dem Hackstock, wog es in der Hand und sah Wagner in der Türe stehen, der missmutig zum Himmel schaute.
»Zu viel klare Luft für dich um diese Zeit?«
Der Reporter nickte. »In Verbindung mit keinem Kaffee, einer lauwarmen Dusche und einem Hund in meinem Bett ein totales Fiasko.«
»Dann komm mit, Paul, ich zeig dir was.« Sina schien, einmal wieder daheim auf seiner Burg, aufzublühen. Er ging um die Ecke des Turms und Wagner, der ihm folgte, sah in der Mitte des kleinen Hofes vor sich drei Äxte auf einer Bank liegen. Sie hatten eine polierte Doppelschneide und waren kleiner als das Beil, das Sina zum Holzhacken benutzt hatte. Wagner nahm eine in die Hand, wog sie und fand sie überraschend ausbalanciert. Der schwere Metallstiel hatte eine kleine Kugel am Ende, die wohl als Gegengewicht fungierte. Sina deutete auf eine Holzwand, rund 25 Meter von der Bank entfernt.
»Siehst du die drei Spielkarten?«, fragte er seinen Freund und Wagner schaute genauer hin. Er sah ein Herz-Ass, einen Pik-König und eine Pik-Zehn in Abständen von rund fünfzig Zentimeter voneinander an die Holzwand geheftet und winkte ab.
»Ja, ja, und Georg Sarrasani wird Ihnen jetzt vorführen, wie er mit drei Wurfäxten – Trommelwirbel bitte – genau in der Mitte diese Spielkarten halbiert.« Wagner hatte den Ton eines Zirkusdirektors angenommen, lachte und fuhr schließlich fort: »Du hast zu lange in deinen Mittelalter-Büchern geschmökert, Georg.«
Der Wissenschaftler lächelte, nahm mit einem Griff alle drei Äxte von der Bank und warf eine nach der anderen so schnell und sicher, dass Wagner wusste, sein Freund machte das nicht zum ersten Mal. Der Reporter ging langsam zur Holzwand hinüber und sah staunend auf die in der Mitte geteilten Spielkarten. Die Klingen der Äxte steckten tief im Holz und Wagner musste seine gesamte Kraft aufwenden, um sie herauszuziehen. Als er sich umdrehte, sah er Sina noch immer an derselben Stelle stehen. Er hatte jetzt zwei Wurfmesser in der Hand und sah ihn abschätzend an.
Wagner blieb stehen und rührte sich nicht mehr. »Georg,
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