Ewige Versuchung - 5
Villiers und von Vivian.
Allerdings verriet er ihnen nicht, für wen er Vivian hielt – noch nicht. Zunächst wollte er ihre unvoreingenommene Reaktion auf Vivian abwarten. Sie hatten schon wegen ihrer Beziehung zu Villiers genug gegen sie, also würden weitere Enthüllungen ihrem Ansehen bei den anderen nur unnötigen Schaden zufügen.
Warum er wollte, dass seine Freunde eine gute Meinung von ihr hatten, konnte er selbst nicht verstehen. Während er sie verführte, um sie für sich zu gewinnen, hatte sie offenbar dasselbe mit ihm getan. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie erfolgreich gewesen war und er nicht.
Dabei hatte er sich einst als einen großartigen Krieger gesehen! Sein Leben lieferte Stoff für Legenden. Und nun sah sich einer an, wie tief er gesunken war – wegen einer Frau! Lucindas Lachen hallte sicher durch die ganze Hölle.
»Rupert Villiers«, überlegte Marcus laut, nachdem Temple verstummt war. »Diesen Namen habe ich schon einmal gehört.«
Der Junge erwies sich bereits jetzt als nützlich. Kein Wunder, dass Chapel ihn in seiner Nähe behielt! »Wo?«, fragte Temple.
Marcus dachte nach, die blauen Augen leicht zusammengekniffen. »Ich glaube, ich bin bei meinen Nachforschungen über ihn gestolpert. Vor zwanzig Jahren sollte er eine Frau namens Violet Wynston-Jones heiraten. Die Hochzeit wurde von einem Vampir verhindert, der in die Feier am Vorabend der Trauung platzte – Payen Carr.«
»Carr hat mir geschrieben«, erzählte Temple. »Er war früher ein Tempelritter.«
»Und ein Beschützer des Blutgrals«, ergänzte Marcus. »Vielleicht kann er uns helfen, herauszufinden, was genau der Orden vorhat.«
»Sie wollen den Gral.« Temple blickte in die Runde. »Deshalb habe ich Teile von ihm an jeden von euch geschickt. Er sollte in Sicherheit sein.«
»Wozu den Gral?« Reign schaffte es, streng und verwundert zugleich auszusehen. »Alles, was sie brauchen, um Vampire zu werden, ist unser Blut. Falls es ihnen darum geht, hätten sie es sich von Olivia nehmen können, als sie ihren Neffen entführten.«
Temple merkte auf. »Anscheinend habt ihr vier mir auch einiges zu erzählen. Ich denke, du solltest anfangen.«
Reign sah zu Olivia, die sehr müde wirkte. »Können wir das auf später verschieben? Wir waren ununterbrochen unterwegs. Olivia muss sich ausruhen.«
»Frank ebenfalls«, mischte Chapel sich ein. Damit war Pater Molyneux gemeint.
Der alte Priester warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich bin sehr wohl imstande, solche Entscheidungen für mich selbst zu fällen,
mon ami!
«
Marcus beendete das kleine Machtgerangel mittels eines sehr lauten, zweifellos falschen Gähnens. »Du bist vielleicht nicht müde, Pater, aber ich könnte wahrlich ein bisschen Schlaf gebrauchen. Außerdem ist es fast Tag.«
Er hatte recht. Ja, dieser Nachfahre Dreux’ war ausgesprochen nützlich – und so viel vernünftiger als sein Vorfahr!
»Auf der Nordseite gibt es Zimmer mit Fensterläden und dicken Vorhängen«, erläuterte Temple. »Pater Molyneux und Marcus können im Westflügel schlafen. Viele Schülerinnen sind über die Sommerferien fort, also brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, dass jemand Fragen stellt.«
»Diese Heimlichtuerei ist fürwahr anstrengend«, bestätigte Ivy, die zum ersten Mal etwas sagte, und hakte sich bei Saint ein. »Gehen wir ins Bett!«
Saints Miene war gleichermaßen gierig wie liebevoll. Solche Szenen bereiteten Temple stets Unbehagen. Ihm war dann jedes Mal, als ertappte er andere in einem intimen Moment. Die anderen hingegen nahmen es vollkommen gelassen, ausgenommen Marcus Grey, der die Augen verdrehte.
Das Paar wünschte allen eine gute Nacht, und Saint umarmte Marika noch einmal, die seine Geste enthusiastisch erwiderte, worauf Bishop sich sichtlich verspannte.
Verlangen. Beschützen. Eifersucht. Wie Temple seinen Freunden solche Gefühle neidete! Als er sah, dass Saint Marika wie eine Tochter lieben und Bishop sie beschützen wollte, wurde ihm ganz warm ums Herz. Und er hätte die beiden dafür ohrfeigen können. In Marikas Leben war Platz für beide von ihnen. Bishop brauchte sich also wahrlich nicht zu sorgen, Saint könnte ihn jemals verdrängen oder seine Braut in irgendeiner Form verletzen.
Leider wusste er auch, wie dickköpfig Bishop sein konnte, weshalb es zwecklos wäre, ihm solche Ängste ausreden zu wollen. Bishop musste ganz allein erkennen, dass Saint kein Rivale war. Dennoch bereitete es ihm Sorgen, denn die Anspannung
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