Ewige Schreie
Geräusch drang, das an ein hohles Pfeifen erinnerte. James zuckte erschreckt zurück.
Neben dem Grab lag sie. Die Augen waren verdreht. Irgendwie starr und anklagend blickten sie in Richtung Himmel. Ein leerer, ein toter Blick. Aus der Mundhöhle drangen die röchelnden Laute. Manchmal krächzend, dann wieder schriller.
Das Totenkonzert der anderen war auch leiser geworden. Aber die schaurige unheimliche Melodie brach nicht ab. Sie schwebte weiterhin über den alten Friedhof und vereinigte sich mit dem Wind, der die Untermalung bot.
James McMullogh winkelte seinen Arm an. Die Finger umschlossen den Holzpflock. Für einen Moment verzerrte sich sein Gesicht im unteren Teil. Er zog die Lippen zurück und entblößte die Zähne zu einem häßlichen Grinsen.
Darin lag alles, was er in diesem Augenblick empfand. Haß, Abscheu, Widerwillen.
»Ja«, flüsterte er heiser und rauh. »Ich werde dir deinen verdammten Letzten Wunsch erfüllen. Ich bringe dich noch einmal um. Diesmal endgültig, so wie du es haben wolltest.« Bei den letzten Worten versiegte seine Stimme, da es heiß die Kehle hochstieß. Tränen verschleierten seinen Blick, die Mundwinkel zuckten, und es war zu spüren, wie schwer es ihm letzten Endes fiel, das zu tun, was sein mußte. Aber es gab kein Zurück!
Noch schrie sie.
Noch drangen gräßliche Laute aus ihrem Mund. Aber das würde aufhören. Sie sollte in das kühle Grab geworfen werden. Sie sollte… Seine Gedanken brachen ab. Er überwand seinen inneren Schweinehund, den letzten Rest von Gefühl, der noch vorhanden war und ihn an seiner Tat hindern wollte.
»Jetzt!« keuchte er.
In diesem Augenblick geschah es. Urplötzlich war die Knochenhand da, und sie umklammerte mit eisernem Griff sein rechtes Gelenk…
***
Sie waren zu dritt!
Wir nur zu zweit. Und ich zweifelte daran, daß mir Helen Cloud eine Hilfe sein würde, sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen. Auch sie hatte die Männer unten gehört, schaute mich fragend an, und ich schüttelte den Kopf, wobei ich sie allerdings vorschob, so daß sie zwischen den Handläufen in die Tiefe schauen konnte. Helen verstand. Von dieser Stelle aus konnte sie zwar nicht die gesamte Etage überblicken, aber einen Teil, so daß sie auch die Männer erkennen konnte.
Sofort zuckte sie wieder zurück.
»Was ist?« fragte ich leise und zog sie weiter in den kleinen Flur hinein.
»Die kenne ich.«
»Und?«
»Es sind Männer aus dem Ort.«
Das hatte ich mir gedacht. Ich konnte mir auch denken, was sie wollten, sprach aber über dieses Thema nicht, denn ich wollte erst abwarten, ob sich meine Vermutung auch bestätigte.
»Und was machen wir jetzt?« Helens Stimme klang nach wie vor sehr leise, jedoch war die Angst deutlich herauszuhören.
»Wir lassen sie erst einmal hochkommen«, erwiderte ich. Sie nickte.
Die Männer kamen. Den ersten Absatz hatten sie bereits hinter sich gelasssen und gingen jetzt die noch fehlenden Stufen hoch. Wir konnten sie sehen, sie sahen uns, und sie blieben stehen, als wären sie vor eine Mauer gelaufen.
So hatte ich Zeit, mir die Leute anzusehen.
Es waren kräftige Männer im besten Alter. Sie trugen einfache Hemden und Hosen. Bei einem sahen die roten Hosenträger aus wie kräftige Blutstreifen.
Der Mann schien der Anführer zu sein. Auf seinem Kopf wuchs fast kein Haar mehr, sein Gesicht war schwammig, die Nase ein Fleischklumpen, und er musterte uns mit harten Augen.
Mich übersah er, denn er sprach Helen an. »Warum bist du gekommen?«
»Das geht Sie nichts an!«
»Doch.« Er ging weiter vor, ließ die letzten drei Stufen hinter sich und blieb vor uns stehen. »Es wäre besser gewesen, wenn du dageblieben wärst.«
»Und warum?« fragte ich. »Haben Sie etwas zu verbergen, Mister?«
Er drehte seinen Kugelkopf und schaute mich an. Zum erstenmal schien er mich überhaupt wahrzunehmen, aber es war beileibe kein freundlicher Blick, mit dem er mich bedachte. »Was suchst du hier?« fuhr er mich an.
»Wer bist du?«
»Ein Freund von Helen!«
»Okay, Mac. Dann halte dich hier raus und verschwinde so schnell, wie du gekommen bist. Nimm Helen mit, es ist das beste für euch, das kann ich dir raten.«
»Ich möchte aber wissen, was gespielt wird!« blieb ich stur.
»Das geht Fremde einen Dreck an. Wo ist die Tote?« Er wollte an mir vorbei auf das Zimmer zu, und auch die anderen beiden Männer setzten sich in Bewegung, doch dagegen hatte ich etwas. Ich streckte meinen rechten Arm aus, und der Glatzkopf
Weitere Kostenlose Bücher