Ewige Treue
Vielleicht …« Sie schüttelte den Kopf, schnitt ihm das Wort ab, löschte den letzten Hoffnungsfunken.
Frische Tränen sickerten über ihre Lider und rollten ihre Wangen hinunter. »Es war zu viel. Zu viel Blut, als dass es ein falscher Alarm gewesen sein könnte.«
»Du musst ins Krankenhaus. Ruf wenigstens deinen Arzt an.«
»Ich gehe in ein, zwei Tagen zum Arzt. Ich weiß, dass man kontrollieren muss, ob wirklich alles abgegangen ist.« Sie schluckte schwer, wahrscheinlich, um ihr Schluchzen zu unterdrücken. »Ich schaffe das schon. Ich muss nur das hier durchstehen. Es ist nicht angenehm, aber …« Sie wischte die Tränen von ihren Wangen. »So was passiert dauernd. In einer von zehn Schwangerschaften. Ungefähr.«
Aber dir passiert es nicht dauernd. Und mir auch nicht. Dieses Leid teilten sie. Er wollte ihr über die Wange streichen, doch sie zog den Kopf zurück und stand auf. »Ich möchte jetzt allein sein.«
»Kann ich wirklich nichts …«
»Nein. Du kannst nichts tun. Nur …« Sie nickte zur Tür hin.
Dass sie ihn wegschickte, gab ihm das Gefühl, mit Fangzähnen und Klauen bewehrt zu sein. Schon die leiseste Berührung war ein Gewaltakt gegen ihr zartes weibliches Fleisch. Plötzlich empfand er seine Größe und sein Geschlecht als Belastung. Er wusste nicht, warum das so war, aber während er aufstand und rückwärts in die offene Tür trat, fühlte er sich klobig, tollpatschig und schuldig. Er trat noch einen Schritt zurück und zog die Tür hinter sich zu.
Als sie aus dem Bad kam, saß Griff immer noch auf der Bettkante, die Ellbogen auf die Knie gestützt, den Kopf in den Händen und die Finger tief im Haar.
Sobald er sie hörte, sah er mit trostloser Miene auf. Sie fühlte sich verunsichert in ihrem vom Kinn bis zu den Knöcheln reichenden Kokon aus rosa Frottee, der einer unbekannten Frau gehörte. Er hatte Unterwäsche für sie aufgetrieben. Und Binden. Nicht einmal mit ihrem Ehemann hatte sie jemals so intime Momente geteilt wie die, die sie eben mit Griff Burkett durchlebt hatte.
Er sagte: »Es ist meine Schuld, nicht wahr?«
»Deine Schuld?«
Er erhob sich. »Im Hotel war ich ziemlich grob zu dir.«
»Nein, warst du nicht.«
»O doch. Ich habe dich herumgeschubst. Und dann habe ich dich zum Rennen gezwungen, ich habe dich auf dem Bauch durch eine Mauer krabbeln lassen und dich danach …«
»Es ist nicht deine Schuld, Griff.«
»Ach Quatsch! Es wäre nicht passiert, wenn ich dich in Ruhe gelassen hätte. Du hättest dein Baby noch, wenn du sicher in deinem Hotelzimmer sitzen würdest, statt mit mir zusammen wie eine Irre durch die Stadt zu jagen.«
»Hör zu«, sagte sie leise und in der Hoffnung, ihn zu beruhigen. »Ich habe schon seit Tagen so ein Kneifen gespürt. Am Morgen vor Fosters Beerdigung hatte ich leichte Blutungen. Das ist nichts Ungewöhnliches während der ersten Schwangerschaftswochen. Ich dachte, das kommt von meinem Stress, von dem Grauen über seinen Tod. Ich habe sie ignoriert. Aber die Krämpfe und Blutungen waren ein Signal. Es wäre so oder so passiert, Griff.« Sie konnte seinem Gesicht ansehen, dass sie ihn nicht überzeugt hatte.
»Blutest du immer noch?«
»Ein bisschen. Ich glaube, das Kind ist schon …« Sie brachte es nicht über sich, den Satz zu beenden, und sagte: »Ich glaube, das Schlimmste ist vorüber.«
»Du bist also okay?«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Es tut mir leid, dass ich dich aufgehalten habe.«
»Aufgehalten?«
»Manuelo.«
»Ach ja. Richtig.«
»Weißt du, wie du nach Itasca kommst?«
Er sah sie an, als hätte er ihre Frage akustisch nicht verstanden, und sagte dann: »Auf der 35 von Fort Worth aus nach Süden. Ich finde es schon.«
»Wie lange wirst du brauchen?«
»Keine Ahnung. Anderthalb Stunden vielleicht.«
»Und wie willst du Manuelo überzeugen, mit dir zurückzukommen, falls du ihn tatsächlich finden solltest? Er spricht nicht einmal Englisch.«
»Ich werde mich schon verständlich machen.«
»Er wird Angst vor dir haben. Er wird weiß Gott was tun, wenn er dich sieht.«
»Ich kann auf mich aufpassen. Kannst du das auch?«
»Ich komme schon zurecht.«
»Kann ich dir noch was holen, bevor ich losfahre?«
»Mir fällt nichts ein.«
Er wandte den Kopf ab. »Gut, okay.« Er sprach abgehackt und klatschte leicht mit den Handflächen auf die Schenkel, als hätte er es eilig loszufahren. »Ich würde ja bleiben, aber …«
»Nein, du musst los. Ehrlich gesagt wäre ich im Augenblick auch
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