Ewige Treue
nichts mehr ausrichten.«
»Das weißt du nicht.«
»O doch.« Tränen standen in ihren Augen. »Ich habe es verloren.«
»Nein, nein, wir können es noch retten. Bestimmt. Ganz bestimmt.«
Sie sah sich hektisch um. »Wo ist das Bad?«
Er war vor ihr an der Tür und fasste hinein, um das Licht anzuschalten. Sie huschte an ihm vorbei und drückte ihm die Tür vor der Nase zu.
»Laura?«
»Bleib draußen.«
Er stemmte beide Handflächen auf das Türblatt, ließ sich dagegen sinken und presste die Stirn mit aller Kraft gegen das Holz. Noch nie im Leben hatte er sich so überflüssig gefühlt. Eine Fehlgeburt. Er hatte das Wort schon oft gehört, er wusste, was es bedeutete, aber er hatte nie wirklich begriffen, dass damit so viel Blut einherging und eine so tiefe Verzweiflung. Er fühlte sich nutzlos, überflüssig, hilflos. Die Natur selbst hatte ihn seiner Männlichkeit beraubt.
Eine gefühlte Ewigkeit blieb er so vor der Badezimmertür stehen. Ab und zu klopfte er an und fragte, wie es ihr ginge, ob er etwas für sie tun könne. Sie antwortete in einsilbigem Gemurmel, das ihn nicht weiterbrachte.
Mehrmals ging die Toilettenspülung. Dann lief Wasser ins Waschbecken ein. Schließlich hörte er die Dusche. Kurz nachdem das Rauschen versiegte, öffnete sie die Tür. Sie hatte ein Handtuch umgewickelt. Sein Blick wanderte von ihrem nassen Scheitel bis zu den Füßen und wieder nach oben, dann sah er ihr in die rotgeränderten, tränenverhangenen Augen.
»Es ist hoffnungslos?«
Sie nickte.
Er ließ sich das durch den Kopf gehen und fragte sich, warum ihm diese Auskunft solche Qualen bereitete. »Tut es weh?«
»Ein bisschen. So wie richtig schlimme Monatskrämpfe.«
»Aha«, antwortete er, als hätte er die leiseste Ahnung, wie sich Monatskrämpfe anfühlten.
»Ich brauche etwas zum Anziehen.«
Er sah an ihr vorbei. Ihr Jogginganzug lag in einem tropfnassen Haufen in der Duschwanne. »Ich suche dir was.«
»Glaubst du, Mrs Miller hat irgendwo Binden?«
Binden? Sein Gehirn versuchte das zu verarbeiten. Binden. Richtig. Wenn er nach Tigerbalsam oder Wundsalbe gefragt wurde, war er auf dem Laufenden. Fußpilz? Kannte er zur Genüge. Aber er war noch nie auch nur in einem Supermarkt durch den Gang für weibliche Hygieneartikel geschlendert. Jedenfalls nicht mit Absicht. Er hatte nie etwas für eine Freundin, Frau, Tochter kaufen müssen. Seine Erfahrung in diesen Dingen beschränkte sich auf die Tamponschachtel, die seine Mutter unter dem Waschbecken im Bad stehen hatte. Er wusste, dass sie notwendig waren, aber mehr auch nicht.
»Bin gleich wieder da.«
Er dachte nicht einmal an die Lichter, die er anschaltete, während er durchs Haus polterte, gegen Wände stolperte und Türen aufriss, die er in den letzten Tagen geschlossen gelassen hatte. Im Schlafzimmer der Millers öffnete er den Kleiderschrank. Coachs Sachen hingen auf der einen Seite, Ellies auf der anderen, und die Schuhe standen ordentlich aufgereiht darunter.
Er riss ein Kleid von einem Bügel und begann dann die Kommodenschubladen zu durchwühlen, bis er ihre Unterwäsche gefunden hatte. Nichts so Knappes, Hauchdünnes wie das, was Laura trug, aber es würde seinen Zweck erfüllen.
Binden. War Ellie nicht schon über die Menopause hinaus? Scheiße, woher sollte er das wissen? Er durchsuchte das gemeinsame Bad, fand aber in keinem der Schränke etwas Entsprechendes. Vielleicht auf der Gästetoilette? Ellie hatte Nichten, die sie manchmal besuchen kamen. Vielleicht …
Im Schrank in der Gästetoilette fand er Ersatzklopapier, Zahnpasta und Seife, Einwegrasierer und sogar in Zellophan verpackte Zahnbürsten. Binden und Tampons. Die gute Ellie. Er griff nach der Schachtel mit Binden.
Laura saß auf dem Toilettendeckel, hielt sich den Bauch, starrte ins Leere und wiegte sich vor und zurück. Er stellte die Sachen auf die Ablage und ging dann vor ihr in die Hocke. Sie war immer noch in das Handtuch gehüllt. Er konnte die Gänsehaut auf ihren nackten Armen und Beinen sehen. »Entschuldige, dass ich so lange gebraucht habe.«
»Hast du gar nicht. Es geht schon.«
»Du frierst.« Er legte den dicken Morgenmantel über ihre Schultern. »Steck deine Hände durch.« Er führte die Arme durch die Armlöcher und zog den Morgenmantel dann über ihrer Brust zusammen, ohne erst das Handtuch wegzunehmen.
»Danke.«
»Was kann ich noch für dich tun?«
»Nichts.«
Er blieb vor ihr hocken und sah ihr angestrengt ins Gesicht. »Bist du sicher …
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